Wallenstein (German Edition)
des Wallenstein einen eigenen, mit geschriebenen Drohungen und Verwarnungen. Ohne sie weiter zu beachten, begann er von neuem sein Fechten und Springen, wies nur, als sie die Tür vor sich öffneten, wild auf die Hornschale, die am Boden stand; er hieb flach über sie weg.
Einigen der übrigen Herren half der greise Harrach rasch über die peinvolle Situation. Er lud sie zu sich hin, sprach vom Reichtum seines Verwandten, erwähnte, welche kostbaren Gaben an den Kaiser und die Kaiserin gegangen seien, sagte, wie er ihn bedacht hatte. Man lachte, lachte zaghaft, es war die erschreckende Höhe der Dotationen, die sie erschüttert hatte. Ein Barbar dieser Böhme, gewiß, gewiß. Aber sie waren nicht befreit.
IN DIESER Nacht erwachte der Kammerdiener des Kaisers Ferdinand. Er hörte den Kaiser in seiner Schlafkammer kichern, lachen, schallend lachen. Dann hörte er seinen Namen rufen. Er ging eilig durch das Halbdunkel des weiten Vorsaals, in dem zwei dünne Kerzen brannten, zündete an der Wand, wie er sich einem ungeheuren figurenbelebten Rahmen näherte, der die ganze Breite des Saals einnahm, eine dritte Kerze an. Bis zur Decke reichte der Rahmen heran hinter der schweren Kristallkrone; ein dicker Vorhang fiel von der Höhe des Rahmens herunter, füllte mit dichten Falten seine Mitte aus. Dahinter die Schlafkammer Ferdinands. Eine kleine Glastür zur Linken öffnete, das Licht anhebend, der Diener. Eine bemalte bekränzte Mariensäule, blinkend, wieder in den dicken Schatten huschend. Auf dem hohen Polster Ferdinand, aufrecht sitzend, schluckend, Lachtränen in den zugekniffenen geblendeten Augen, die weiße Nachtkappe gegen die rechte Backe vor den Mund gepreßt; er bat, sich verschluckend, um ein Sacktuch. Er zischelte, indem er sich zurücklegte: »Könnte nicht der – ja wie heißt er doch? – ja könnte nicht der Trautmannsdorf oder der Eggenberg oder einer der Herren gerufen werden? Oder, bleib noch. Schick lieber zu Baroneß Khevenhüller; geh hin, ich ließe sie bitten, sie möchte ihre Herrin wecken, ich wollte ihr etwas sagen.« Hinterher aus der Kammer: »Nimm die Kerze mit, sag ihr, ich ließe die Kaiserin bitten, es sei nichts, ich sei nicht krank.«
Bis an die Tür des Vorsaals geleitete sie ein Fräulein, dann führte sie unter die Kronleuchter an die kleine Glastür der Kammerdiener.
Auf dem Hofe war unter den Bewegungen in den Gemächern die Wache angetreten, man rumorte über den Plätzen, es liefen Schritte über Holzbrettern. Als sie eintrat, war Ferdinands Schlafkammer verdunkelt; er schrie erschrocken: »Wer ist da?«, hatte geträumt. Sie zog einen Schemel von der Wand, setzte sich, die Kerze flammte rot hinter ihr unter der Mariensäule. Er war völlig munter und aufgeräumt, achtete nicht, daß der Diener sich gebückt an der Wand zu schaffen machte; sie hatte ängstlich unterwegs den Mann gebeten, in der Kammer zu verbleiben; schwer konnte sie sich an den deutschen Mann gewöhnen, seine Frömmigkeit war ihr Glück.
»Lore, mir fiel etwas ein. Wie war der Hirsch, den du geschossen hast vorige Woche in Gattersburg; wieviel Enden hatte der noch?«
Sie hatte beide Arme über ihre Knie gelegt, saß leicht gebückt da; ein braunes Seidentuch durchscheinend über ihrem Haar, unter dem Kinn geknotet, verwirrte Locken über der Nasenwurzel; traurig senkte sie den Blick auf ihre gefalteten Hände, weil er sich nicht entschuldigte und weil sie sich nicht darüber wunderte.
»Es war bei Begelhof, Ferdinand.«
»Bei Begelhof, freilich. Wieviel Enden hatte das Tier? Zwanzig, nicht wahr?«
»Ich weiß nicht genau.«
»Zwanzig, freilich. Ich zeigte dir doch noch. Ich prägte noch dem Mansfeld ein, nicht zu vergessen, an Kursachsen zu schreiben, wieviel Enden es waren, von dir erlegt. Ein kapitales Tier. Denk mal nach. Hast du dich nicht gefreut? Und was hast du dann gesagt, Lore?«
Listig schaute er, auf dem rechten Arm halbseitlings aufgerichtet. »Denk mal nach, Lorchen. Es war etwas Schönes, Feines, was ich dir versprochen habe für den Schuß.«
Die junge Kaiserin, immer stärker befremdet, tief traurig: »Ach. Mein Mantuaner Betpult.«
Er legte sich zurück, zeigte herausplatzend mit dem Finger: »Das war es, dein altes Betpult, nur nicht aus Holz. Aus Gold und Alabaster. Das Bild unter einem Muschelbaldachin. Und ich versprach dir noch die doppelte Summe, daß du es bekommst.«
Sie bewegte leise sprechend die Hände vor das Gesicht: »Wenn ich das Pult nicht bekommen sollte: verzeih
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