Wallander 08 - Die Brandmauer
Wohnzimmer.
»Sie hat Nasenbluten. Das hat sie immer, wenn sie sich aufregt.«
Wallander und Martinsson gingen hinein und begrüßten sie. Die Frau begann sogleich zu weinen, als Wallander sagte, er sei von der Polizei.
»Wir setzen uns am besten in die Küche«, sagte Axel Modin. |455| »Dann kann sie hier in Ruhe liegen. Sie ist ein bißchen nervös veranlagt.«
Wallander ahnte eine Schwere, vielleicht Traurigkeit in der Stimme des Mannes, als er von seiner Frau sprach. Sie gingen in die Küche. Der Mann schob die Tür zu, schloß sie aber nicht ganz. Während ihres Gesprächs hatte Wallander das Gefühl, daß der Mann ständig nach seiner Frau dort drinnen auf der Couch horchte.
Er fragte, ob sie Kaffee wollten. Beide lehnten ab. Das Gefühl, daß sie wenig Zeit hatten, war stark. Während ihrer Fahrt hatte Wallander ununterbrochen gedacht, daß er es jetzt wirklich mit der Angst bekam. Er wußte nicht, was los war. Aber er war davon überzeugt, daß Robert Modin in Gefahr war. Sie hatten schon zwei tote Jugendliche, und Wallander würde es nicht ertragen, wenn ein dritter junger Mensch zu Schaden käme. Es war, als hätten sie fast vierzig Tage in einer symbolischen Wüste verbracht und liefen Gefahr, in Monumente der Untauglichkeit verwandelt zu werden, wenn es ihnen nicht gelänge, den jungen Mann zu schützen, der ihnen seine Computerkenntnisse zur Verfügung gestellt hatte. Während der Fahrt nach Löderup hatte Wallander aufgrund von Martinssons halsbrecherischer Fahrweise nur um sein Leben gezittert, aber nichts gesagt. Erst auf dem letzten Teilstück, als die Wege so schlecht waren, daß Martinsson nicht so rasen konnte, wie er wollte, stellte er einige Fragen.
»Wie konnte er wissen, daß wir am Runnerströms Torg waren? Und wie konnte er diese E-Mail an Falks Rechner schicken?«
»Vielleicht hat er ja versucht, dich anzurufen«, sagte Martinsson. »Hattest du dein Handy eingeschaltet?«
Wallander zog das Telefon aus der Tasche. Es war abgeschaltet. Er fluchte laut.
»Er muß geraten haben, wo wir waren«, fuhr Martinsson fort. »Und Falks E-Mail -Adresse hat er sich natürlich gemerkt. Sein Erinnerungsvermögen ist sicher nicht das schlechteste.«
Weiter waren sie nicht gekommen, als sie den Hof der Modins erreichten. Jetzt saßen sie in der Küche.
»Was ist denn passiert?« fragte Wallander. »Wir haben eine Art Notruf von Robert bekommen.«
|456| Axel Modin sah ihn fragend an. »Notruf?«
»Er hat sich über den Computer gemeldet. Aber jetzt ist es wichtig, daß Sie uns kurz erzählen, was geschehen ist.«
»Ich weiß nichts«, sagte Axel Modin. »Ich wußte ja nicht einmal, daß Sie hierher unterwegs waren. Aber ich habe gehört, daß er in den letzten Nächten viel auf war. Ich weiß nicht, was er gemacht hat. Außer daß es mit diesen vermaledeiten Computern zu tun hat. Als ich heute gegen sechs Uhr aufwachte, hörte ich, daß er immer noch auf war. Er hatte also die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich klopfte bei ihm an und fragte, ob er Kaffee haben wolle. Er sagte ja. Ich rief die Treppe hinauf, als der Kaffee fertig war. Er kam erst nach fast einer halben Stunde herunter. Sagte aber nichts. Er schien ganz in Gedanken versunken zu sein.«
»War er das häufiger?«
»Ja. Das hat mich auch nicht erstaunt. Ich konnte ihm ansehen, daß er nicht geschlafen hatte.«
»Sagte er, womit er sich beschäftigte?«
»Das tat er nie. Es hätte auch nichts gebracht. Ich bin ein alter Mann, der nichts von Computern versteht.«
»Was geschah dann?«
»Er trank seinen Kaffee, nahm ein Glas Wasser und ging wieder nach oben.«
»Ich dachte, er trinkt keinen Kaffee«, sagte Martinsson. »Er nimmt doch nur ganz spezielle Getränke zu sich.«
»Kaffee ist die Ausnahme. Aber ansonsten stimmt es. Er ist Veganer.«
Wallander hatte nur eine sehr unklare Vorstellung davon, was einen Veganer eigentlich ausmachte. Linda hatte einmal versucht, es ihm zu erklären, und von Umweltbewußtsein, Buchweizengrütze und Linsen gesprochen. Anderseits war es im Moment unwichtig.
»Er ging also wieder nach oben. Wieviel Uhr war es da?«
»Viertel vor sieben.«
»Hat jemand angerufen?«
»Er hat ein Handy. Das höre ich nicht.«
»Und was geschah dann?«
»Um acht Uhr ging ich mit dem Frühstück zu meiner Frau hinauf. |457| Als ich an seiner Tür vorüberkam, war es still bei ihm. Ich horchte, ob er eingeschlafen war.«
»Und war er das?«
»Es war still. Aber ich glaube nicht, daß er schlief. Ich glaube,
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