Wallander 08 - Die Brandmauer
ihn, um ihn zu verhören.
Der Computer war ein entschieden größeres Problem. Wenn Jonas Landahl den Inhalt nicht selbst gelöscht hatte, mußte es jemand anders getan haben. Außerdem war da noch die Diskette mit der Sicherungskopie, die unter dem schrägen Bücherregal versteckt gewesen war.
Wallander versuchte, eine plausible Deutung zustande zu bringen. Nach ein paar Minuten sah er ein, daß es tatsächlich eine weitere Möglichkeit gab. Jonas Landahl hatte die Daten auf seinem Rechner selbst gelöscht. Aber zu einem späteren Zeitpunkt war eine zweite Person erschienen, um zu kontrollieren, ob er es auch wirklich getan hatte. Wallander schlug einen Kollegblock auf und suchte nach einem Stift. Dann schrieb er eine Reihe von Namen auf. Er ordnete sie in der Reihenfolge ihres ersten Auftretens.
Lundberg, Sonja und Eva.
Tynnes Falk.
Jonas Landahl.
Ein Zusammenhang zwischen ihnen war gesichert. Aber noch immer gab es kein begreifbares Motiv für die verschiedenen Verbrechen. |347| Wir suchen noch immer nach einem Boden, dachte Wallander.
Er wurde in seinen Gedanken durch Martinsson unterbrochen, der in der Tür erschien. »Robert Modin ist schon zugange«, sagte er. »Er wollte um sechs abgeholt werden. Heute hat er auch seine eigene Verpflegung dabei. Komische Tees. Und noch komischere Zwiebäcke. Biodynamisch angebaut auf Bornholm. Außerdem hat er einen Walkman bei sich. Er sagt, er arbeite am besten bei Musik. Ich habe mir seine Kassetten angesehen und die Titel aufgeschrieben.«
Martinsson zog einen Zettel aus der Tasche. »›Messias‹ von Händel und ›Requiem‹ von Verdi. Sagt dir das was?«
»Ja, daß Robert Modin einen ziemlich guten Musikgeschmack hat.«
Wallander erzählte von Nybergs und Ann-Britts Anrufen. Daß sie jetzt ziemlich sicher sein konnten, daß Sonja in dem Wagen gefahren war.
»Es braucht aber nicht ihre letzte Fahrt gewesen zu sein«, meinte Martinsson.
»Bis auf weiteres gehen wir davon aus. Und machen das Ganze scharf mit dem Motiv, daß Landahl praktisch Hals über Kopf abgehauen ist.«
»Wir lassen also die Fahndung rausgehen?«
»Ja. Du mußt mit dem Staatsanwalt sprechen.«
Martinsson verzog das Gesicht. »Kann Hansson das nicht übernehmen?«
»Er ist noch nicht gekommen.«
»Wo zum Henker steckt der eigentlich?«
»Jemand hat behauptet, er wäre nach Växjö gefahren.«
»Und warum?«
»Eva Perssons alkoholisierter Vater soll in der Gegend leben.«
»Ist das wirklich wichtig? Mit ihm zu reden?«
Wallander zuckte mit den Schultern. »Ich kann nicht dasitzen und alle Prioritäten selbst bestimmen.«
Martinsson war aufgestanden. »Also spreche ich mit Viktorsson. Und ich werde mal sehen, was ich über Landahl herausbekomme. Wenn nur die Rechner funktionieren.«
|348| Wallander hielt ihn zurück. »Was wissen wir eigentlich über diese Gruppen? Unter anderem die, die sich ›Veganer‹ nennt.«
»Hansson zufolge handelt es sich um eine Art verfeinerter Motorradgang. Weil sie in Laboratorien einbrechen, in denen Tierversuche gemacht werden.«
»Das ist aber nicht gerade gerecht.«
»Wer hätte Hansson jemals den Vorwurf machen können, gerecht zu sein?«
»Ich dachte trotz allem, es seien ziemlich unblutige Gruppen. Ziviler Ungehorsam, aber gewaltlos.«
»Das sind sie wohl auch meistens.«
»Aber Falk hing da mit drin.«
»Nichts spricht dafür, daß er ermordet wurde. Vergiß das nicht.«
»Aber Sonja Hökberg wurde es. Und Lundberg.«
»Das sagt doch eigentlich nur, daß wir keine Ahnung haben, was wirklich hinter dem Ganzen steckt.«
»Wird Robert Modin es schaffen?«
»Schwer zu sagen. Aber ich hoffe es natürlich.«
»Und er bleibt dabei, daß die Zahl Zwanzig wichtig ist?«
»Ja. Er ist sich sicher. Ich verstehe nur die Hälfte von seinen Erklärungen. Aber er ist sehr überzeugend.«
Wallander warf einen Blick auf seinen Kalender. »Heute ist der 14. Oktober. In knapp einer Woche ist der zwanzigste.«
»Falls die Zwanzig sich aufs Datum bezieht. Aber das wissen wir nicht.«
Wallander kam eine alte Frage in den Sinn.
»Haben wir von Sydkraft irgend etwas Neues gehört? Sie müssen doch eine Untersuchung vorgenommen haben. Wie konnte es zu dem Einbruch kommen? Warum war das äußere Tor beschädigt, nicht aber die Tür?«
»Hansson kümmert sich um die Sache. Sydkraft nimmt den Fall anscheinend ziemlich ernst. Hansson vermutet, daß einige Köpfe rollen werden.«
»Die Frage ist, ob
wir
es ernst genug genommen haben«, sagte
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