Walled Orchard 02: Der Garten hinter der Mauer
niedergemetzelt wurden; denn wir standen alle dicht zusammengepfercht da, ohne Hoffnung, uns umdrehen oder unsere Schilde und Waffen benutzen zu können. Statt dessen drängten wir unwillkürlich vorwärts gegen das, was immer sich vor uns befand, während uns die Wucht des feindlichen Angriffs im Rücken wie die Hammerschläge auf einen Amboß traf. Mein Vordermann verlor die Herrschaft über seinen Speer, und ich wurde so stark von hinten gegen die Schaftspitze gedrückt, daß diese mir glatt durch den Brustpanzer fuhr. Ich hatte keine Ahnung, ob sie auch durch meinen Körper glatt hindurchgegangen war oder nicht, und erst recht keine Möglichkeit, das herauszufinden, da ich die Arme nicht bewegen konnte. Hingegen wußte ich mit Sicherheit, daß ich – falls mich jemand von hinten nach vorn schubsen sollte – bestimmt wie eine Drossel aufgespießt werden würde, was mir bestimmt nicht gut bekäme. Da der einzige Körperteil, den ich noch bewegen konnte, mein Kopf war, schlug ich mit ihm gegen den Helm meines Vordermannes, um ihn auf mich aufmerksam zu machen und ihm den Schaden zu verdeutlichen, den sein Speer anrichtete, aber natürlich konnte ich mir bei ihm kein Gehör verschaffen. Gerade noch rechtzeitig schien der Narr dann von allein gemerkt zu haben, daß sein derart in die Gegend ragender Speer eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellte, und zog ihn aus meinem Brustpanzer. Einen Augenblick später verspürte ich einen furchtbaren Schlag zwischen den Schulterblättern und wurde nach vorn geschleudert, so daß ich mit der Nase tief im Haar des Helmbuschs meines Vordermannes landete.
Ich verlor den Halt und ging zu Boden, wobei ich instinktiv versuchte, mich zu einer Kugel zusammenzurollen, und mir einbildete, das sei die Strafe dafür, vorhin auf das Gesicht des Mannes getreten zu sein. Doch mittlerweile war der gesamte Zug völlig zum Stillstand gekommen, und abgesehen von irgendeinem Trottel, der auf meinem Fuß stand, passierte mir nichts. Die Männer unserer Nachhut hatten endlich gemerkt, daß sie von Syrakusern angegriffen wurden, und bemühten sich verzweifelt, sich umzudrehen. Den meisten gelang dies schließlich, aber nur durch das Wegwerfen ihrer Schilde und Speere (die in dem furchtbaren Gedränge sowieso nutzlos gewesen wären), und sie schafften es, sich die Feinde vom Leib zu halten, indem sie deren Speerschäfte ergriffen und sie zur Seite schoben. Zum Glück war kein Platz, um ein Schwert zu ziehen, geschweige denn eins davon der eigentlichen Bestimmung zuzuführen. Außerdem wurden die Syrakuser inzwischen sowieso durch den Haufen toter oder halbtoter Körper, den sie durch ihre eifrigen Bemühungen vor sich aufgetürmt hatten, am weiteren Vorrücken gehindert. Die gesamte ausgedehnte Kolonne – zwei athenische Einheiten und eine Abteilung Syrakuser – war ohne realistische Aussicht, jemals befreit zu werden, zum Stehen gekommen. Um das Durcheinander noch heilloser zu machen, war jetzt hinter den Syrakusern ein weiterer Trupp Athener, der sich vom Kampf zu entfernen versuchte, aufgetaucht und metzelte vergnügt die Syrakuser nieder, so wie sie uns vorher abgeschlachtet hatten.
Was uns alle zuvor zum Stehen gebracht hatte, war eine weitere, relativ kleine syrakusische Truppe, die schon früher ausgesandt worden war, um den Pfad zu versperren. In diese war die athenische Einheit vor uns hineingelaufen, und bislang hatte sie es aufgrund einer Anhäufung von Toten und Verwundeten gleich der, die jetzt die Nachhut meiner Einheit schützte, nicht geschafft, den Feind vor sich auszuschalten. Schließlich wurde dieser Damm jedoch durch den bloßen Druck der gegen ihn drängenden Menschen gebrochen, und der syrakusische Trupp schien entweder zurückgewichen und geflohen oder vom Pfad gedrängt und den Abhang hinuntergestoßen worden sein. Was immer auch geschehen war, die Kolonne setzte sich jedenfalls wieder in Bewegung. Das hatte natürlich das vollkommene Chaos zur Folge, da in der großen Eile, wieder auf ebenen Boden hinunterzugelangen, jeder über jeden kletterte. Ich hatte es gerade geschafft, mich hochzustemmen, als ich von einem Vorbeieilenden wieder umgestoßen wurde. Um den Sturz abzufangen, griff ich nach dem kleinen Zeus. Zum Glück war er ziemlich sicher auf den Beinen und konnte mich mit sich ein Stück weiterschleppen, bis ich wieder in der Lage war, die eigenen Füße zu gebrauchen. Natürlich ließ ich meinen Speer fallen, aber in jenem Augenblick konnte ich mir
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