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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Ellbogen auf die Knie, stützte das Kinn in die Hände: »Nicht seiner gedenken! Wer aber hat uns dies denn in das Herz gelegt? Wer dies getan hat, war ein Verbrecher am Menschen. Wenn – Ihr recht habt, Pater.«
    Still stand der Priester auf: »Ich habe gesprochen, Vinzenz.«
    »Das hilft mir nicht, Pater, was Ihr mir sagt. Als ich bei Euch lernte, hätte es mir vielleicht genügt. Jetzt brauch’ ich etwas anderes.«
    »Nimm den heiligen Franziskus, wie dein Herzbruder.«
    »Ihr schiebt mich nicht so leicht ab; ich denke doch, Ihr spottet nicht über mich. Wozu braucht Ihr Heilige und den Heiland?«
    »Der Heiland sagt uns, wie wir leben sollen.«
    »Herr, wie kam der Heiland zu Gottes Wort?«
    Der Priester, abgewandt, schwieg lange: »Wir sind Christen. Wir beten zu Christus.«
    »Ich weiß nicht, wovon Ihr redet.«
    Das starre strenge Gesicht drehte der Priester ihm zu: »Da ist nichts unklar. – Der Hochmut ist zu brechen in den Menschen. Der Gott, den du in dir hast, ist der letzte Rest des Heidentums. ›Gott‹ sagt der Heide; es ist gleichgültig, ob ein Gott oder mehrere Götter. Man hat euch so lange Ruhe damit gelassen. Es ist Zeit.«
    Er beobachtete finster den Soldaten: »Nicht wahr, du willst Heide werden?«
    Unruhig, gequält, drohend gab der zurück: »Ich weiß nicht.«
    »Was weißt du nicht?«
    »Ob Ihr Christ seid.«
    Mit kaltem Ausdruck lächelte der Jesuit, indem er den Kopf langsam zurückbog. Der Soldat hob die Arme: »Ihr lacht!«
    »Es ist niemand so Christ als ich.«
    Dem an der Tür flammten die Augen: »Ihr wollt die Menschen der Verzweiflung ausliefern. Ich habe gebetet, mich gefreut, mich fähig gefühlt zu allen schweren Dingen – durch Gott. Das soll mir alles genommen werden.«
    Der Pater setzte sich ans Fenster, schwieg.
    »Das soll mir alles genommen werden.«
    »Ja.«
    Mit schüttelnden Armen: »Und wozu? Wem zugut?«
    »Lieber, nun werde ich wirklich bald lachen. Ich bin Priester der Kirche; was gehen mich Menschen an.«
    »So geht doch hin, Pater, und sagt Eure Weisheit dem Papst, den Bischöfen und Mönchen. Sie sind für uns Menschen da.«
    »Es ist nicht nötig, sie wissen es schon.«
    »Und was sagen sie?«
    »Ja, sie kümmern sich nicht um Gott. Denn sie sind fromm. Sie helfen den Menschen, indem sie sie beschäftigen mit Andachten, Gebetübungen. Für das Christentum sind erst die wenigsten reif.«
    Der junge Soldat: »Ich nicht.«
    »Nein.«
    »Ich wollte Gott wieder in mir errichten. Zu ihm wollte ich beten, mich zu ihm führen lassen. Zu ihm.«
    »Nein.«

    WALLENSTEIN IM Gespräch mit dem Venezianer Pietro Vico, der bei ihm Kreuzzugsideen, gegen den Großtürken, propagierte.
    »Will der Herr mir Neuigkeiten erzählen! Ich hab’ in Gradisca für Ferdinand gekämpft. Wittelsbach ist größenwahnsinnig, den Kaiser Ludwig, den Ketzer, hat es nicht vergessen. Man hätte den Wittelsbacher zerschlagen sollen; nun sitzt er an der Isar, der dunkle Mann, prunkt und protzt sich auf, geizt und darbt. Ein Fürst!«
    »Er wird dem Kaiser nicht übel zusetzen.«
    »Ferdinand ist der beste Mann, ein Edelmann, ein Ritter. Er ist ein Kind. Wenn Ihr daran zweifelt, so seht den Ausgang dieses Kriegsübels an. Den guten Böhmen, meinen Vettern, sollte er den Schädel einschlagen. Er hätte nur nötig gehabt, sein Kaiseramt auszuüben. Aber er war ein Kind. Ich kann mir vorstellen, wie er damals glühte als Kaiser, mit dem Böhmersieg in der Tasche. Und so vor den Bayern zu treten!«
    »Ja, er war nicht gut beraten.«
    »In der Löwenhöhle ein Kalb verzehren wollen! Warum ging er gerade damals zu Maximilian? Weil München so am Weg lag. Versteht Ihr gut die Wiener Herren Räte? Er mußte dem Münchener Dank sagen, sich ihm vorstellen. Sie konnten es nicht verhindern; die Herren hatten gerade etwas anderes zu denken.«
    »Und da hatte ihn der Max!«
    »Die Maus kam ihm spaßhaft vor die Schnauze gelaufen.«
    »Haha.«
    »Sie fraß ihn. Einmal gepackt, herumgeworfen, dann in die Gurgel geschnappt.«
    Wallenstein sagte: »Herr, er hatte schon lange auf den Kaiser gewartet. Der konnte ihm nicht entgehen. Er hatte geholfen, ihm den Kaisermantel umlegen, aber nur um die Lust zu haben, ihn ihm herunterzureißen. ›Zeig mal, was du anhast!‹ sagte der Max. Und als Ferdinand München verließ, hatte er schon fast aufgehört, Kaiser zu sein.«
    »Euer Liebden: es sind Zeiten, die erfreulicherweise längst vorbei sind. Ihr werdet bald freie Hand für allerhand haben.«
    Wallenstein lachte

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