Wallenstein (German Edition)
dem Empfangssaal zu Brandeis, Ferdinand, der heitere Banketteur, Wildschweinjäger, demütiger Christ, aufgerissen zu blendender betäubender mystischer Größe unter dem Purpurbaldachin, die Krönungsinsignien, Mantel mit furchtbar springenden schwanzpeitschenden Löwen, goldene Krone, Szepterstab, kreuztragenden Reichsapfel wie eigene Organe bewegend, drohend, lodernd, gar nicht versunken. Und vor ihm durch das Spalier der Trabanten, Fahnenträger, starr stehenden Räte, Priester herschleichend, verwundert und widerwillig, das lange ledergehüllte gelbäugige Geschöpf, mißtrauisch, fremdartig. Mit schwanzpeitschenden giraffenwürgenden Löwen aus Gold, mit bügelüberzogener buntgesteinter Goldkrone, dem uralten Reichsschwert brannte der oben zu ihm her, heischend, stumm sprechend aus einem Gehäuse von Purpur. Er verstand ihn nicht; wollte man ihn morden nach den Siegen; hatte er zuviel gesiegt; er hatte seine unwiderstehlichen stählernen Wallonen nicht zum Schutz. Man ließ ihn fort, nach feierlichen Gastmählern. Er schüttelte sich draußen, trug nichts davon. Seine Garde führte ihn nach Prag.
Er rechnete mit dem Kaiser ab. Seine Verwaltung machte eine sehr genaue und spezialisierte Aufstellung an den Abt von Kremsmünster, der sie lächelnd dem Kaiser übergab. Ferdinand überflammt, tief beglückt: »So brauch’ ich doch nicht verzagen. So gibt mir der Herzog von Friedland eine Gelegenheit, einen Vorwand, ihn zu ehren. Daß seine Verdienste um mich nicht abzuschätzen sind, weiß ich. Ich bin ja geradezu wehrlos, gesteht selbst, Abt Anton, gegen ihn. Wie soll ich mich rächen an ihm für diesen Feldzug?« Er tat, als ob er lächelte, dann berührte er den Abt ernst an der Hand: »Ich muß mich doch behaupten gegen ihn.«
Elf Herren bildeten den Geheimen Rat des Kaisers; zu besonderen Aufgaben wurden noch zugezogen: Zdenko Fürst Lobkowitz, Freiherr von Stralendorf, Otto von Nostitz. Auf allen lastete nach den beispiellosen Siegen des Sommers der Druck, sich mit dem Böhmen abzufinden. Slawata, der schöne, Wallensteins Vetter, in den Geheimen Rat aufgenommen, äußerte in Abwesenheit des Kaisers: »Der Herzog hat sein Korn schon in den Scheuern. Bemühen sich die Herren nicht. Die edlen Herren sind nicht meiner Auffassung. Die Aufstellung, die der Herzog von Friedland eingeschickt hat, ist schamlos. Es ist richtig, wie er schreibt, daß er den Obersten den genannten Betrag vorgestreckt hat; doch hat er vergessen, von den Obersten, den Offizieren, von sich selbst eine Aufstellung zu verlangen über die Kontributionsbeträge, die von den Städten, Kreisen, Ständen, Privatpersonen erpreßt sind. Diese Gegenrechnung wird uns selber von dem Lande und den Fürsten gemacht werden.«
Collalto, der Präsident des Hofkriegsrats, der Weintrinker, gab von sich, daß man sich mit solchen Vermutungen auf unsicheres Gebiet begebe. Das Kriegshandwerk bringe Schwierigkeiten und Härten mit sich; insinuiere man dem Herzog keine Gewalttätigkeiten und die Betreibung so ungeheurer Summen.
Trautmannsdorf hielt es für gleichgültig, ob der Herzog zu viel verlange, zu wenig verlange; die Hauptsache bliebe, daß der Kaiser nicht nein sagen könne.
Eggenberg gab ein schlechtweg friedländisches Votum ab; Wallensteins Unkosten und Auslagen seien vom Kaiser zu begleichen, darüber hinaus sei der Herzog zu belohnen. Er habe Ihrer Majestät Königreiche, Lande, Erzhaus und Nachfolge, die jedermann für verloren gehalten habe, von des Feindes Gewalt befreit, ganz Deutschland zum Gehorsam gebracht, Ihre Majestät zum Herrn vom Adriatischen bis zum Deutschen Meer gemacht.
Sie zerrten aneinander, dachten auf ihre Weise sich Wallensteins zu entledigen. Er knirschte und krachte ihnen, wie sie noch saßen, sein Begehren über Nacken und Schultern. Er vermöge, ließ er sich schallend aus Prag vernehmen, keinen Unterschied zu sehen zwischen seinen Leistungen und denen des Kurfürsten Maximilian nach der Prager Schlacht; danach ergebe sich das Weitere für die Schulden des Hofes. Was den Landbesitz anlange, auf den er bei der zeitigen Geldknappheit des Kaisers Anspruch erhebe, so hätten die beiden Mecklenburger Herzöge durch ihren Anschluß an den Niedersächsischen Bund ihr Land verwirkt wie der Pfälzer. Nur Trautmannsdorf ging spöttelnd in dem lautlosen Kreise: »Jetzt wollt Ihr ihm alle an den Leib. Warum die Dinge so überstürzen! Jetzt möchtet Ihr ihn aus purer Voreiligkeit lieber heute als morgen absetzen, ja köpfen. Ihr
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