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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Beine.
    »Habe ich recht?« fragte er und streckte ihr die Hand entgegen.
    »Wenn Sie Kurt Wallander sind, bin ich Elvira Lindfeldt.«
    Er setzte sich an ihren Tisch, ihr gegenüber.
    »Ich rauche nicht«, sagte sie. »Aber ich trinke.«
    »Wie ich«, erwiderte Wallander. »Aber heute abend fahre ich. Deshalb muß es ein Ramlösa tun.«
    Eigentlich hätte er gern ein Glas Wein getrunken. Oder auch |396| mehrere. Aber er hatte einmal vor langer Zeit, übrigens auch in Malmö, bei einem Abendessen viel zuviel getrunken. Er hatte sich mit Mona getroffen. Sie waren schon geschieden, aber er hatte sie angefleht, zurückzukommen. Sie hatte nein gesagt, und als sie ging, hatte er mit ansehen müssen, wie sie zu einem wartenden Mann in den Wagen stieg. Er selbst hatte in seinem Wagen geschlafen und war am frühen Morgen nach Hause gefahren und dabei von den Kollegen Peters und Norén auf seinem Schlangenlinienkurs gestoppt worden. Sie hatten nichts gesagt, aber er war so betrunken gewesen, daß er seine Stellung hätte verlieren können. Die Erinnerung daran war eine der schlimmsten in Wallanders privater Buchführung. Er wollte so etwas nicht noch einmal erleben.
    Der Kellner kam an den Tisch. Elvira Lindfeldt leerte ihr Glas Weißwein und bestellte ein neues.
    Wallander war verlegen. Weil er sich seit seinen frühesten Teenagerjahren einbildete, von der Seite besser auszusehen als direkt von vorn, drehte er sich auf dem Stuhl so, daß er ihr sein Profil zuwandte.
    »Haben Sie keinen Platz für die Füße?« fragte sie. »Ich kann den Tisch zu mir heranziehen.«
    »Kein Problem«, antwortete Wallander. »Ich sitze gut so.«
    Scheiße, was sagt man, dachte er. Daß ich sie im selben Augenblick zu lieben begonnen habe, in dem ich durch die Tür trat? Oder, noch besser, als ich ihren Brief bekam?
    »Haben Sie so etwas schon einmal gemacht?« fragte sie.
    »Nein, nie. Ich war sehr skeptisch.«
    »Ich schon«, sagte sie unbeschwert. »Aber es ist nie etwas daraus geworden.«
    Wallander fiel auf, wie offen sie war. Im Gegensatz zu ihm, der sich im Augenblick am meisten Sorgen um sein Profil machte. »Und warum ist nichts daraus geworden?« fragte er.
    »Die falschen Leute. Falscher Humor. Falsche Einstellung. Falsche Erwartung. Falsche Aufgeblasenheit. Falsches Trinken. Fast alles kann falsch sein.«
    »Haben Sie an mir vielleicht auch schon etwas Falsches gefunden?«
    |397| »Sie sehen auf jeden Fall nett aus«, sagte sie.
    »Die Leute halten mich selten für den lachenden Polizisten«, sagte er. »Aber vielleicht auch nicht für den bösen Bullen.«
    Im gleichen Augenblick kam ihm das Bild aus der Zeitung in den Sinn. Das entlarvende Bild des bösen Polizeibeamten aus Ystad, der Wehrlose und Minderjährige schlug. Er fragte sich, ob sie das Bild gesehen hatte.
    Doch in den Stunden, die sie an dem Tisch in der Ecke der Bar verbrachten, erwähnte sie es nicht. Wallander begann schließlich zu glauben, sie habe es nicht gesehen, vielleicht schlug sie selten oder nie eine Abendzeitung auf. Wallander saß vor seinem Ramlösa und sehnte sich nach etwas Stärkerem. Sie trank Wein, und sie unterhielten sich. Sie wollte wissen, wie es eigentlich so wäre, bei der Polizei zu arbeiten. Wallander versuchte, so aufrichtig wie möglich zu antworten. Aber er merkte, daß er hier und da die schweren Seiten seines Berufs zu sehr betonte. Als suche er nach einem Verständnis, für das es genaugenommen gar keine Veranlassung gab.
    Anderseits waren ihre Fragen durchdacht. Manchmal überraschend. Er mußte sich anstrengen, ihr Antworten zu geben, die wirklich einen Inhalt hatten.
    Im Verlauf des Abends erzählte sie auch von ihrer Arbeit. Die Speditionsfirma, für die sie arbeitete, war auch für den Transport von Wohnungseinrichtungen schwedischer Missionare verantwortlich, die in die Welt hinausgingen oder nach Hause zurückkehrten. Ihm wurde nach und nach klar, daß sie einen verantwortungsvollen Posten innehatte, da ihr Chef meistens auf Reisen war. Es war offensichtlich, daß ihre Arbeit ihr Freude machte.
    Die Zeit verging schnell. Es war schon nach elf, als Wallander sich dabei ertappte, daß er dasaß und von seiner gescheiterten Ehe mit Mona erzählte. Wie er viel zu spät gemerkt hatte, was los war. Obwohl Mona ihn oft genug gewarnt hatte und er selbst ebensooft versprochen hatte, sich zu ändern. Eines Tages war alles vorbei gewesen. Es hatte kein Zurück gegeben, keine gemeinsame Zukunft. Linda war geblieben. Und eine Menge unsortierter

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