Wallander 08 - Die Brandmauer
vier von hinten. Und heute ist, soweit ich weiß, Freitag, der 17. Oktober.«
Wallander nickte langsam. »Du meinst also, daß das Ende am kommenden Montag ist? Daß diese Tiere dann das Ziel ihrer Wanderung erreicht haben? Bis zu dem Punkt, der ›20‹ genannt wird?«
»Das ist jedenfalls denkbar.«
»Aber die andere Komponente? ›JM‹? Wie definieren wir die? Die Zwanzig ist ein Datum. Aber was bedeutet ›JM‹?«
Keiner wußte eine Antwort. Wallander ging weiter. »Montag, der 20. Oktober. Was geschieht dann?«
|426| »Ich weiß es nicht«, sagte Modin einfach. »Aber es ist ganz klar, daß eine Art Prozeß abläuft. Eine Art Countdown.«
»Vielleicht sollte man einfach den Stecker herausziehen«, meinte Wallander.
»Weil wir an einem Terminal sitzen, hilft das nicht weiter«, wandte Martinsson ein. »Wir können auch das Netzwerk nicht sehen. Wir wissen also nicht, ob es ein Server ist oder zwei, die uns mit Information versehen.«
»Nehmen wir an, jemand will eine Art Bombe hochgehen lassen«, sagte Wallander. »Von wo wird sie gesteuert? Wenn nicht von hier?«
»Von irgendwo anders. Es braucht nicht einmal eine Kontrollstation zu sein.«
Wallander überlegte. »Das bedeutet, daß wir anfangen, etwas zu verstehen. Aber wir wissen überhaupt nicht, was wir verstehen.«
Martinsson nickte.
»Wir müssen mit anderen Worten herausfinden, was diese Banken und Telefongesellschaften miteinander verbindet. Und dann versuchen, zu einem gemeinsamen Nenner zu gelangen.«
»Es muß nicht der 20. Oktober sein«, sagte Modin. »Es kann natürlich etwas ganz anderes sein. Das war nur ein Lösungsvorschlag.«
Wallander hatte auf einmal das Gefühl, daß sie sich auf dem vollkommen falschen Weg befanden.
Vielleicht war die Vorstellung, die Lösung liege in Falks Rechner verborgen, vollkommen abwegig. Sie wußten jetzt, daß Sonja Hökberg vergewaltigt worden war. Der Mord an Lundberg konnte eine verzweifelte und irregeleitete Rachehandlung sein. Und Tynnes Falk konnte immer noch eines natürlichen Todes gestorben sein. Für alles andere, was geschehen war, einschließlich Landahls Tod, konnte es Erklärungen geben, die zwar im Moment nicht bekannt waren, die sich aber zu einem späteren Zeitpunkt als ganz und gar plausibel erweisen würden.
Wallander war unsicher. Er hatte starke Zweifel. »Wir müssen alles noch einmal durchgehen. Von Anfang bis Ende.«
Martinsson sah ihn verblüfft an. »Sollen wir das hier abbrechen?«
|427| »Wir müssen versuchen, alles noch einmal von Grund auf zu durchleuchten. Es sind Dinge geschehen, über die du noch nicht informiert worden bist.«
Sie gingen ins Treppenhaus. Wallander faßte zusammen, was sie über Carl-Einar Lundberg herausgefunden hatten. Er spürte, daß er sich in Martinssons Gesellschaft jetzt unsicher fühlte, versuchte jedoch, es so gut es ging zu verbergen.
»Wir werden also Sonja Hökberg ein wenig an den Rand schieben«, endete er. »Ich neige mehr und mehr zu der Ansicht, daß jemand Angst wegen etwas hatte, was sie eventuell über einen anderen wußte.«
»Wie erklärst du dann Landahls Tod?«
»Sie waren zusammengewesen. Was Sonja möglicherweise wußte, kann auch Landahl gewußt haben. Und irgendwie hat es mit Falk zu tun.«
Er erzählte, was zu Hause bei Siv Eriksson geschehen war.
»Das kann auch mit dem übrigen verknüpft werden«, sagte Martinsson.
»Aber es erklärt nicht das Relais. Es erklärt nicht, warum Falks Leiche entwendet wurde. Und es erklärt auch nicht, warum Hökberg und Landahl ermordet wurden. In einer Transformatorstation und im Maschinenraum eines Fährschiffs. Das Ganze hat etwas Panisches. Etwas Desperates und gleichzeitig etwas Kaltes und Berechnendes. Etwas Vorsichtiges und zugleich Rücksichtsloses. Was für Menschen verhalten sich so?«
Martinsson dachte nach. »Fanatiker«, sagte er. »Überzeugte Menschen. Die die Kontrolle über ihre Überzeugungen verloren haben. Sektierer.«
Wallander zeigte in Richtung von Falks Büro.
»Da drinnen steht ein Altar, auf dem ein Mensch sich selbst angebetet hat. Wir haben außerdem darüber gesprochen, daß Sonja Hökbergs Tod Züge eines Opferrituals aufwies.«
»Das bringt uns trotzdem wieder zurück zum Inhalt des Rechners«, meinte Martinsson. »Da läuft etwas ab. Früher oder später wird etwas passieren.«
»Robert Modin hat ausgezeichnete Arbeit geleistet«, sagte Wallander. »Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir das |428| Reichskrim einschalten
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