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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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verschloß entsetzt die Fenster und Tore seines Hauses.
    Machttriefend, ungeheuer, unmäßig schluchzend nach Herrschaft, Sieg hörte ihn der Kaiser an; wie schon einmal stellte sich ihm sein vertrautester Ratgeber mit schlotternden Gliedern gegenüber. Jetzt lachte der Kaiser Tränen über ihn; ob er nicht wie jener Eulenspiegel sei, der ächze, wenn er ins Tal herabstiege, juble beim Klettern – ein Spaßmacher. Bei Abt Anton kreuzte der Fürst die Wege des verwachsenen Grafen. Der, von einer großen Helle, neigte sich ihm halb zu, vom allgemeinen Rausch mitgenommen; man müsse sehen, wieviel Wallenstein durchzusetzen vermöge im Reich, dürfe ihn nicht stören; Gefahren müsse man an sich herankommen lassen. Eggenberg versteckte sich.
    Ferdinand der Andere, des Römischen Reiches Mehrer, rauschte als glöckchenklingelnde bänderwerfende Riesenstandarte in Purpur über ihnen, in den Boden gerammt, häuserhoch am Mast, an der sein Ungestüm zerrte, als wollte er sie hochtragen. Er war nach dem monatelang an ihm wütenden Wechselfieber zum Skelett abgemagert, auf Jagden stürzte er oft ohnmächtig vom Pferde, nach kleinen Ritten hing er schweißgebadet im Sattel; seine Nase war schmal und überaus hoch geworden; ein dünnes, beängstigend zartes Gesicht mit verschatteten, sehr weiten Augen. Die Freude zu trinken, zu bankettieren hatte ihn verlassen; er saß wie sonst den feierlichen und intimen Gastereien vor, liebte die Üppigkeit der Küche vor sich zu sehen; das Knuspern Knacken Schmatzen Schlucken löste in ihm Wonne aus, als ob er selbst schmauste; der Dunst der Braten Soßen Suppen badete seine Nase, seinen Mund. Ins Gestühl vergraben schnalzte er zur herunterwogenden Musik. Seine Hände mit den knotigen Fingern waren hellgelb und durchsichtig geworden; wenn er sie vor das dünne Gesicht hob gegen das Kerzenlicht, entzückte ihn in einer unverständlichen Weise das durchscheinende helle feine pulsierende Rot; es schien ihm beglückend zu sein wie das, was ihn erwartete. An Ringen Goldgehenken Schnallen Prunkschärpen, bemalten durchwirkten Gewändern schleppte er auf seinem matten Körper mit sich herum in Karossen, auf Tummelpferden, als ob er in Konstantinopel wäre. Seine Leibwagen mit ungeheuren Hinterrädern, deren Speichen wechselnd silbern und kupfern blinkten; die Vorderräder zwerghaft kriechend, demütig, fußfällig am Boden; auf ihrer Rundung Kränze und Kronen silbern auf rot. Zwischen den Räderpaaren auf biegsamen Achsen gelagert das schwere zitternde Wagengehäuse, die Wände schräg gewaltsam nach oben auseinanderstrebend, kleiner Boden, breitausladendes Dach, von elfenbeinernen gedrehten Säulchen gestützt; seitlich durchbrochen von kristallenen Fenstern in Ebenholzrahmen. Auf dem Dach offen ruhend vor dem Licht eine Krone aus heißem Gold mit hohem Kreuz und breiten Steinen; von den vier Wagenwänden stiegen Riesen mit Bronzeleibern und silbernen Bärten auf, hielten Keulen und Schwerter um die Krone. Drei faustdicke Goldpuscheln herab hinter den Sitzen der Kutschierenden, drei Puscheln gebückt vor den rückwärts deckenden Hellebardieren. Drin halb liegend unter Decken er, träumend, aufgeschreckt die Lippen bewegend.
    Durch seine Finger lief das Gold, um sich in Almosen Altarbilder, in Teppichbeete Laubengänge Lusthäuser Springbrunnen Pfauengärten Vogelvolieren Fischweiher aufzulösen. Der Pfennigmeister und Gurland, der Schatzmeister, suchten den Strom in ihre Räume zu lenken; der Kaiser freute sich ihrer Gier. Dankbar für die Errettung aus der Krankheit schickte er dem Papst Urban hunderttausend Taler als Peterspfennig. Nur durch Gebete und Verehrung konnte man den Himmel versöhnen für die Sünden, die man ohne Unterlaß beging, Verzeihung erreichen, sich würdig neuer Gnaden erweisen, neuen Segen anlocken. Er ließ Lamormain, den Beichtvater, täglich zu sich kommen, als wenn er seinen Schutz brauchte; zu ihm sagte er, er sei sein bestes Amulett; mit einer krampfhaften Erregung hing er sich an ihn; so maßlos beschenkte er die Stiftungen Schulen Konvente der Väter von der Jesugesellschaft, daß Lamormain besorgt ablehnte; Ferdinand bettelte, man möchte ihn nicht zurückweisen: »Was wollt Ihr, Ehrwürden, es werden nicht viele Kaiser nach mir Euch wohltun, wie Ihr verdient.«
    Hochgerissen neben ihm die Kaiserin, die junge, verwirrte, sich entfremdete Mantuanerin. Sie litt das Glück wie er, gräßlich heimgesucht, in ihrer Entwurzelung schwankend, hilflos. Sie ritten ohne

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