Wallenstein (German Edition)
berühmte edle Soundso, lobt ihn, ehrt ihn«; mit feierlicher Grimasse spazierten sie weiter. Fragte sie einer: »Was kann der Herr?«, antworteten sie: »Alles was man will; nichts ist uns verborgen. Lobt uns, ehrt uns!« Sie breiteten die Arme aus, nickten würdevoll.
Pferde tummelten sich unter den Menschen, auf denen Männer saßen. Hunde sprangen lüstern umeinander, es war kein Hund in den Saal gekommen. Eine Anzahl Herren blickten nach lauten Ausrufen ihre Umgebung an, dann verunreinigten sie den Boden unter Gestank, wiesen darauf hin, schienen hochentzückt, wieherten vor Lachen. Eine furchtbare Erscheinung zeigte ein Mann, dem die Tränen aus den Augen troffen; ihm war der Kiefer bis auf das Knie gesunken; ungeheuer schnappend mit klaffenden Lippen hing das Maul mit armlangen Zähnen; der Schädel und das obere Gesicht stand trübselig klein dahinter, die blicklosen Glotzaugen und das vertrocknete Bäuchlein mit den Beinchen, die wie Stiele unten tripptrapp liefen. Er hielt sich bejammernswert an einer Säule auf; von Zeit zu Zeit trippelte er, schlürfte schnaubte schnarchte grausig. Schnüffelnd sich einem Menschen nähernd, faßte er den erstarrenden schreienden eisern bei den Händen, schlug den Oberkiefer wie eine Zange über ihn, rang sich den gebückten strampelnden in den Rachen, saugend, blauwerdend. Unter dem entsetzlichen Gekeif der Zuschauer würgte er das Geschöpf in seinen anschwellenden Leib. Man schlug, spie auf ihn, er heulte, schluchzte; Tränen und Speichel liefen ekelerregend von ihm. Nach kurzen Minuten war das Treiben um den Stummen wieder wie vorher. Nur bläuliche durchsichtige Schatten von Menschen setzten sich neben ihn; das waren die er verschlungen hatte: sie suchten von Zeit zu Zeit in seinen Mund einzudringen, um ihre Leiber zu holen, aber er sperrte krampfhaft die Kiefer, schnatterte grimmig gegen sie mit den Zähnen.
Atemlos schweißbedeckt drängten manche in einer unsicheren Verzweiflung zurück an die Treppe, an die Saaltür, hatten sogleich ihre alte Gestalt wieder, lächelten lispelten ängstlich. Sie fragten, hatten ein Zittern an sich, brachen in Gelächter aus, als man ihnen erzählte, was unten vorging, drängten stürmisch fort. Manche waren, kaum bei sich, von einer Traurigkeit befallen, saßen fassungslos da, bedeckten das Gesicht.
Unter der Hitze im Saale, dem wachsenden Andrang stieg der Lärm. Die Menschen fielen sich gegenseitig an. Sie bemerkten sich allmählich. Wer nicht fortgeschlichen war, fand sich in seiner neuen Heimat zurecht. Plötzlich schwang sich der Hoppser, der unglückliche Offizier, mit einer, dann einer andern Dame in die Luft; sie schrie, er juchzte, improvisierte, wenngleich nicht Herr seiner Sprünge, einen ungeheuerlichen klatschenden Tanz über den Köpfen des Gedränges. Er riß dem Riesenmaul einmal einen Halberstickten aus den Zähnen; das Brüllen des Enttäuschten, das Keuchen des Befreiten, der schlapp auf dem Arm des Springers durch den Raum segelte. Die Hunde lagen verbissen im Kampf mit den Affen bald hier bald da auf dem Boden. In einem rasenden Entschluß fiel der singende Jüngling, plötzlich verstummend, die vorübertänzelnde Junge mit dem Pferdeschwanz an; sie schlug ihm den Schweif um den Hals, er warf sie um; sie schrie kläglich.
Eine Stimme rief, während grausig Massen von Tieren durch den Saal wogten, Pferde, Kühe, Eber, während blitzartig manche Erscheinungen wechselten, sich überkugelten, rief: »Der Herzog, der Herzog.« Immer durchdringender rief sie. Eine Feuersäule ging durch den Saal, sie sauste wie ein Wasserstrahl, streckte sich langsam gegen die Decke auf; im Wandern äscherte sie Menschen und Tiere ein, die nicht auswichen. Der beizende Qualm wallte durch den Saal.
Da schlug man auf den Galerien und von außen am Saal die Fenster ein. Erschütternd rasselte das Geschrei aus dem Saal und von oben. Die Feuersäule bewegte sich nicht. Wie an den Füßen abgeschnitten, brach sie plötzlich zusammen. Der Rauch schwelte über die Diele, legte sich dick über die Geschöpfe, die hilflos im Tumult kreischten und sangen. In Stößen drang frische Tagesluft ein.
NACH DIESEM alarmierenden Vorfall erlebte die Bevölkerung um Prag und in anderen Teilen Böhmens eine ganze Reihe Teufeleien. Zwei Teufel hatten sich in der Hölle von ihren Ketten losgemacht und schweiften über den böhmischen Boden. Sie suchten besonders die Gegend bei Aussig, an den Felsenwänden des Ziegenberges, am Waldheimer Tal heim,
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