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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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|447| wir auch nicht, wieviel Zeit wir zur Verfügung haben. Ob wir überhaupt Zeit haben.«
    Nach der Sitzung dachte Wallander, er sollte vielleicht etwas zu Thurnberg sagen. Aber ihm fiel einfach nichts ein.
    Es war halb fünf geworden. In gut zwei Stunden sollte Rolf Haags Assistentin landen. Wallander versuchte, Birch anzurufen, erreichte ihn aber nicht.
    Dann tat er etwas, was er noch nie getan hatte. Er schloß die Tür seines Büros ab und streckte sich auf dem Fußboden aus, mit einer alten Aktentasche als Kopfkissen. In einer Schreibtischschublade hatte er einen alten Wecker. Jetzt konnte er ihn brauchen. Kurz bevor er einschlief, klopfte jemand an seine Tür. Er antwortete nicht. Wenn er nicht zusammenbrechen wollte, brauchte er ein, zwei Stunden Schlaf.
     
    Er träumte wieder von seinem Vater. Unruhige Bilder aus der Kindheit. Der Geruch von Terpentin. Hektische Zeitsprünge. Die Reise nach Rom. Plötzlich war Martinsson auf der Spanischen Treppe aufgetaucht. Er sah aus wie ein kleines Kind. Wallander hatte ihn gerufen. Aber Martinsson hatte ihn nicht gehört. Da endete seine Erinnerung. Der Traum war wie abgeschnitten, fort.
     
    Mühsam rappelte er sich vom Boden auf. Es knackte im Rücken. Er schloß die Tür auf und wankte zur Toilette. Diese lähmende Müdigkeit zog ihn nieder und verursachte ihm Übelkeit. Sie war immer schwerer zu ertragen, je älter er wurde. Er pinkelte ausgiebig und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Er vermied es, in den Spiegel zu schauen.
    Um Viertel nach sechs verließ er Ystad und schlug den Weg nach Sturup ein. Der Himmel war noch immer vollkommen klar, der Wind mäßig, die Temperatur betrug 15   Grad. Eine knappe halbe Stunde später parkte er vor dem gelben Flughafengebäude. Er ging zur Ankunftshalle und entdeckte sogleich den großgewachsenen Birch, der mit verschränkten Armen an einer Wand lehnte. Als er Wallander erblickte, verflog seine finstere Miene und machte einem überraschten Lächeln Platz.
    »Du hier?«
    |448| »Ich meinte, du solltest nicht allein auf sie warten müssen.«
    »Die Maschine wird pünktlich landen«, sagte Birch. »Aber für eine Tasse Kaffee haben wir noch Zeit.«
    Sie gingen zur Cafeteria.
    »Ich habe einige Plastiksäcke voller Papier durchwühlt«, sagte Birch. »Da war zwar der eine oder andere Umschlag, aber nicht der, auf den du gehofft hast.«
    »Diese Ermittlung ist nicht gerade vom Glück verfolgt«, sagte Wallander. »Es wäre wohl auch zuviel verlangt gewesen.«
    Birch nahm ein Stück Kuchen und einen Kopenhagener zum Kaffee. Wallander verzichtete schweren Herzens.
    »Dagegen habe ich mit einem unserer Kriminaltechniker telefoniert«, fuhr Birch fort, während sie an der Kasse warteten. »Einem phantasiebegabten und einfallsreichen Mann, an dem man bei Tatortuntersuchungen viel Freude haben kann. Håkan Tobiasson. Hast du schon von ihm gehört?«
    Wallander schüttelte den Kopf.
    »Ich habe ausführlich mit ihm gesprochen. Er saß in einem Boot draußen auf dem Sund und fischte, hatte aber sein Mobiltelefon dabei. Es bissen übrigens zwei Fische an, während wir miteinander redeten. Was für Fische es waren, habe ich vergessen zu fragen.«
    Sie lauschten einer Lautsprecherdurchsage. Aber es ging um einen verspäteten Charterflug aus Marbella.
    »Håkan konnte sich viele Möglichkeiten vorstellen, Briefe zu öffnen. Früher hat man den Klebstoff über Dampf gelöst und mit einer Stricknadel gepult. Jetzt gibt es bedeutend raffiniertere Methoden. Er behauptete, jeden Brief öffnen zu können, den ich ihm vorlegen würde. Und er bezweifelte, daß ich nachher feststellen könnte, welchen Brief er geöffnet hätte.«
    »Wir hätten den Umschlag gebraucht«, sagte Wallander.
    Birch wischte sich den Mund ab und betrachtete ihn. »Ich verstehe das mit dem Umschlag nicht so ganz. Und ich frage mich, warum du hergekommen bist. Das bedeutet natürlich, daß du Maria Hjortberg für sehr wichtig hältst.«
    Wallander legte ihm die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden dar. Als er geendet hatte, war die Maschine, auf die sie |449| warteten, gerade an ihren Flugsteig gerollt, und die Passagiere stiegen aus. Zu Wallanders Verblüffung holte Birch einen Bogen Zeichenpapier aus seiner Innentasche und faltete ihn auseinander. Darauf stand in Druckschrift Maria Hjortbergs Name. Er stellte sich mitten in den Gang und hielt den Bogen hoch. Wallander hielt sich im Hintergrund.
    Maria Hjortberg war eine sehr schöne Frau. Sie hatte

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