Wallander 07 - Mittsommermord
Svedbergs Wohnung landete.«
»Wichtig ist es auf jeden Fall«, sagte Wallander. »Es kommt mir vor, als versuchten wir, im Nebel zu navigieren.«
»Hier draußen ist schönes Wetter«, gab Nyberg zurück. »Aber es ist alles andere als lustig, nach einem Platz zu suchen, der als provisorisches Grab gedient hat.«
»Wenn du erst pensioniert bist, bleibt dir das erspart«, meinte Wallander. »Dir und mir und allen anderen, die sich mit so was hier abgeben müssen.«
Nyberg versprach, dafür zu sorgen, daß die Identifizierung der gestohlenen Waffen und die Kontrolle der im Reservat benutzten Munition höchste Priorität erhielt. Wallander hatte sich wieder über den Kollegblock gebeugt, als sein Telefon klingelte. Es war Dr. Göransson.
»Sie sind heute nicht gekommen«, sagte er vorwurfsvoll.
»Es tut mir leid«, erwiderte Wallander. »Ich habe eigentlich keine Entschuldigung.«
»Ich sehe ein, daß Sie viel zu tun haben. Schreckliche Dinge, die da passieren. Man mag kaum noch die Zeitung aufschlagen. Ich habe einige Jahre in einem Krankenhaus in Dallas gearbeitet. Die Schlagzeilen von
Ystads Allehanda
gleichen mehr und mehr denen der Zeitungen in Texas.«
»Wir arbeiten rund um die Uhr«, sagte Wallander. »Es geht im Moment einfach nicht anders.«
»Trotzdem meine ich, Sie sollten sich ein bißchen um Ihre Gesundheit kümmern«, sagte Dr. Göransson. »Eine nicht behandelte Diabetes in Kombination mit überhöhtem Blutdruck kann man nicht auf die leichte Schulter nehmen.«
|265| Wallander erzählte ihm von der Nacht im Krankenhaus und seinem Blutzuckerspiegel.
»Das unterstreicht nur, was ich gesagt habe. Wir müssen Sie einmal gründlich untersuchen. Leber und Nieren, die Funktion der Bauchspeicheldrüse. Ich glaube nicht, daß Sie damit warten sollten.«
Wallander sah ein, daß er nicht darum herumkam. Sie vereinbarten, daß er ganz bestimmt am folgenden Tag um acht Uhr in die Klinik käme. Er versprach, nüchtern zu erscheinen und eine Probe des ersten Morgenurins mitzubringen.
»Ich nehme an, Sie haben keine Zeit, vorbeizukommen und ein Normglas zu holen«, meinte Dr. Göransson.
Wallander legte den Hörer auf und schob den Kollegblock von sich. Plötzlich sah er vollkommen klar, wie lange er schon Raubbau mit seiner Gesundheit getrieben hatte. Wahrscheinlich hatte es bereits angefangen, als Mona die Scheidung einreichte und auszog. Das war vor fast sieben Jahren gewesen. Einen Moment lang gab er ihr die Schuld. Aber natürlich war es ausschließlich sein Fehler.
Er stand auf und blickte aus dem Fenster. Dr. Göransson hatte recht. Er mußte seine Gesundheit ernst nehmen. Wenn er noch zehn Jahre leben wollte. Warum er die Grenze bei zehn Jahren zog, wußte er nicht.
Er kehrte an den Schreibtisch zurück und starrte eine Weile auf den leeren Kollegblock. Dann suchte er die Telefonnummern nach Spanien und Frankreich. Im Telefonbuch kontrollierte er, daß er Isa Edengrens Mutter in Spanien erreicht hatte. Er wählte die Nummer und wartete. Als er schon wieder auflegen wollte, meldete sich eine Männerstimme. Wallander stellte sich vor.
»Ich hörte, daß Sie angerufen haben. Ich bin Isas Vater.«
Es klang so, als ob der Mann diese Tatsache bedauerte. Wieder spürte Wallander, wie die Empörung in ihm aufstieg.
»Sie hatten natürlich vor, nach Hause zu kommen, um sich um Isa zu kümmern«, sagte er.
»Eigentlich nicht. Weil keine direkte Lebensgefahr zu bestehen schien.«
»Woher wissen Sie das?«
|266| »Ich habe mit dem Krankenhaus gesprochen.«
»Sie haben nicht zufällig gesagt, Sie hießen Lundberg, als Sie anriefen?«
»Warum hätte ich das tun sollen?«
»Es war nur eine Frage.«
»Hat die Polizei wirklich nichts Besseres zu tun, als idiotische Fragen zu stellen?«
»Doch«, entgegnete Wallander und gab sich keine Mühe mehr, seinen Ärger zu verbergen. »Wir können zum Beispiel Kontakt zur spanischen Polizei aufnehmen und sie um Amtshilfe bitten, damit Sie mit dem nächsten erreichbaren Flugzeug nach Hause kommen.«
Das stimmte natürlich nicht. Aber Wallander hatte genug von Isa Edengrens Eltern. Ihrer totalen Kälte gegenüber ihrer Tochter, obwohl sie schon einen Sohn durch Selbstmord verloren hatten. Es war ihm ein Rätsel, wie Menschen sich gegenüber ihren Kindern so verhalten konnten.
»Ich empfinde Ihre Bemerkung als beleidigend.«
»Drei von Isas Freunden sind ermordet worden«, entgegnete Wallander. »Isa hätte dabeisein sollen, als es geschah. Ich
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