Wallander 07 - Mittsommermord
aufgegeben.
Er trat auf die Treppe hinaus. Robert Åkerblom sah genauso aus, wie Wallander ihn in Erinnerung hatte. Bei ihrer ersten Begegnung hatte er in Wallanders Büro gesessen und geweint. Wallander erinnerte sich daran, daß er damals gedacht hatte, Robert Åkerblom sei ein Mann, dessen Aussehen er sich nie einprägen könnte. Aber sein Entsetzen und seine Trauer um seine Frau waren echt gewesen. Sie hatten einer freikirchlichen Gemeinde angehört. Wallander glaubte, daß sie Methodisten waren.
Sie gaben sich die Hand.
»So trifft man sich wieder«, sagte Robert Åkerblom.
Jetzt erkannte Wallander auch seine Stimme. Einen Moment lang machte die Situation ihn verlegen. Was sollte er eigentlich sagen?
Doch Robert Åkerblom kam ihm zuvor. »Ich trauere noch genauso um sie wie damals«, sagte er langsam. »Aber für die Mädchen ist es natürlich noch schlimmer.«
Wallander fiel ein, daß sie zwei Töchter hatten. Sie waren damals noch klein gewesen. Sie hatten verstanden, ohne zu verstehen.
»Es muß schwer sein«, erwiderte er.
Einen Augenblick fürchtete er, Robert Åkerblom könne wie damals in Tränen ausbrechen. Doch das war nicht der Fall.
»Ich habe versucht, das Büro weiterzuführen«, sagte er. »Aber ich habe es nicht geschafft. Als mir eine Stelle bei einem der Konkurrenten angeboten wurde, nahm ich an. Und ich habe es nicht bereut. So komme ich um die langen Abende mit der Buchführung herum. Und ich kann mich mehr um die Mädchen kümmern.«
Gertrud kam heraus. Sie gingen gemeinsam durchs Haus. Robert Åkerblom machte sich Notizen und fotografierte. Danach saßen sie in der Küche und tranken Kaffee. Anfangs erschien Wallander |25| der Preis, den Åkerblom andeutete, sehr niedrig. Doch dann sah er ein, daß es immerhin das Dreifache dessen war, was sein Vater damals bezahlt hatte.
Kurz nach elf verabschiedete sich Åkerblom. Wallander meinte, er sollte vielleicht bleiben, bis Gertrud von ihrer Schwester abgeholt wurde. Doch sie ahnte seine Gedanken und sagte, sie habe nichts dagegen, allein zu warten. »Es ist ein schöner Tag«, sagte sie. »Der Sommer ist doch noch schön geworden. Jetzt, wo er fast vorüber ist. Ich setze mich in den Garten.«
»Wenn du willst, bleibe ich. Ich habe heute frei.«
Gertrud schüttelte den Kopf. »Besuch mich einmal in Rynge«, sagte sie. »Aber warte ein paar Wochen, bis ich mich zurechtgefunden habe.«
Wallander fuhr nach Ystad zurück. Er wollte zu Hause gleich einen Arzttermin vereinbaren. Dann würde er sich im Terminplan in der Waschküche eintragen und seine Wohnung putzen.
Weil er es nicht eilig hatte, wählte er den längeren Weg. Er fuhr gern Auto. Sah sich die Landschaft an und ließ die Gedanken schweifen. Kurz hinter Valleberga piepte sein Telefon. Es war Martinsson. Wallander fuhr an den Straßenrand.
»Ich suche dich schon einige Zeit«, begann Martinsson. »Mir hat natürlich keiner erzählt, daß du heute frei hast. Weißt du übrigens, daß dein Anrufbeantworter kaputt ist?«
Wallander wußte, daß das Ding zuweilen streikte. Aber er ahnte sofort, daß etwas passiert war. Wie lange er auch schon Polizist sein mochte, das Gefühl war stets das gleiche. Sein Magen verkrampfte sich. Er hielt den Atem an.
»Ich rufe von Hanssons Zimmer aus an«, fuhr Martinsson fort. »Auf meinem Besucherstuhl sitzt Astrid Hillströms Mutter.«
»Wer?«
»Astrid Hillström. Eine von diesen jungen Leuten, die verschwunden sind. Ihre Mutter.«
Wallander wußte jetzt, wen Martinsson meinte. »Was will sie?«
»Sie ist völlig außer sich. Sie hat eine Postkarte von ihrer Tochter bekommen. In Wien abgestempelt.«
|26| Wallander runzelte die Stirn. »Aber das ist doch eine gute Nachricht. Daß die Tochter sich meldet.«
»Sie behauptet aber, ihre Tochter hätte die Karte nicht geschrieben. Sie hält sie für gefälscht. Und sie ist aufgebracht, weil wir nichts unternehmen.«
»Was sollen wir denn unternehmen, wenn es nicht so aussieht, als liege ein Verbrechen vor? Wenn verschiedene Hinweise dafür vorliegen, daß sie sich freiwillig auf den Weg gemacht haben?«
Es dauerte einen Moment, bis Martinsson antwortete. »Ich weiß nicht, was es ist«, sagte er. »Aber ich habe so ein Gefühl, als könnte sie recht haben. Was es ist, weiß ich nicht. Aber irgendwas. Vielleicht.«
Wallander wurde sofort hellhörig. Mit den Jahren hatte er gelernt, Martinssons Vorahnungen ernst zu nehmen. »Möchtest du, daß ich komme?«
»Nein. Aber ich denke, du und ich
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