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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Zustand nach Hause zu kommen?« fauchte Phaidra zurück, aber sie war nicht mit ganzen Herzen dabei. Dennoch mußte ich sie für den Versuch bewundern.
    Meine innere Stimme erinnerte mich daran, daß über der Tür mein Schwert hing, und ich riß es herunter und fuchtelte wild damit herum. »Auf die Beine!« brüllte ich die anderen an. »Und zwar allesamt!«
    Bei Phaidra waren drei Männer, alle nackt und offensichtlich betrunken. Zwei von ihnen hatte ich noch nie gesehen, aber den dritten kannte ich schon seit langer Zeit.
    »Ihr zwei verschwindet!« befahl ich den beiden fremden Männern. »Und zwar sofort, bevor ich meine Meinung ändere. Aber du«, und ich deutete mit der Schwertspitze auf Aristophanes, Sohn des Philippos, aus dem Demos Cholleidai, »bleibst genau da, wo du bist!«
    Die beiden Fremden rannten in die Nacht hinaus, ohne auch nur den Versuch zu machen, ihre Umhänge mitzunehmen. Aristophanes versuchte, sich hinter Phaidra zu verstecken, doch sie trat zur Seite.
    »Den Göttern sei Dank, daß du gekommen bist, Eupolis!« schluchzte sie. »Er wollte mich gerade…«
    »Das habe ich gesehen«, erwiderte ich, und insgeheim jauchzte ich vor Freude. »Geh in den Innenraum und bleib 277
    dort. Wag es ja nicht herauszukommen, Phaidra«, fügte ich mit ernster Stimme hinzu. »Egal, was du hörst.«
    Natürlich hatte ich nicht wirklich die Absicht, Aristophanes umzubringen; zunächst einmal ist er viel größer und stärker als ich, und wenn ich versucht hätte, ihn anzugreifen, hätte ich das hier wahrscheinlich nicht mehr schreiben können. Aber ich amüsierte mich zu gut, um die Szene nicht voll auszukosten, und vielleicht spielte ich sie sogar ein bißchen zu gut. Jedenfalls, kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, nahm Phaidra eine Schale mit Pilzen in einer Knoblauchrahmsoße in die Hand und warf sie nach mir. Ich duckte mich, und Aristophanes stürmte an mir vorbei auf die Straße hinaus. Ich stand nur langsam vom Boden auf und befühlte die Schneide meiner Schwertklinge.
    »Damit bleibst nur noch du, Phaidra«, begann ich, doch bevor ich zu Ende sprechen konnte, bekam ich einen Lachkrampf und ließ das Schwert mit einem Klirren zu Boden fallen. »Nun sieh dir an, wozu du mich getrieben hast«, zitierte ich aus meinem Stück.
    »Ach, sehr komisch«, erwiderte Phaidra sauer. Dann ging sie in den Innenraum und knallte die Tür hinter sich zu. Ich hob mein Schwert auf und hängte es vorsichtig an die Wand zurück. Dann folgte ich ihr.
    »Deine Statue von Klytaimnestra ist ganz mit Knoblauch und Pilzen bekleckert«, sagte ich. »Hilf mir bitte aus den Sandalen heraus. Sei so nett, ja?«
    Sie warf mir einen bitterbösen Blick zu, öffnete dann die Riemen und warf die Sandalen in die Ecke des Raums.
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    »Du stinkst wie eine Weinpresse!« fauchte sie mich an.
    »Hast du dich geschlagen?«
    »Ich bin beraubt worden«, antwortete ich, »aber immerhin bekomme ich einen eigenen Chor.«
    »Da ist ja Blut auf deiner Stirn«, stellte sie mit Entsetzen fest. »Warte, ich hole Wasser.«
    »Mach dir keine Umstände. Sag mal, hast du eigentlich wirklich zwanzig Drachmen für einen Wandteppich bezahlt?«
    Phaidra errötete und murmelte: »Das war ein günstiges Angebot. Echter Sidonier. Davon gibt es in ganz Athen nur zwei oder drei.«
    »Quatsch! Die werden zu Tausenden in Korinth geknüpft und von den Ägineten als Ballast hierher verschifft. Zwanzig Drachmen!«
    Dann versuchte Phaidra, mich zu küssen, aber ich schob sie weg. »Nicht, bevor ich mein Testament aufgesetzt habe«, wehrte ich mich, und ihr finsterer Blick geriet ganz leicht ins Wanken.
    »Ich hatte nicht damit gerechnet, daß du nach Hause kommst«, konterte sie. »Denn wenn das der Fall gewesen wäre, hätte ich auf dich gewartet, und zwar mit einer Axt, wie Klytaimnestra.«
    »Freust du dich nicht, daß ich meinen Chor habe?«
    wollte ich wissen, während ich mir den durchnäßten Chiton über den Kopf zog.
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    »Wenn es dich glücklich macht«, antwortete sie, goß Wasser in einen Becher und reichte ihn mir, »und vorausgesetzt, es hält dich vom Haus fern, dann freue ich mich.
    Ich vertraue übrigens darauf, daß du dich wäschst, bevor du ins Bett kommst. Ich bin vielleicht eine Schlampe, aber wenigstens bin ich eine saubere Schlampe.«
    »Du bist die sauberste Schlampe in ganz Athen«, bemerkte ich mit einem Gähnen. »Aber ich bin zu müde, um mich jetzt zu waschen. Außerdem entzieht das der Haut all die natürlichen Fette, die für die

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