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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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vielleicht sei es möglich, ihn von Frankreich zu trennen. – Sie wolle, äußerte sie, nicht von Schuld und Unschuld reden; man möchte ihr nicht ihre Geburtsstätte nehmen; sie habe, brach sie aus, so viel opfern müssen, als sie Italien verließ, man möge doch an sie denken. Stand auf, reichte ihm, der seinen Hut fallen ließ, die eisige Hand, blieb vor ihm stehen. Er lächelte herzlich, erwiderte ihren Händedruck; es sei schwer, rasche bindende Versprechungen zu geben, es sei allen im Lande schmerzlich, den Heiligen Vater gegen sich zu sehen; er nehme Gott zum Zeugen, daß er den edlen Frieden nach Kräften fördern werde; Friede müsse werden, schrecklich wüte die Christenheit gegeneinander, vielleicht arbeite man für niemand anders als den Großtürken in Stambul. Sie freute sich, heftiger seine Hand umklammernd. »Mir ist ja nicht mehr gegeben«, flüsterte sie, schon den Rock raffend, »als Euch meine Wünsche zu sagen.«

    DIE DURCH den kaiserlichen Wunsch nach Wahl seines Sohnes zum Römischen König entstandene Sachlage wurde im hohen Rat erörtert.
    Da saßen die, die verzaubert waren vom Herzog zu Friedland, und lachten. Man solle den Herzog lassen, sagten sie, und den Papst und Frankreich; es sei das Beste, was der Geheime Rat jetzt tun könne; das Spiel sei vorzüglich im Gange; sie hätten den Vorteil, gänzlich außerhalb der Partie zu stehen, einzugreifen, wenn es ihnen gut dünke. Welche Entwicklung aber die deutschen Dinge durch ihn nehmen würden, das sei geradezu phantastisch abzusehen, ja phantastisch. Sie spiegelten sich in diesen Gedanken. Friedlich saß der verwachsene Graf, gelbweiß von Gesichtsfarbe, mit den Fingern spielend im Lehnstuhl, lächelte überlegen, gähnte viel. Die Wahl zum Römischen König würde ihnen wie eine Frucht zufallen.
    Der lange Stralendorf brauchte mit Hinweis auf Trautmannsdorf die Wendung vom friedländischen Anhang am Hofe; schreiend, der Wagen sei verfahren, er hätte genug dagegen rebelliert; wälze die Verantwortung dafür ab. »Wofür? Wofür?« spöttelte der Bucklige, »für den Sieg Habsburgs?« Brüsk warf sich der steife glattrasierte Mann im Stuhl zurück.
    Im violetten Seidenmantel, das schwermütige olivfarbige Gesicht mit den starken Brauen auf die beringte weiße Hand gestützt, blickte Slawata gegen den Ofenwinkel, der mit einem blaugrünen Gobelin verhängt war. Seine blauen Augen schweiften zu Trautmannsdorf, der sich in seinen Stuhl verkroch, gingen oft hin; er sprach anders: es bestände keine Aussicht, den kaiserlichen Wunsch nach legaler Regelung der Nachfolge durchzuführen, denn die Kurfürsten seien über die Gewalttätigkeiten im Reich, die Verarmung, den drohenden Umsturz erbittert. Dennoch müsse die Nachfolge des Kaisers gesichert werden. Man müsse also die Kurfürsten eventuell zwingen.
    Stralendorf leicht höhnisch: »Wie denn, Herr Graf?«
    »Durch dieselbe Gewalt, die sie zur Erbitterung gebracht hat.« Dazu klatschte leise der Bucklige, dem Böhmen zuwinkend, Beifall.
    Es sei wohl auch das beste, so zu verfahren, höhnte Stralendorf weiter, in anderer Hinsicht. Man käme dann zur Klarheit überhaupt über die Herrschaftsverhältnisse im Reich; zum Beispiel in Pommern, in Brandenburg, in den meisten Kreisen mit kleinen Landesfürsten. Da würde sich herausstellen, wer herrsche. Trautmannsdorf jubelte fast: natürlich, so sei es, es würde fesselnd bis zum äußersten werden; Konsequenzen über Konsequenzen könnten gezogen werden: wie notwendig – er wandte sich armeausstreckend an alle Herren –, nicht einzugreifen, um nichts zu verderben oder zu komplizieren; das beste, diese Frage der Nachfolge nur in die öffentliche Diskussion zu werfen, an diesem Punkt könnte sich der Streit auf das bequemste entzünden: nun hätte man den Zankapfel in der konzentriertesten Form, alle Kräfte würden aufgerufen, und – nun, man würde sehen.
    Ihm fehle, klammerte stolz Stralendorf seinen Degen zwischen die Knie, die Munterkeit und der leichte Sinn, um Angelegenheiten des Kaiserhauses in solcher Weise zu behandeln. Slawata hob sein dunkelblondes Haar mit der Linken von den Schultern ab, als wenn er seinen Nacken kühlen wolle; er betrachtete sinnend einen Sprecher nach dem andern, lief gebunden dem Gespräch nach: man hege doch gleichmäßig die schuldige Treue und Liebe gegen den Kaiser; nun möge man sich auch nicht trennen in den Mitteln, die Treue zu erweisen. »Ich schlage vor«, sagte er gedämpft, »einen Kurfürstentag

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