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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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war ein Fehler gewesen, Falks Leiche zu entwenden. Vielleicht hätten sie auch die junge Frau am Leben |340| lassen sollen. Aber sie hätte vielleicht geredet. Niemand wußte es. Und die Polizisten schienen nicht aufzugeben.
    Carter hatte das schon früher erlebt. Daß ein Mensch beharrlich eine Spur verfolgte. Die Spur eines verwundeten Raubtiers, das sich irgendwo im Busch versteckte.
    Schon vor einigen Tagen hatte er erfahren, daß der Kriminalbeamte, der Wallander hieß, das Ganze leitete. Chengs Analysen waren klar. Deshalb hatten sie auch beschlossen, diesen Wallander aus dem Weg zu räumen. Aber es war mißlungen. Und der Kriminalbeamte schien die Spur unbeirrt weiterzuverfolgen.
    Carter stand auf und trat ans Fenster. Noch war die Stadt nicht erwacht. Die afrikanische Nacht war von Düften erfüllt. Cheng ist zuverlässig, dachte er. Er verfügte über die asiatische Form eines selbstaufopfernden Fanatismus, auf den zu bauen er und Falk einst beschlossen hatten. Aber die Frage war jetzt doch, ob das reichte.
    Er setzte sich wieder und begann zu schreiben. Das Logikprogramm sollte ihm einen Rat geben. Es dauerte eine knappe Stunde, sämtliche Informationen einzugeben, das, was er für seine Alternativen hielt zu definieren, und dann den Rechner aufzufordern, eine Prognose zu erstellen. Das Programm war unmenschlich in des Wortes bester Bedeutung. Es kannte weder Zweifel noch andere Gefühle, die den Blick trüben und die Richtung unklar machen konnten.
    Nach wenigen Sekunden kam die Antwort.
    Es bestand kein Zweifel. Carter hatte den Schwachpunkt eingegeben, den sie bei Wallander entdeckt hatten. Eine Schwäche, die eine Möglichkeit offenbarte. Die Möglichkeit, ihm entscheidend beizukommen.
    Alle Menschen haben Geheimnisse, dachte Carter. Auch dieser Mann namens Wallander. Geheimnisse und Schwächen.
    Er begann erneut zu schreiben. Die Dämmerung war gekommen, und Celina hatte schon lange in der Küche rumort, als er fertig wurde. Dreimal las er durch, was er geschrieben hatte, bevor er zufrieden war. Dann klickte er auf ›Senden‹, und seine Botschaft verschwand in den elektronischen Weltraum.
    Wer von ihnen den Vergleich zuerst benutzt hatte, wußte Carter |341| nicht mehr. Aber vermutlich war es Falk, der gesagt hatte, sie seien eine Art neuer Astronauten. Sie schwebten in den neuen Welträumen umher, die sie umgaben. »Die Freunde im Weltraum«, hatte er gesagt, »das sind wir.«
    Carter ging hinunter in die Küche und frühstückte. Jeden Morgen musterte er Celina verstohlen, um zu sehen, ob sie wieder schwanger war. Er hatte beschlossen, sie zu entlassen, wenn es wieder soweit war. Er gab ihr die Liste, die er am Abend zuvor geschrieben hatte. Celina sollte zum Markt gehen und einkaufen. Um sicher zu sein, daß sie wirklich verstand, ließ er sie laut vorbuchstabieren, was er geschrieben hatte. Er gab ihr Geld und ging dann hinaus und schloß die zwei Türen auf der Vorderseite auf. Er hatte gezählt, daß jeden Morgen insgesamt sechzehn Schlösser zu öffnen waren.
    Celina verließ das Haus. Die Stadt war erwacht. Doch das Haus, das einst von einem portugiesischen Arzt erbaut worden war, hatte dicke Wände. Carter kehrte mit dem Gefühl, von Schweigen umgeben zu sein, in das obere Stockwerk zurück. Das Schweigen, das stets da war, inmitten des afrikanischen Lärms. Es blinkte auf dem Bildschirm. Er hatte Grüße aus dem Weltraum bekommen. Er setzte sich und las die Nachricht.
    Es war, wie er gehofft hatte. Innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden würden sie anfangen, die Schwäche auszunutzen, die sie bei dem Kriminalbeamten, der Wallander hieß, entdeckt hatten.
    Lange saß er da und blickte auf den Bildschirm. Schließlich stand er auf und verließ das Zimmer, um sich anzukleiden.
    Noch knapp eine Woche, dachte er, dann würde die elektronische Flutwelle einsetzen und die Welt überrollen.
    *
    Kurz nach sieben am Montag abend schien Wallander und Martinsson gleichzeitig die Luft auszugehen. Sie verließen daraufhin das Haus in der Snapphanegata und kehrten ins Polizeipräsidium zurück. Nyberg war mit einem Kollegen noch in der Garage beschäftigt. Er arbeitete in seinem üblichen Tempo, sorgfältig, aber auch mit einer Art stummer Wut. Insgeheim verglich Wallander |342| Nyberg manchmal mit einer Art wandelnder Zeitbombe, die nur durch glückliche Umstände daran gehindert wurde hochzugehen.
    Sie hatten versucht zu verstehen, was geschehen war. War Jonas Landahl selbst zurückgekehrt, um

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