Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
nach Klang. Und der Schwanz des Unwesens schlug von oben herunter, herum von unten wie eine Peitsche, erst unter die Fußsohlen, daß es mit elektrischem Zucken ans Herz drang und stach, dann mit feinen Stacheln gegen die Nasenlöcher, tief tief ins Gehirn herauf, tötend. Dann fuhr es gegen den Nabel von vorne her, wirbelte wie ein Drehbohrer, in den Magen, den Leib, den Rücken. Und jetzt dröhnte es auf einmal, ein volles Orgelwerk, sinnlos ungeheuer von der Tiefe in die Höhe tosend, bei einem gellen pfeifenden Ton verharrend, knirschend an- und aussetzend, wie ein Hund, den man an einen Pflock mit den Pfoten angebunden hat, der sich krampft, streckt, krampft, streckt, beißt, beißt. – Er war mit heiserem Gekreisch aufgewacht.
    Er nahm die Hand langsam von den Augen, besah sich seinen Handteller, als wenn etwas von dem Traum daran klebe, rieb ihn am Knie.

    FERDINAND BEFAHL, die Verhandlungen mit dem Böhmen zu einem günstigen Abschluß zu führen. Nur nebenbei sagte er, dies sei ja der Tapfere, der ihm bei Gradisca gegen Venedig herausgeholfen habe. Und dabei sah er forschend seinen Geheimen Rat Eggenberg an, der an sich hielt. Man hatte dem Kaiser nichts gesagt von den Plänen des Böhmen über die Erhaltung der Armee, es war ausgeschlossen, daß er ein solches Projekt in Erwägung zog; nun riet Eggenberg und mit ihm der fromme Herr von Stralendorf in ihrem Widerwillen und Verzweiflung, dem Herrscher reinen Wein einzuschenken. Drei gedankenschwere Herren legten ihr Veto ein, sie drückten die beiden nieder, Anton, Trautmannsdorf, Harrach: »Stellt Habsburg keine Armee auf, ist es voraussichtlich verloren, samt der ohnmächtigen Liga. Gewinnt die Liga, die Liga allein, ist der Kaiser in einigen Jahren erdrückt von dem Bayern.« »Ruhe«, sagte Abt Anton sanft, als der alte Eggenberg schwieg, die Hände ringend vor das krampfende Gesicht legte. »Ich bin ruhig«, stöhnte der.
    Von Wallenstein arrangierte in Wien mit Bassewi und dem herbeizitierten de Witte umfangreiche Geldgeschäfte; nach Prag zurückgekehrt, gewährte er dem Kaiser ein Darlehen von neunhunderttausend rheinischen Gulden zu sechs Prozent. Und während noch der greise Fürst Liechtenstein ihm Glück wünschte im Friedländerhaus zu Prag zu dem guten Fortgang seines Wiener Vorhabens, kehrte zum dritten Male Graf Meggau bei ihm ein, diesmal begleitet von einem hohen schmerbäuchigen Edlen, der unter buschigen Augenbrauen herblickte, ein listiges Kinnbärtlein strich, feuerrote Backen und Nase, der weindurstige Graf Collalto, des kaiserlichen Hofkriegsrats Präsident. Der schloß formell ab.
    Nach einer Anweisung Ferdinands wurde der Durchlaucht, dem Fürsten von Wallenstein, ein Dekret ausgestellt, wodurch er zum Kapo über alles Volk, das man aus dem Reich und den Niederlanden schicken werde, ernannt wurde.
    Mit einer verzweifelten Tollheit waren die Karten hingeworfen; niemand am Hofe hatte den Schritt verhindern können; keiner hatte ihn gehen wollen, bewußt schloß man die Augen und tat ihn.
    Es war ein sonderbares Geschehnis, daß nach der Bestallung des Friedländers, ohne daß einer wußte warum, ein Sturm von Erregtheit, von wilder Freude und Entschlossenheit den Wiener Hof befiel. Wie ein Ruck ging es durch Räte Offiziere. Die Werbetrommel schlug noch nicht in den Landen für den Kaiser. Etwas Erschreckendes Aufreizendes lag vor ihnen. Die Ernennung des halb unbekannten Mannes war der erste Schritt. Das Leben bot ein neues Entzücken, ein noch herzlicheres als vor der Prager Schlacht. Damals lief man neben dem Bayern, jetzt sollte der Kaiser, der Kaiser, Alt-Habsburg prangen, mit Zehntausenden. Sachte warfen selbst von den Räten manche ihre Betrübnis ab; die Augen gingen ihnen über.
    Der Kaiser selbst, nach Nikolsburg auf das Gut des Kardinals Dietrichstein reisend, begehrte noch einmal nach dem Fürsten. Bei aller Ergebenheit stahlhart trat der leidenschaftliche Wallenstein auf; er sagte nichts Neues; der Kaiser hatte auf einmal den Eindruck absoluten Entschlusses und der Macht, jeden Entschluß durchzuführen. In Ferdinand wogte es nicht mehr. Er freute sich. Er entschied sich für Wallenstein. Nach Prag ging Wallenstein als Herzog von Friedland; er solle, sagte sein Diplom, der Ehren und Würden wie andere Herzöge in dem Heiligen Römischen Reich, Erbkönigreich und Landen teilhaftig sein. Seine Instruktion folgte; sie setzte die Zahl der anzuwerbenden Truppen auf vierundzwanzigtausend an; lobte den Herzog wegen seiner

Weitere Kostenlose Bücher