Wallander 07 - Mittsommermord
bei der Polizei ein. Doch niemand schien die Frau auf dem Foto wirklich zu kennen. Alle Anwesenden fanden das sonderbar. Jemand mußte sie doch kennen. Sie beschlossen daher, das Bild auch in Dänemark zu veröffentlichen und es über Interpol herauszugeben. Sonst lagen keine neuen Ergebnisse vor, und nach zwei Stunden waren sie zu den gerichtsmedizinischen Protokollen gekommen. Wallander schlug vor, eine kurze Pause zu machen und die Fenster zu öffnen. Thurnberg stand auf und verließ hastig den Raum. Er hatte noch kein einziges Wort gesagt. Lisa Holgersson blieb zurück, nachdem die anderen hinausgegangen waren.
|324| »Er macht keinen besonders zufriedenen Eindruck«, meinte Wallander im Hinblick auf Thurnberg.
»Er ist auch nicht zufrieden«, antwortete sie. »Ich finde, du solltest mit ihm reden. Er ist der Meinung, es ginge zu langsam.«
»Es geht so schnell wie möglich.«
»Die Frage ist, ob wir nicht Hilfe von auswärts anfordern sollten.«
»Wir werden das natürlich aufgreifen. Aber ich kann dir schon jetzt sagen, daß ich mich nicht gegen einen derartigen Vorschlag sträuben werde.«
Seine Antwort erleichterte sie. Wallander holte Kaffee. Dann setzten sie sich wieder. Thurnberg auf denselben Platz, genauso ausdruckslos.
Sie sprachen die gerichtsmedizinischen Protokolle durch. Wallander schrieb die verschiedenen Zeitskizzen an eine Tafel.
»Svedberg ist also frühestens vierundzwanzig Stunden bevor wir ihn fanden, getötet worden. Alles deutet darauf hin, daß der Mord am Vormittag geschah. Was die drei Jugendlichen betrifft, so haben sich unsere provisorischen Schlußfolgerungen mehr als bestätigt. Sie geben uns aber kein Motiv und keinerlei Hinweis darauf, wer der Täter ist. Dennoch erzählen sie uns etwas Entscheidendes.«
Er setzte sich wieder an den Tisch, bevor er fortfuhr. »Diese Jugendlichen haben ihr Fest heimlich vorbereitet. Sie haben einen Platz ausgesucht, an dem sie ihre Ruhe zu haben glauben. Aber jemand kennt ihren Plan. Jemand, der überaus gut informiert ist und Zeit hat, sich vorzubereiten. Wir haben noch immer kein Motiv für die Morde. Aber der Täter gibt keine Ruhe, bevor er nicht auch die vierte Person, die hätte dabeisein sollen, aufgespürt und getötet hat. Isa Edengren. Er weiß, daß sie nach Bärnsö gefahren ist. Er findet sich dort draußen zwischen den Inseln zurecht. Das gibt uns ein paar entscheidende Ausgangspunkte. Es muß jemand sein, der ihre Pläne für das Fest kannte. Wir suchen jemanden mit guten Informationen.«
Eine ganze Weile sagte keiner etwas.
»Wo also finden wir eine Person, die zu all diesen Informationen Zugang hatte«, fuhr Wallander fort. »Da müssen wir ansetzen. |325| Früher oder später finden wir dann auch den Berührungspunkt, an dem Svedberg ins Bild kommt.«
»Das ist er schon«, sagte Hansson. »Weil er seine Ermittlung schon ein paar Tage nach Mittsommer beginnt.«
»Und ich glaube, es ist noch mehr als das«, meinte Wallander. »Ich glaube, daß Svedberg einen ganz bestimmten Verdacht hatte. Die Frage, die wir uns stellen können, auf die wir aber nie eine Antwort bekommen werden, ist, ob Svedberg nicht schon wußte, wer diese Jugendlichen getötet hatte. Oder wer es tun würde.«
»Warum hat er so lange damit gewartet, Isa Edengren zu töten?« fragte Martinsson. »Er hatte mehr als einen Monat Zeit.«
»Wir wissen es nicht«, erwiderte Wallander. »Sie ist außerdem kaum unerreichbar gewesen.«
»Und noch eins«, fuhr Martinsson fort. »Warum gräbt er eigentlich die Körper wieder aus?
Will
er entdeckt werden? Oder was?«
»Eine andere Erklärung ist kaum denkbar«, gab Wallander zurück. »Aber das führt wieder weiter zu neuen Fragen, nämlich danach, was diesen Täter eigentlich treibt. Und in welcher Weise er und Svedberg miteinander zu tun hatten.«
Wallander blickte in die Runde.
Svedberg wußte, was passiert war, als die Jugendlichen nicht zurückkamen, dachte er. Svedberg wußte außerdem, wer der Mörder war. Oder auf jeden Fall hatte er einen sehr starken Verdacht.
Und deshalb wurde er selbst getötet.
Eine andere Erklärung ist ganz einfach nicht möglich.
Was uns zu der wichtigsten Frage überhaupt bringt.
Warum wollte er uns nichts von seinem Verdacht erzählen?
|326| 21
Kurz nach zwei Uhr am Nachmittag stellte Wallander Martinsson eine Frage. Es drehte sich um die Verdeutlichung eines Hinweises aus der Bevölkerung. In diesem speziellen Fall bestand die Bevölkerung aus einem Mann, der in
Weitere Kostenlose Bücher