Wallenstein (German Edition)
bedeutet, der Herren, die in den letzten Jahren gut waren, Schrecken in Deutschland zu verbreiten, bedürfe er nicht mehr. Der krummbeinige gelbgesichtige Herr von Gürzenich, Schelhard Dorenwert, der Einäugige, war gefangen, er, der die Kurtrierer Nonnenklöster verwüstet hatte; später hatte ihn rachsüchtig der Kölner Erzbischof gefaßt, eingekerkert, erst auf Wallensteins Andringen freigelassen; vom Rhein zur Elbe losbrechend, übte der wilde Schelhard Schandtaten über Schandtaten, Plünderungen, Erpressungen; mittriefenden Schnauzen stießen seine Arkebusierreiter und vier Kornette Kürassiere zu der Wallensteinischen Hauptmacht, sie schluckten die Wonnen des Feldzugs herunter. Das Gericht verurteilte den fade blickenden gefesselten Mann zum Tode durch das Rad. Er spuckte dem Generalprofoß, keifend und ihn wie einen Wahnsinnigen verlachend, gegen den Stiefelschaft; es half ihm nicht, daß er sich als friedländischer Lehensmann gab, er wurde eines warmen Märzmorgens auf dem Felde vor der Prager Altstadt ohne Aufsehen mit dem Schwert exekutiert.
Der ältere Cratz, Graf Hans Philipp von Scharffenstein, wurde in Prag auf dem Kirchgang überrumpelt und aufgehoben. Ihm hatte der Friedländer stolz und mit vielsagenden Blicken versprochen, er hätte ein Herz für seine Soldaten, Cratz solle herrliche Quartiere mit seinen Regimentern beziehen. Darauf ging Cratz, verständnisvoll lächelnd, mit sich zu Rate, führte seine Reiter nach Franken und Schwaben, den Markgrafen von Baden herausfordernd. Das Urteil des Wilden, der vom Leben zum Tode befördert werden sollte, war schon gesprochen, als ihm, der riesenstark war, gelang, sein Zellgitter zu zerbrechen, bei Nacht in den Graben zu springen. Dem Wachposten, der ihn jenseits erwartete, drückte er, ihn hin und her werfend, mit den Ellbogen den Brustkasten ein, entkam in den Kleidern des Ausgeraubten, in den Graben Geschleuderten. In Baden zeigte er sich an der Spitze der von ihm geworbenen Regimenter, schickte einen Hohnbrief an seinen General; nach drei frech im Lande durchbrausten Wochen führte er seine Regimenter über den Rhein zum Herzog von Lothringen.
Oberstleutnant Gottfried Eichzel, des Regimentes Fahrensbach, ein dickleibiger flinker blutrünstiger Mann, stationierte im Gefolge der Armee Arnims in der Grafschaft Ruppin. Er, der den Krieg nicht als Martyrium für sich und seine Offiziere erachtete, bemächtigte sich in Ruppin der Häuser von Adligen, schließlich des kurfürstlichen Schlosses selbst, von da mächtig und in Ruhe das Land überfallend, ausplündernd. Vom Herzog von Friedland verlautete, er hätte wegwerfend vom Brandenburger Kurfürsten gesprochen, der mit dem Schweden und Bethlen versippt war, und man hätte keinen Grund, sein Land sonderlich zu schonen und in acht zu nehmen. Der runde wippende Eichzel verließ Prag nach dem Besuch für lange Zeit nicht; nach Formierung seines Prozesses wurde er in Eisen geschlagen, in einem Kellerloch verwahrt.
Den Obersten Marquis Boissy und Hußmann wurden die Regimenter abgesprochen. Des Daniel Hebron, eines strengen ihm mißliebigen Mannes, konnte er sich nicht bemächtigen. Aus dem Heer gestoßen wurden nach kurzem Prozeß die Kroatenobersten Orehóczy, Hrastowacki. Hinweise auf frühere Verdienste drangen beim Herzog nicht durch. Die Namen einiger Entflohener wurden vom Henker an den Galgen geschlagen.
WIE EIN Eber den weichen Waldesboden aufreißt, daß die Erde und Moos beiseite spritzen, so stießen Wallensteins Armeen im Reiche vor, warfen die Menschen auseinander, zerschmetterten und durchwirbelten sie, zerstreuten sie in die Winde. In dem Schritte des Heeres war kein Gleichmaß, aber gebändigt war die steife tragende Kraft, die die Dächer abhob, mit Sicherheit Korn Heu Stroh in Tausenden Maltern aus den Dörfern trug, unduldsam, bei Gefahr völlig vernichtete.
Wie der süßeste Wein schlich dem Kaiser der Brief der Fürsten ins Herz, der ihm die drohsam vergewaltigende Übermacht des Generals schilderte. Sein Gesicht blühte auf, seine Augen weiteten sich feuchtverklärt. Und dann erlosch er, sank mit schlaffen Knien, schlotterndem Kopf auf den Sessel, ließ den Speichel vor sich auf den roten Teppich träufeln, blickte stier. Nach langen Minuten fand er sich zusammen. Ging freudig weich durch die Kammern, sein Herz voll Seligkeit. Der zarte Doktor Frey fragte ihn, was er zu antworten gedenke. Ferdinand sah in die wasserblaue Frühlingsluft: »Ich danke ihnen.« Der wiederholte seine
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