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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Saalwächtern hereingeführt wurden, sprach man drin von dem Auftreten der niedersächsischen Landesvertreter in Wien. Behaglich erzählte man sich Einzelheiten, stritt über die Zahl der Leichen, die sie mitgeführt hatten, wie viele Leichen hinzugekommen wären, wie sie verpackt waren, über den Heroismus der Leute. Es erschienen die ehrsamen Vertreter der Reichsstädte mehrerer Kreise in der Mitte des Halbrunds, in dem die Herren saßen; mit freundlicher Grußerwiderung, mit gnädigem Schnurren und Behagen ließen sie an sich die Klage vorüberziehen. Die Reichsstädte erhoben entrüsteten Protest gegen die endlosen Einlagerungen Durchzüge und Kriegspressionen, denen sie ausgesetzt seien, trotz teuer erkaufter Assekuranzen und Salvaguardien. Der fränkische Kreis drohte, er sei nicht mehr geneigt, beim Herzog von Friedland zu petitionieren. Das Stift Magdeburg enthielt sich bitter jeder Klage; legte seine Kontributionsrechnungen für die letzte Zeit vor, an siebenhunderttausend Taler. Die Stadt Halle kam, Schwarzburg-Rudolstadt, Sondershausen mit Hunderttausenden Gulden an erzwungenen Kriegsabgaben. Dem schwäbischen Kreis waren unerschwingliche Summen abgenötigt worden. Eine lange Klageschrift lasen die märkischen Herren vor, klagten über die Regimenter des Fahrensbach und Montecuccoli, deren Übermut darin bestünde, daß sie ganze Kontributionen für halbe Regimenter erhöben.
    Man genoß die Klagen, schwelgte in den Schandtaten. Auf den Vorschlag Johann Georgs, dem Hauptübeltäter doch einmal auf die Schulter zu klopfen, ganz leise leise, kam man überein, dem kaiserlichen General einen Brief zu schreiben über die Vorgänge, zu deren Kenntnis man gelangt sei. Man schmunzelte, das werde wirken. Es wurden drei lange Zusammenkünfte damit verbracht, die Anrede an den Herzog zusammenzubringen. Es sollte dem Herzog einen Vorgeschmack geben. Würde man ihn als Reichsfürsten anerkennen, müßte man ihm die Titulatur »Herr und Freund« geben; man wollte ihn nicht anerkennen, andererseits auch nicht abschrecken. Man einigte sich unter gespannter Mitwirkung des schließlich tief saturierten Kollegs auf die Anrede: »Besonders lieber Freund, auch gnädiger Fürst und Herr.« Und dann schrieben sie, was sie wußten. Und gingen kichernd auseinander.

    DAS HEER, lagernd im Reich und den Erblanden, wuchs den Winter durch. Der Herzog Franz von Lothringen erhielt eine Kapitulation auf ein Regiment zu Fuß, sechstausend Mann stark. Francesco Magni, der Bruder des langen Kapuziners Valeriano Magni, nahm eine Oberstenbestallung über fünfhundert Arkebusierpferde. Oberhauptmann Friedrich von Damnitz warb tausend Knechte, Hebron sechshundert Kürassiere, tausend Arkebusiere, dreitausend Musketiere. Johann Wangler brachte ein Regiment Hochdeutscher auf den Fuß. Johann Virmont wurde angewiesen, fünfhundert Arkebusiere aufzustellen. Zwölf Infanteriekompagnien führte Torquato Conti heran. Augustin von Morando verpflichtete sich auf sechs Fußkompagnien, Johann Ludwig Isolani auf neunhundert Berittene. Neue Regimenter stellten auf Graf Wratislaw, der dem Uckermärker Arnim hatte Platz machen müssen, Colloredo, Cerboni, Aldringen.
    Die Bewehrungen der Regimenter Wratislaws Colloredos Cerbonis Aldringens streckte der Herzog mit sechsunddreißigtausend Gulden vor. Für die übrigen Truppen, Werbe- und Anrittgeld, Anfangssold, stiegen die Vorschüsse des Herzogs über den Betrag von einer halben Million, zu der sich der Kaiser erkannte. Wallenstein verstärkte seine eigene noch in Pommern liegende Leibgarde auf zwei Kompagnien Arkebusiere, zwei Kompagnien Dragoner, nur Welsche Wallonen und Italiener, dazu katholische Iren; die ihnen zustehende Kontribution zahlte er aus eigener Tasche.
    Die Armee, zum Wintersende seiner Ankunft und seines Befehls wartend, strotzend stolz ungeduldig, wurde von ihm gereinigt, sie sollte biegsam wie eine Rute in seiner Hand sein. Im Magdeburgischen sahen die eingelagerten Ligisten mit Schrecken von weitem angezogene friedländische Regimenter halbe unter Prozeß stehende Kompagnien umzingeln, fesseln, entwaffnen, aus größter Nähe mit Rottenfeuer über den Haufen schießen. Die Proviantstäbe einzelner Regimenter wurden samt und sonders rasch beseitigt. Eine Anzahl Obersten wurden nach Prag gerufen, andere ritten selbst herbei, um Befehle für den Feldzug entgegenzunehmen. Sie saßen als Gäste im Palast des Herzogs, um tags darauf dem Generalprofoß zugeführt zu werden. Dem wurde vom Herzog

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