Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
Vom Netzwerk:
zurückkommen.«
    »Du solltest dir damit nicht allzu viel Zeit lassen«, sagte Wallander und stand auf.
    Er ging zurück zur Jagdhütte. Jetzt war er es, der Kaffee machte. Sein Kopf fühlte sich schwer an nach der langen Nacht. Als Håkan von Enke wieder eintrat, hatte er schon die zweite Tasse getrunken.
    »Reden wir von Signe«, sagte Wallander. »Ich habe sie besucht und eine Mappe gefunden, die du zwischen ihren Büchern versteckt hattest.«
    »Ich liebte meine Tochter. Aber ich habe sie heimlich besucht. Louise wusste nichts davon.«
    »Du warst also der Einzige, der sie besucht hat?«
    »Ja.«
    »Du irrst dich. Nachdem du verschwunden warst, ist zumindest einmal ein anderer Mann dort gewesen. Er gab sich als dein Bruder aus.«
    Håkan von Enke schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich habe keinen Bruder. Ich habe einen Verwandten in England. Das ist alles.«
    »Ich glaube dir«, sagte Wallander. »Wer der Mann war, der deine Tochter besucht hat, wissen wir nicht. Was bedeuten könnte, dass alles noch komplizierter ist, als du oder ich ahnen.«
    Wallander sah, wie von Enke sich plötzlich veränderte. Die Nachricht, dass ein anderer Mann Signe im Niklasgård besucht hatte, war für ihn beunruhigender als alles, worüber sie gesprochen hatten.
     
    Es ging auf sechs zu. Das lange nächtliche Gespräch war beendet. Sie hatten beide keine Kraft mehr.
    »Ich fahre jetzt«, sagte Wallander. »Bis auf weiteres bin ich der Einzige, der weiß, wo du dich aufhältst. Aber dukannst nicht mehr lange warten, bis du zurückkommst. Außerdem werde ich dich weiter mit Fragen behelligen. Denk darüber nach, wer den Niklasgård besucht haben kann. Jemand muss dir dorthin gefolgt sein. Aber wer? Und warum? Darüber müssen wir weiter sprechen.«
    »Sag Hans und Linda, dass es mir gutgeht. Sie sollen sich keine Sorgen machen. Behaupte, ich hätte dir einen Brief geschrieben.«
    »Ich sage, dass du mich angerufen hast. Einen Brief würde Linda sofort sehen wollen.«
    Sie gingen hinunter zum Boot, schoben es gemeinsam ins Wasser. Bevor sie das Haus verließen, hatte Wallander von Enkes Telefonnummer notiert. Aber von Enke hatte auch gesagt, dass auf Blåskär das Netz meist schwach war. Der Wind hatte weiter zugenommen, die Rückfahrt würde beschwerlich sein. Wallander kletterte ins Boot und ließ den Motor ins Wasser.
    »Ich muss wissen, was mit Louise passiert ist«, sagte von Enke. »Ich muss wissen, wer sie getötet hat. Ich muss wissen, warum sie sich entschieden hat, ein Leben als Landesverräterin zu führen.«
    Der Motor sprang beim ersten Ziehen der Schnur an. Wallander hob die Hand zum Gruß und drehte das Boot. Als er die Spitze von Blåskär umfuhr, wandte er sich noch einmal um. Håkan von Enke stand noch am Rand der Klippe.
     
    In diesem Augenblick befiel Wallander eine Vorahnung, dass etwas nicht so war, wie es sein sollte. Was es war, hätte er nicht sagen können. Aber das Gefühl war stark und ließ ihn nicht los.
    Er fuhr in die Valdemarsvik zurück, lieferte das Boot ab und machte sich auf die lange Rückfahrt nach Schonen. Auf einem Parkplatz in der Nähe von Gamleby hielt er an und schlief ein paar Stunden.
    Als er mit steifen Gliedern erwachte, war die Vorahnungnoch da. Es war wie eine Warnung. Etwas stimmte ganz und gar nicht, und er sah nicht, was es war.
    Als er viele Stunden später auf seinen Hofplatz einbog, wusste er noch immer nicht, was seiner Aufmerksamkeit entgangen war.
    Er dachte nur: Nichts ist das, als was es sich ausgibt.

 
33
     
    Am nächsten Tag schrieb Wallander eine Zusammenfassung seines Gesprächs mit Håkan von Enke. Anschließend ging er noch einmal das gesamte Material durch, das er gesammelt hatte. Louise blieb weiter vollständig anonym. Wenn sie tatsächlich Informationen an die Russen verkauft hatte, dann hatte sie sich geschickt hinter der Maske einer unauffälligen Frau verborgen. Wer war sie eigentlich? Vielleicht gehörte sie zu den Menschen, die erst fassbar werden, wenn sie tot sind? Wenn überhaupt?
    Es war ein regnerischer und windiger Julitag in Schonen. Wallander blickte durch die Fenster in das trostlose Wetter hinaus. Dieser Sommer war im Begriff, zu einem der schlechtesten zu werden, an die er sich erinnern konnte. Er zwang sich, mit Jussi einen langen Spaziergang zu machen. Er musste Sauerstoff tanken und seine Gedanken ordnen. Er sehnte sich nach einem sonnigen und stillen Tag, an dem er sich im Garten ausstrecken konnte, unbelastet von den Problemen, die ihn

Weitere Kostenlose Bücher