Wallenstein (German Edition)
Aalborg und Hobro achtundzwanzig dänische Kornette und zwei Fähnlein samt dem Generalmajor Konrad Nell und dem Obersten Heinrich von Kalenberg hereinführte. An diesem Tage begrüßte Ferdinand den Herzog von Friedland auf der Burg als einen reichsunmittelbaren Fürsten; er forderte ihn in seiner Kammer bei geheimer Audienz auf, sein Haupt zu bedecken, was Wallenstein nach kurzem Zögern tat. Als am nächsten Morgen die Majestäten sich vor Tisch wuschen, reichte ihnen der Herzog das Handtuch. Der Kaiser hieß ihn an offener Tafel sich bedecken. Das Fürstentum Sagan erhob an diesem Tag Ferdinand zu einem Herzogtum, gab es dem General als ewiges Erblehen.
Zu jener Zeit tauchte der Plan Wallensteins auf, konfisziertes Land mit tapferen Offizieren zu besetzen. Zu Wallenstein wurden der Abt Anton und Collalto in Prag geschickt mit der Frage, wie er sich die Belohnung und Abfindung solcher Offiziere denke. Der Herzog meinte, daß dazu kein neues Prinzip nötig sei und daß der Umstand der zeitigen Geldknappheit des Kaisers von Wichtigkeit wie von Vorteil sei. »Konfisziertes, also rebellenuntertäniges Land wird am sichersten in Gehorsam gegen die Römische Majestät durch Männer erhalten, die ihr Leben für die Majestät eingesetzt haben. Zugleich wächst dadurch die Macht des Kaisers im Reich. Besetzungen und Inthronisierungen sind furchtbare Drohungen für abfallslustige Fürsten. Man erwäge keine andere Methode.« Sachlich und ohne Scheu erklärte sich Friedland für Schaffung einer Militäraristokratie. Im Innersten erschüttert war Ferdinand, als ihm der friedländische Vorschlag hinterbracht wurde. Er hatte selbst mit dem Gedanken gespielt im Verfolg des friedländischen Ideenkreises; jetzt sah er den Gedanken draußen nach Realisierung drängen in der schauerlichen Konsequenz des Handelns seines Generals. Er nickte kaum »ja«, floh, bestürzt, von oben nach unten durchwogt, nach Wien, wo er sich in die Gebete und Jagden warf.
Er war von jugendlicher Frische und fast überlebendiger Raschheit, aber zugleich von einer schäumenden Gereiztheit und Aufgerissenheit; ruhelos zwischen Empfindungen. Es war ihm eine Freude, als er bei den Jagden in Sumpfgebieten vom Sumpffieber ergriffen wurde und schwer krank wochenlang lag; der Beichtvater suchte nach der Sünde, deren Strafe der Kaiser erfuhr, der Kaiser träumte, schlief matt; er sagte zu der Mantuanerin, er raste, er sei ihr herzlich ergeben. Er klammerte sich im Fieber, wie ein Jüngling blühend, an ihren strengen demütigen Leib an. Sie fühlte sich über ein Wattenmeer, einen sinkenden Sumpf zu ihm geführt; mit Leiden und Gebeten für ihn fing es an, mit Gram um ihre Kühle; manchmal tobte in ihr das Gefühl, von einer Wut verschlungen zu werden, aber diese Wut war keine fremde, war die des Kaisers, und es verlangte sie leise, zähnebeißend an den Orkan heranzugehen. Sich ruhegebietend hineinzuwerfen als Beute; sie war sein Weib, seine demütige Helferin.
FAUCHEND SETZTE sich in Dresden Johann Georg, der behäbige Kurfürst, auf die Nachricht von Maßnahmen des kaiserlichen Generals vor einen Bogen, malte einen Brief an den Mainzer als den Erzkanzler mit dem Verlangen, ungesäumt einen Kurfürstentag anzuberaumen, zur Beschlußfassung über seine Beschwerden. In Mühlhausen tagten die Vertrauensmänner der Kurfürsten; Johann Georg war selbst gekommen; Bayern, nicht entschlußfähig, hatte einen Vertreter ohne Instruktion geschickt. Aus Kanzleien Kammern Spielstuben Ballhäusern ihrer Fürsten gestiegen, saß die feine weiche Gesellschaft beieinander auf Polsterbänken, zwischen Blumen, Springbrunnen, unter prunkvoll geschuhten Füßen die blanke schaukelnde Diele, im Rücken um sich weiße Bildsäulen des Theseus, des zitherspielenden Apollo, pfeilschießende kleine Götter, enthüllte, nach sinkenden Tüchern greifende Frauen, saßen einander zugewandt in geheizter Luft unter gepuderten hohen Haaraufsätzen, dünne Degen zwischen den Knien, wie farbenglitzernde Fasane in einem Lustgarten, hörten sich an. Sie sprachen, während sie Traminer aus Silberbechern tranken und neben sich auf Tischchen stellten, voll Abscheu über den Herzog von Friedland und seine Praktiken. Sie lachten viel, durchgingen häusliche und nachbarliche Veränderungen, flammten bei Jagdkuriosa auf. Mehr ächzend zwischendurch, gestört, gepeinigt, tropften sie Worte vor sich über die Ereignisse im Reich. Johann Georg, wegen seiner geschwollenen Beine in einem Polsterstuhl halb
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