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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Prinzen wissen das natürlich längst, aber offensichtlich haben sie ihren Leuten noch nichts davon erzählt. Allerdings glaube ich nicht, daß die meisten die Bedeutung des Worts Frieden überhaupt verstünden würden, und die übrigen wären wahrscheinlich dagegen.«
    »Ich danke euch, Männer von Thessalien!« rief Jason und fuhr nach einer kurzen Pause fort: »Um die Anwesenheit von drei so edlen Gästen unter uns zu feiern, befehle ich euch allen, euch morgen drei Stunden nach Sonnenaufgang auf dem Zeusfeld zu versammeln. Das ist alles.«
    Er setzte sich; verhaltener Jubel, kein Tischeklopfen.
    »Barbaren!« zischte Jason im Flüsterton und griff sich ein gebratenes Kaninchen, das alle anderen übersehen hatten.
    »Ihr könnt euch nicht vorstellen, meine Lieben, welche 368
    Belastung es sein kann, unter diesen Barbaren zu leben«, nuschelte er mit vollem Mund. »Wie ich mich danach sehne, Athen wiederzusehen – den Marktplatz, die Nekropolis…«
    Alexander kicherte. »Du meinst die Akropolis, du Dummkopf.«
    »Das war doch nur ein kleiner Scherz von mir. Du bist der Dummkopf, weil du das nicht mal gemerkt hast«, entgegnete Jason gereizt. Dann drehte er sich um und sprach mich direkt an. »Und natürlich das Theater. Du hast überhaupt keine Vorstellung davon, wie ich mich nach dem Theater sehne.«
    Straton trat mir unter dem Tisch gegen den Knöchel, und ich fragte: »Ach, du interessierst dich also für Theaterstücke?«
    »Ich lebe für das Drama«, schwärmte Jason, und um seine Aufrichtigkeit zu unterstreichen, hörte er sogar kurz zu essen auf. »Deshalb ist heute der glücklichste Tag meines Lebens. Den großen Eupolis unter meinem Dach zu haben, den größten Dichter seines Zeitalters, ist so, als wenn… Also, wenn ich heute nacht stürbe, wäre das wie die Erhörung eines Gebets.«
    Nach der Art zu urteilen, wie Alexander ihn ansah, hätten seine Gebete leicht erhört werden können. Ich nahm einen kräftigen Schluck Wein und dankte dem Prinzen für seine freundlichen Worte. Jason stand auf und verbeugte sich, setzte sich dann wieder und überhäufte mich fortan mit Fragen – ob Euripides wirklich nicht an die Götter geglaubt habe und Moschos tatsächlich so umwerfend sei, 369
    wie alle zu glauben schienen, und was Theognis als nächstes schreibe, ob wir von Sophokles noch mehr erwarten dürften, wie Agathon wirklich sei, und ob Phrynichos (den Jason offenbar mit dem alten Tragiker gleichen Namens durcheinandergebracht hatte) jemals in der Lage sei, uns einen Ödipus zu schenken. Ich antwortete so gut ich konnte, doch den größten Teil mußte ich mir aus den Fingern saugen – zumal Theoros und Straton alle diese Männer persönlich kannten und ihnen bestimmt sofort nach unserer Rückkehr verraten hätten, was ich über sie erzählt hatte.
    »Und jetzt, erzähl uns alles über die Komödie«, forderte Alexander mich auf, nachdem sich Jason an einem Mundvoll Schweinebraten verschluckt hatte und deshalb für einen Moment verstummt war. »Denn eigentlich sind wir nur an Komödien interessiert. Ich meine, die Tragödie ist auf ihre Weise ja ganz nett, aber…«
    Also mußte ich die ganze Geschichte noch einmal von vorn durchgehen und alles über Ameipsias und Piaton und Kratinos und Aristomenes und Aristophanes erzählen –
    Phrynichos erwähnte ich lieber erst gar nicht, um Jason nicht durcheinanderzubringen –, bis meine Stimme heiser und mir vor lauter Nicken schwindlig war. Als die Prinzen so betrunken waren, daß sie endlich weggetragen werden mußten, hatte ich für den Rest meines Lebens genug vom Theater. Dennoch hatten sie so lange durchgehalten, um eine Zusammenfassung der Handlung meines nächsten Stücks von mir zu verlangen, so daß ich wie wild improvisieren mußte.
    370
    In jener Nacht schlief ich gut, obwohl ich inmitten des ganzen Silbergeschirrs das Gefühl hatte, mich in der Schatzkammer eines Tempels eingeschlossen zu haben, und als wir am nächsten Tag herbeigerufen wurden, fühlte ich mich einigermaßen wiederhergestellt, was ja auch etwas wert war.
    Die Thessalier essen tagsüber nicht viel, doch bei uns Athenern rechnete man anscheinend damit, daß wir vor Hunger umkämen, sobald wir die Augen öffneten. Deshalb mußten wir erst einmal gebratenes Wildbret und gekochtes Rindfleisch zu uns nehmen, bevor wir zu der groß angekündigten Überraschung auf dem Zeusfeld übergehen konnten. Theoros gelang es, einen dieser Haut-und-Knochen-Hunde anzulocken, die überall in Thessalien

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