Wallenstein (German Edition)
Man will ihn um den Sieg, um das lauterste gerechteste Symbol des Siegs bringen.«
Sie gingen. Trautmannsdorf schlang ihm einen Arm um die zuckende Hüfte: »So ist mein Herr Slawata von seinem alten lästerlichen Haß ins friedländische Lager abgeschwenkt. Ich hör’: mit Pfeifen und Flöten.«
»Mit Pfeifen und Flöten. Noch vergnügter, noch üppiger. Warum sollt’ ich’s leugnen. Ob ich ihn liebe, weiß ich nicht. Aber es kränkt mich, wenn ich sehe, wie man ihn kränken und hindern will.«
Und heftig atmend, gequält den Arm Trautmannsdorfs duldend, ging er mit den schwatzenden zweien. Zum Äußersten herausfordern hatte er Friedland wollen. Er wollte ihn locken, er wollte sein Teil daran haben, an der Entwicklung dieses Geschicks. Dunkel wie Wunder, halb Glück, halb Entsetzen, bewegten sich Gefühle in ihm, hoben sich, senkten sich, verrauschten. Er wies sie ab, verbarg sie sich. Sie drangen ihm manchmal über die Lippen und trieben ihn zu Handlungen. Er fühlte, daß er sich einem Strudel näherte, aber er konnte dem Geheimnis nur folgen, dieser Sehnsucht zu Wallenstein.
Der Weg, den Fürst Eggenberg in der Stifterfrage beschritten hatte, mußte weitergegangen sein. Vergänglich Ferdinand, vergänglich Friedland. Habsburg bestand. In seiner Bibliothek hielt Eggenberg eine bunte Chronik in den Händen, ein Buch, das er liebte; las von den Staufenkaisern, wie ihre Welt riesenhaft aufgebaut und mit ihnen zusammengesunken war. Die vergeblichen Kriege mit dem Papst. Ecclesia triumphans. Unmerklich sicher hatte sich Habsburg ausgedehnt. Reichtümer fielen ihm wie einem spielenden Kinde zu.
Der Kaiser machtgeschwollen. Er konnte das Haus in den Abgrund reißen. Eggenberg wiegte das alte Buch zwischen den Knien. Zurückdrücken den Kaiser.
Die Gutachten durchlas der Kaiser, forderte dann den Fürsten Eggenberg vor sich.
Er faßte es als ein himmlisches Zeichen auf, daß der Kaiser ihn trotz der Einhelligkeit der anderen Gutachten rufen ließ. Zum Nachgeben den Kaiser zu bewegen, war keine Möglichkeit. Eggenberg sah, daß diesem Mann gegenüber kein Argument verfing. Und mit seherischer Klarheit gab Eggenberg selber plötzlich nach.
Der Regensburger Tag sollte stattfinden.
Aber als Ferdinand den Alten, der ihn starr ansah, umarmte und freundlich an sich drückte, ihn vielfach lobte und über die vermeintliche Niederlage wegtäuschte, mußte sich der Fürst seufzend entziehen. Scham füllte ihn ganz aus. Ein Verräter, ein giftiger Judas war er. Denn der Kaiser sollte zur Schlachtbank. Er würde keinen Triumph erleben. Er würde alles selbst entscheiden müssen – den ungeheuren Entscheid im Streit der Kurfürsten gegen Friedland, und er wird – nachgeben. Wie er in München vor Jahren dem Bayern nachgegeben hat. Das war dem alten Eggenberg, während er den lächelnden Kaiser, seinen Freund, starr anblickte, klar.
Die Kurfürsten werden kommen, das alte Reich muß zerstört werden: er wird es nicht befehlen können.
Friedland wird sich über die Kurfürsten werfen, der Kaiser wird sich neben die Fürsten stellen.
Rasch mußte sich Eggenberg von dem herzlich bewegten Kaiser, der ihn mit Konfekt beschenkte, verabschieden.
Jubel im Geheimen Hofrat.
Ein kurzer grimmiger Ligatag fand in Mergentheim statt. Die Herren und ihre Gesandten sahen sich nach eintägiger wütender Klage über das Zugrundegehen des Reichs einem kaiserlichen Vertreter gegenüber, der von ihnen Einberufung und Beschickung eines Kollegialtages zwecks Wahl eines Römischen Königs verlangte.
Sie gellten ihm ihr Nein und ihre Verzweiflung entgegen. Sie gellten von dem eigenmächtig begonnenen italienischen Krieg, von seinen grenzenlosen Menschenopfern, Kosten. Frankreich würde sich gereizt im Westen Deutschlands erheben.
Bis sie auf einen Schlag plötzlich verstummten; es war die Parole aufgetaucht: zustimmen der kaiserlichen Einladung und nicht zustimmen dem Wunsch, einen Habsburger zu wählen.
»Den Kaiser fassen, gegenschlagen.«
Wie sie sich voneinander verabschiedeten, wußten sie: entweder sehen wir uns auf dem nächsten Tag als Sieger wieder, oder dies war unsere letzte Tagung.
Die Finsternis dieser Beratungen verbreitete sich nicht nach München. Der Bayer hatte eine gute Stunde. »Der Kaiser will seinen Gegnern im Reich das Siegel seiner Macht aufdrücken; noch eine Stunde, und er bedarf der erlauchten Kurfürsten nicht mehr.« Maximilian hing vor Richel in seinem Sessel, bedeckte seine Augen mit den Händen: »Ich
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