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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Nacht, die über uns fällt, drängt und jagt. Es läßt uns keine Geduld; so ist es doch. Es frißt von uns. Ihr denkt nicht daran. Ihr habt euch damit abgefunden. Der Mond ist euch blaß und schön, nicht wahr. Blaß, schön, golden und silbern. Die Sonne ist der schamloseste Heuchler, der frechste Schelm, Betrüger, ihr kennt sie nicht. Sie wärmt euch, wärmt, wärmt, bis ihr nicht wißt, wie euch wird, wie sie euch das Fett abschwitzt, Muskeln und Sehnen vertrocknet. Es soll nichts dauern. Auf eine Schaubühne von Betrug zwischen Äsern ist der Mensch hingestellt samt dem Getier und den Blumen. Sie sollen den Mist mehren, der auf der Erde lagert. Vorüber! Vorüber! In Verwesung ist unser Leben eingehüllt. Wer hat dies angestellt? Von wem ist dies also gerichtet? Häuser sind nicht nötig, Hütten sind nicht nötig. Es schadet nichts, wenn man euch totschlägt; wenn ihr tote Ratten und Kröten fressen müßt und dran sterbt.«
    Mit unsicheren Schritten, wochenlang anhaltend, heftig vorstürzend, torkelte nach rechts und links über das zerschlagene, ausgesogene Land die Pest, wie der weiß und grünliche Schimmel über dem faulen Fleisch. Man fing an, die Äcker zu bestellen, richtete neue Schmieden ein. Das Frühjahr rückte vor. Wieder schwärmten, rasch verschwindend, Söldnertrupps vorüber; Gerüchte liefen um von Schießen bei Magdeburg, vom Krieg der Hansa mit dem Kaiser, über Stralsund solle es gehen. Es sickerte durch das Land, die Zeit des Satanas sei wieder gekommen, er habe das Szepter der Erde an sich gerissen. Er fahre auf glühenden Karossen durch das Reich mit gelben und kleinen Pferden. Er schwirre und sause durch die Finsternis her, lecke das Menschen- und Tierblut, den jungen Getreidesaft. Auf den Laternen der feurigen Karossen sitzen tropische Schimpansen aus dem Urwald, schreien greulich: »Mach Platz, mach Platz.« Der Satan hat lange behaarte Arme, die er hinter sich schleifen läßt aus den Wagentüren, er belfert, peitscht, triumphiert. Ihm hängt ein Schlüssel an dem Hals, damit will er die Schleusen der Sintflut wieder öffnen. Von Tag zu Tag tobt und drängt er schrecklicher. Er hat den Bart und das Gesicht des Römischen Kaisers Ferdinand, seinen Harn träufelt er in die deutsche Reichskrone und spritzt die Jauche um sich in den Wind. Er hat den Römischen Kaiser gestürzt, seine Maske genommen, will das Heilige Reich von Grund aus verderben und versenken.
    Es schwelte in Oberösterreich im Hausruckviertel, dem Pfandbesitz des Bayern, in Mähren kroch die Flamme am Boden, Dunst hing über den okkupierten Ländern, einzelne Schreie stiegen aus dem schwäbischen fränkischen Kreise auf. Die Städte am Rhein wanden sich stumm unter dem Soldatendruck. Soldaten des Regiments Verdugo wurden im Eichsfeld in ihren Quartieren zersprengt, von Ort zu Ort gejagt. Am Harz verbarrikadierten sie sich in den Gehöften. Vor Wallensteins eigenen Türen erhoben sich die Bauern auf den Trzkaschen Gütern. Er konnte nicht zum Heere ausrücken, ohne die Hurensöhne geschlagen zu haben. Ein großes Bauernheer wurde von ihm bei Smiřitz durch die Regimenter Marradas und Liechtenstein eingeschlossen, nach drei Tagen zersprengt, fünfhundert Bauern in Stücke gehauen.

    DIE TAGE wurden wärmer, aus den abgegrasten norddeutschen Gebieten ritten fünftausend Arkebusiere und Kürassiere des Kaisers nach Süden, gegen Ulm zu. Da gab es Futter Quartier Geld und Vieh. In gefährlicher Nähe der ligistischen Herren zogen sich immer dichtere Schwärme her von Norden; sie standen, grasten da untätig, erzwangen Kontributionen, dehnten sich aus.
    Er selbst, der Herzog, rückte im Hochsommer zwischen den wandernden klirrenden Mauern seiner Leibgarde aus, über Sagan Berlin Prenzlau Greifswald, um die Hansastadt Stralsund zur Aufnahme einer Besatzung zu zwingen und den Rest der Dänen zu vernichten, die von der Ostsee andrangen. Über Pommern und der Mark lagerte sein Heer, taub für den Widerspruch der Landesfürsten. Torquato Conti hielt die Mittelmark, ein anderer die Prignitz, fünf Kompagnien Dohna erpreßten den Kreis Sternberg, mit Wallensteinischen Leibgardisten besetzte Arnim Frankfurt. In Gardelegen Pappenheim; nach Norden reckten sich Montecuccoli Hebron Marradas Franz Albrecht von Lauenburg. Friedlands Marschall, den zähen strengen braunbärtigen Arnim von Boitzenburg, hungerten die Stadtbürger Stralsunds auf der Insel Dänholm aus. Auf der Reise schmähte der General: sie seien Reichsfeinde und

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