Wallander 08 - Die Brandmauer
Sie hungrig?«
»Nein. Ich werde gleich gehen.«
»Es kommt mir nicht so vor, als hätte ich Ihnen sehr geholfen.«
»Ich weiß jetzt jedenfalls mehr über Tynnes Falk als vorher. Polizeiarbeit erfordert Geduld.«
Dann dachte er, daß er jetzt besser gehen sollte. Er hatte keine Fragen mehr und stand auf. »Ich lasse wieder von mir hören«, sagte er. »Aber ich wäre dankbar, wenn ich die Liste morgen bekommen könnte. Sie können Sie mir ins Polizeipräsidium faxen.«
|209| »Geht es auch per E-Mail ?«
»Sicher. Ich weiß nur nicht, wie das funktioniert oder welche Adresse das Polizeipräsidium hat.«
»Das finde ich heraus.«
Sie begleitete ihn in den Flur. Wallander zog seine Jacke an.
»Hat Tynnes Falk je mit Ihnen über Nerze gesprochen?« fragte er.
»Warum um alles in der Welt hätte er das tun sollen?«
»Ich dachte nur.«
Sie öffnete die Wohnungstür. Wallander hatte das dringende Bedürfnis, noch zu bleiben.
»Ihr Vortrag war gut«, sagte sie. »Aber Sie waren sehr nervös.«
»Das kann vorkommen, wenn man allein so vielen Frauen ausgeliefert ist«, erwiderte Wallander.
Sie verabschiedeten sich. Wallander ging hinunter. Als er die Haustür öffnete, piepte sein Handy.
Es war Nyberg. »Wo bist du?«
»In der Nähe. Wieso?«
»Ich glaube, es ist am besten, wenn du herkommst.«
Nyberg beendete das Gespräch. Wallanders Herz begann schneller zu schlagen. Nyberg rief nur an, wenn es wichtig war.
Es mußte etwas passiert sein.
|210| 17
Wallander brauchte weniger als fünf Minuten, um zu dem Haus am Runnerströms Torg zurückzukehren. Als er im Dachgeschoß anlangte, stand Nyberg im Treppenhaus vor der Tür und rauchte. Da erkannte Wallander, wie müde Nyberg war. Er rauchte nur dann, wenn er so hart gearbeitet hatte, daß er vor Erschöpfung fast zusammenbrach. Wallander wußte noch, wann es das letztemal vorgekommen war. Es war ein paar Jahre her, während der schwierigen Ermittlung, die mit der Festnahme von Stefan Fredman geendet hatte. Nyberg hatte auf einem Steg irgendwo an einem Binnensee gestanden, aus dem sie gerade eine Leiche herausgezogen hatten. Plötzlich war er der Länge nach vornüber gefallen. Wallander hatte geglaubt, Nyberg habe einen Herzinfarkt erlitten. Doch nach ein paar Sekunden hatte er die Augen aufgeschlagen und um eine Zigarette gebeten, die er unter Schweigen geraucht hatte. Danach hatte er die Untersuchung des Fundplatzes wortlos zu Ende geführt.
Nyberg drückte die Zigarette mit dem Fuß aus und nickte Wallander zu, mit hineinzukommen. »Ich habe damit angefangen, mir die Wände anzusehen«, sagte Nyberg. »Etwas stimmte da nicht. Das ist manchmal so bei alten Häusern. Daß Ausbauten gemacht worden sind, die den ursprünglichen Plan des Architekten durchkreuzen. Ich habe jedenfalls nachgemessen. Und habe dies hier entdeckt.«
Nyberg führte Wallander zu einer der Schmalseiten. Dort war eine Einbuchtung, als habe sich hier ein Ofengang befunden.
»Ich habe es rundum abgeklopft«, fuhr Nyberg fort. »Es klang hohl. Dann fand ich das hier.«
Nyberg zeigte auf die Fußbodenleiste. Wallander ging in die Hocke. Sie war mit einem kaum sichtbaren Stoß geteilt. Es war auch ein Spalt in der Wand zu erkennen, der mit Klebeband verdeckt und übermalt worden war.
|211| »Hast du nachgesehen, was dahinter ist?«
»Ich wollte auf dich warten.«
Wallander nickte. Nyberg zog vorsichtig das Klebeband ab. Eine niedrige Tür kam zum Vorschein, etwa anderthalb Meter hoch. Dann trat Nyberg zur Seite. Wallander schob die Tür auf. Sie bewegte sich lautlos. Nyberg leuchtete mit einer Taschenlampe über seine Schulter.
Der verborgene Raum war größer, als Wallander ihn sich vorgestellt hatte. Er fragte sich, ob Setterkvist davon wußte. Er nahm Nybergs Taschenlampe und leuchtete hinein. Bald hatte er den Lichtschalter gefunden.
Der Raum war ungefähr acht Quadratmeter groß. Er hatte kein Fenster, aber ein Lüftungsventil. Er war leer, bis auf einen Tisch, der einem Altar glich. Darauf standen zwei Kerzenständer. Das Bild, das hinter den Kerzen an der Wand hing, stellte Tynnes Falk dar. Wallander hatte das Gefühl, als sei das Bild in genau diesem Raum aufgenommen worden. Er bat Nyberg, die Taschenlampe zu halten, während er das Foto eingehend betrachtete. Tynnes Falk starrte in die Kamera. Sein Gesicht war ernst.
»Was hat er da in der Hand?« fragte Nyberg.
Wallander suchte seine Brille hervor und ging noch näher heran.
»Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte
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