Wallenstein (German Edition)
Leben aus ihm saugen wollten, aus den feinsten Röhrchen seiner Haare; herumlangende Pferdehälse, nüsternzitternd, scheckig, schwarz; zerknallte Hunde, die nach seinem Mund, seiner Nase schnupperten, gierig seinen Atem schlürften. Er mußte längst ausgeleert sein, sie sogen an einem dürren Holz, er klapperte drin und sie brachten ihn nicht zum Sinken.
Hinter ihm vierzehn Regimenter zu Fuß und sechs zu Pferd.
Der Friedländer ihm gegenüber, ein gelber Drache aus dem böhmischen blasenwerfenden Morast aufgestiegen, bis an die Hüften mit schwarzem Schlamm bedeckt, sich zurückbiegend auf den kleinen knolligen Hinterpfoten, den Schweif geringelt auf den Boden gepreßt, mit dem prallen breiten Rumpf in der Luft sich wiegend, die langen Kinnladen aufgesperrt und wonnig schlingwütig den heißen Atem stoßweise entlassend, mit Schnauben und Grunzen, das zum Erzittern brachte.
Hinter ihm vierundzwanzigtausend Männer.
Der Tilly sollte unter dem Schein, den Mansfelder zu stellen, ins Herz des Reichs vorstoßen, sich der beiden sächsischen Kreise bemächtigen, zwei Erzstifter, zwölf Bistümer und Abteien. Des Böhmen Befehl lautete, durch sanfte Mittel und Traktationen die Gemüter gewinnen, den protestantischen Fürsten den Vorwand der Religion benehmen, welchen die Feinde des Kaisers zur Bedeckung ihrer rebellischen Anschläge meisterlich gebrauchen.
Als sie zusammenstanden bei Hemmendorf, wich der Däne von ihnen ab. Das Jahr war vorgerückt. Links dehnte sich das Ligaheer in die Quartiere von der Weser bis nach Goslar in die Berge; Wallenstein wollte sie ihnen nicht streitig machen, hatte Platz in das flache Land hinein nach rechts, zwei Erzstifter, zwölf Bistümer und Abteien.
Ehe der Brabanter Kriegsmann Zeit hatte zum Disput und die Stifter zum Protest, zog der Böhme vorn den Riegel weg von seiner Avantgarde, das Volk schwemmte schwabbte nach rechts, nach Norden, in das flache Land. In Halberstadt wühlte sich der Friedländer ein; dort schlug er sein Quartier auf; alle Städte und Dörfer besetzte er weit herum; an die Saale herüber langte er nach Halle. Tilly, die kleine Dogge, grollte, aber der andere wies, daß er ihm im Herbst geholfen habe, versprach noch mehr. Nach Wien trompetete der Böhme, er säße mit allem Volk in warmen Quartieren, man staffiere sich weidlich aus; der Kaiser möge wissen, wie schön dies Land sei, wie wohl diese Stifter dem zweiten Sohn des Herrn anstehen würden. Zurück hallte Graf Stralendorf: Magdeburg sei nicht weit von Halberstadt; möge der General hören, wie schwer die Römische Majestät daran trage, dort die Gebeine des heiligen Norbert in schlechter Verwahrung zu wissen.
Die kaiserlichen Räte schoben den Grafen Collalto, der mit ihm in Prag verhandelt hatte, zu ihm ins Lager, den ehemaligen Hofkriegsratspräsidenten. Collalto war ein untersetzter gewalttätiger starrer Mann, nicht jünger als der Böhme, dem Kaiser von Gradisca her befreundet, ein starker Trinker. Er sollte Polizei und Disziplin unter den kaiserlichen Truppen aufrecht erhalten; man hatte neben den Böhmen mit Plan den schwer zu behandelnden Friauler gesetzt, mit unscharf begrenzten Funktionen, einen ehrgeizigen eifersüchtigen unbefriedigten Mann. Die Wiener verkannten den Böhmen; dieser blickte mit blinkernden Augen rechts und links, ihm kam es auf einen Gegner mehr nicht an. Er nahm die Entlastung an, der Friauler hielt das Spiel für gewonnen als Nebenregent.
Da wandte sich eine Herzogin von Braunschweig, eine verschüchterte freundliche Person, an den Herzog nach Halberstadt mit der Bitte, ihr durch das besetzte Gebiet die Durchfuhr einiger Wagen mit Kleidungsstücken zu gestatten. Der Herzog gab galant die Salvaguardia, bedauernd, durch die Kriegsgeschäfte ihr Schwierigkeiten zu schaffen. Die Dame mißbrauchte ihren Geleitschein, belud einige Wagen für ihren Keller mit Tonnen Wein. Ein Oberstleutnant mit Patrouille, des Zuges ansichtig, hielt den Passierschein für gefälscht, ließ die Dame in strömendem Regen aus ihrer Karosse auf ein Pferd setzen, sie ritten in sein Standquartier; fünf Stück Wein wurden von den Wagen gerollt, mitgeschleppt; die Wagen blieben unter Bedeckung liegen, die Fuhrleute davongejagt. Bevor die Herzogin nach zwei Tagen sich an den General wandte, wußte er schon davon, erklärte ihr seinen Unwillen, ließ den Vorfall untersuchen. Der Oberstleutnant, verhaftet, erhielt Befehl, die geraubten Stücke herauszugeben; es war ein Oberstleutnant vom Regiment
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