Wallander 07 - Mittsommermord
sorgen, daß er informiert wurde. Er verließ die Vädergränd und setzte sich auf eine Bank vor Bäckahästens Café. Er schaute den Enten auf dem Teich zu und ließ das Gespräch mit Sundelius noch einmal Revue passieren. Es enthielt zwei kritische Momente. Den ersten, als Wallander die Fotografie zeigte, den zweiten, als er einsah, daß Sundelius log. Er dachte zunächst einmal an die Fotografie. Es war nicht das Foto der unbekannten Frau, das bei Sundelius Empörung ausgelöst hatte, sondern daß Wallander von einer zehnjährigen Liebesbeziehung gesprochen hatte.
Vielleicht ist es tatsächlich so einfach, dachte er. Daß es sich nicht nur um eine langjährige Liebesaffäre handelte, sondern um zwei? Daß der Verdacht, Svedberg könne homosexuell gewesen sein, trotz allem etwas für sich hatte? Wallander nahm eine Handvoll Kies vom Boden und ließ die Steinchen langsam durch die Finger rieseln. Dennoch zweifelte er. Das Foto zeigte eine Frau. Sture Björklund war seiner Sache sicher gewesen. Louise hatte über viele Jahre hinweg ihren Platz in Svedbergs Leben. In diesem Zusammenhang gab es natürlich noch eine weitere wichtige Frage. Wie kam es, daß Sture Björklund von der Existenz dieser Frau wußte, wenn niemand sonst es tat?
Wallander streifte sich die Hände ab und stand auf. Das Rezept in seiner Tasche fiel ihm ein, und er ging zur Apotheke. Nach kurzem Warten bekam er die Medizin und ging weiter zum Präsidium. Als er in der Apotheke das Rezept herausholte, hatte er entdeckt, daß sein Telefon nicht eingeschaltet war. Er schlug ein rascheres Tempo an. Trotz allem hatte das Gespräch mit Sundelius ihn weitergebracht. Nicht zu irgendeiner Klarheit, aber er ahnte eine Tiefenschicht.
|320| Als Wallander durch die Tür des Polizeipräsidiums trat, begrüßte ihn Ebba mit der Bemerkung, daß alle nach ihm fragten. Er bat sie, den anderen Bescheid zu sagen, daß sie in einer halben Stunde eine Besprechung hätten. Auf dem Weg zu seinem Zimmer stieß er mit Hansson zusammen.
»Ich habe dich gesucht. Ein Teil der Ergebnisse aus Lund ist gekommen.«
»Können die Ärzte Angaben zur Tatzeit machen?«
»Es scheint so.«
»Dann beziehen wir sie sofort mit ein.«
Wallander folgte Hansson in dessen Zimmer. Als sie an Svedbergs Zimmer vorüberkamen, entdeckte er zu seiner Verwunderung, daß das Namensschild entfernt worden war. Seine Verwunderung ging unmittelbar in Bestürzung und dann in Zorn über.
»Wer hat Svedbergs Namensschild entfernt?«
»Ich weiß nicht.«
»Das hätte ja wohl verdammt noch mal bis nach seiner Beerdigung warten können.«
»Die Beerdigung ist für Dienstag festgesetzt«, sagte Hansson. »Lisa sagte, die Justizministerin habe ihre Teilnahme angekündigt.«
Wallander wußte, daß es sich um eine Frau handelte, die häufig im Fernsehen auftrat und einen entschiedenen und selbstsicheren Eindruck machen konnte. Aber im Moment war ihm ihr Name entfallen. Hansson fegte in aller Hast ein paar Spielkupons von seinem Schreibtisch und holte die Papiere von der Gerichtsmedizin in Lund hervor. Wallander lehnte an der Wand und wartete, während Hansson blätterte.
»Hier haben wir es«, sagte er schließlich.
»Fangen wir mit Svedberg an.«
»Er ist von zwei Schüssen genau von vorn getroffen worden. Der Tod muß augenblicklich eingetreten sein.«
»Wann war es?« fragte Wallander ungeduldig. »Überspring alles andere, wenn es nicht wichtig ist. Ich will den Zeitpunkt wissen.«
»Als du und Martinsson ihn gefunden habt, war er höchstens vierundzwanzig Stunden tot. Und nicht weniger als zehn.«
|321| »Sind sie da sicher? Oder ist das Ergebnis noch vorläufig?«
»Sie scheinen recht sicher zu sein. Genauso sicher wie darin, daß Svedberg nüchtern war, als er starb.«
»Hat das denn jemand bezweifelt?«
»Ich sage nur, was hier steht. Das letzte, was er ein paar Stunden vor seinem Tod zu sich genommen haben dürfte, war Dickmilch.«
»Was uns sagt, daß er vermutlich am Vormittag gestorben ist.«
Hansson nickte. Alle wußten, daß Svedberg zum Frühstück Dickmilch aß. Wenn sie vorübergehend nachts arbeiten mußten, stellte er stets Dickmilch in den Kühlschrank des Eßraums.
»Dann nehmen wir das so an«, sagte Wallander.
»Hier steht noch eine Menge anderes. Soll ich die Details lesen?«
»Die kann ich selbst lesen«, sagte Wallander. »Was sagen sie über die drei Jugendlichen?«
»Daß es schwierig ist, den Zeitpunkt ihres Todes festzustellen.«
»Das wußten wir schon.
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