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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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herunter, die Hose band er mit einem Strick fest. Drei Knechte schleppten den rauchenden Kohlentiegel herauf; der Scharfrichter griff an den Enden die glühweiße Zange. Ihre beiden geöffneten Kiefer ließ er an den Oberarm des wimmernden Gesellen hauchen, biß zu; steil aufsteigend scharf der Geruch, schwarzrot das Loch im Fleisch. Biß, ließ nicht los. Den Mund riß der Gefolterte auf, weiter, stürzte gegen den Arm hin, bog den Kopf zurück, grölte, während seine gebundenen Füße rückwärts am Stamm hochzuklettern versuchten. Die Zange ließ los, der Henker griff eine neue, wischte sich die Nase; ließ spielerisch den Gluthauch des Eisens über den ganzen Arm laufen, bis er einschlug. Schweißverklebten Haars der Schächer in seinen Stricken, die Spinne biß, sog, sog, sog, sog – es lief aus dem Kopf, aus den Augen her, aus dem Mund, hin zu ihr, hin zu ihr. Weg aus den Knien, weg aus den Ohren, die Wolken, der blaugraue Himmel. Murren des Marktes. Klebrig löste sich die Zange ab, brauste in den Tiegel.
    Die Hälse unten reckten sich, die Nasen schnüffelten aufmerksam. Dritte Zange. Mit einem Griff gehoben, geschwungen, angesetzt. Wuchtig geschmettert gegen den anderen Arm, gepreßt in das aufzischende, schmierig sich blähende Fleisch. Und wie mit einem Satz die Zange ansprang, sprang der Malefiziant ihr entgegen, wühlte, krampfte, zuckte um sie herum, mit blassen Blicken, weißen, speicheltriefenden Lippen, sich verzehrend, in einem Strudel dünn, blind, taub, überschäumend herumgewirbelt. Bis ein kleiner schwarzer Punkt größer am Himmel wurde, Kreise sich bildeten, größere hereinschwangen, weißer wurden.
    Die letzte Zange: ein inniges, Zahn in Zahn vergrabendes, tobsüchtiges Wiedersehen, Zotteln, Schleudern rechts, links, atemloses Schaudern und Verkeuchen, Backenaufblasen, helles Pfeifen aus den tiefsten Luftröhren.
    Der Kopf baumelnd vor der Brust. Der Scharfrichter triumphierend beiseite. Ein Knecht bespritzte den Stöhnenden aus einem Bottich. Der Kopf hob sich unsicher, sank auf eine Schulter, hob sich unter neuen Wassersalven.
    Aus seinem Ledergurt zog der Scharfrichter ein kurzes Messer, wetzte es an der Schuhsohle. Gleichgültig schwankte, wie eine welke Blüte, der Kopf des Schächers, da schnitt ihm blitzschnell der Henker zwei lange, breite Bänder aus der Brusthaut, ritsch, ritsch, riß sie heraus, ein queres Band über den Leib, hinten zwei lange, breite Bänder aus dem Rücken. Schwang sie, blutfließende weiße Riemen, in der Linken hoch vor dem kaum atmenden Volk, gab sie dem Gehilfen, der das Bündel dreimal grinsend schwenkte, bevor er es in den Bottich klatschte.
    Sie kreischte angstvoll.
    Das Volk mäuschenstill. Er ließ den Mann stehen, nahte ihr.
    Mit weiten Pupillen, irren Augen, die neugierig erschienen, begleitete sie ihn; dann glitten ihre Augen zu dem blutenden traumverlorenen Schächer; sie schrie, den Kopf an den Pfahl legend, von neuem. Der Scharfrichter wusch sich, breit gebückt über dem Bottich, die Hände vor ihr. Plötzlich, weit ausholend, knallte er seinen nassen Handrücken in ihr Gesicht. Sie behielt den Mund offen, ein feiner Blutstreifen rieselte über das Kinn; von unten schmetterte er ihr die Zähne zusammen. Sie blickte ihn wirr an, begann mit den Knien heftig zu zittern, am Platz zu treten.
    Er beäugte einen Moment ihre Stirnspange, hob sie vorsichtig ab; das seidene Kopftuch blieb daran hängen. Lippenspitzend, nachdem er die Spange dem Knecht in die Hand gedrückt hatte, öffnete er den feinen Gürtel, zog ihn ab, wog ihn in der Hand.
    An der Tuchlaube standen fünfzig schwarzgewandige Zöglinge des Jesuitenkonvents hinter ihrem Profeß; Rosenkränze spielten in den Händen; mit wissenschaftlicher Kälte folgten Scholaren und Patres dem Gebaren des Scharfrichters, prüfend, nachdenkend, erwägend.
    Ein Pater kniete neben einem Scholaren, der in den Schlamm gefallen war; sie blickten sich schweigend an; der blasse junge Theolog senkte beschämt sein Gesicht. Nach einer Pause sagte der andere: »Du mußt an Gott, Jesus und Maria denken. Du hast an die Menschen gedacht, nicht wahr?« »Ja«, flüsterte der, »mir wurde schlecht, ich habe an die Menschen gedacht.« »Der Heiland war Gott, und jene haben ihn an das Kreuz genagelt in ihrer Bosheit. Seinen heiligen Leib, seine wonnige Mutter, den Quell unseres Lebens, haben sie beschimpft; dafür haben sie zahlen müssen und werden noch mehr zahlen. Was ist ein Leib, was sind tausend Menschenleiber!

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