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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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regnerischen Abends Pater Joseph gerufen; es wolle ihn eine hohe Person sprechen. Zwei Damen in Schleiern, auf deutsche Art gekleidet, saßen da; die eine sprach ihn italienisch an, es war die Kaiserin. Er möchte ihr von seinem Orden erzählen.
    Und als er gesprochen hatte, glühten hinter ihrem Schleier ihre Augen, Gräfin Khevenhüller trat an das Fenster hinter eine Säule.
    Sie freue sich, solche Stimme der Gottesinbrunst zu hören, man vernehme es so selten in diesem Lande.
    Ob er Italien kenne. Und dann plötzlich, kaum das Schluchzen unterdrückend: so weit sei es gekommen, daß man nicht Anstand nehme, ihre Heimatstadt zu belagern. Er meinte tröstend, so sei die Politik der Deutschen. »Helft Ihr mir«, bat sie, »ich habe Briefe von meinen Freundinnen, Geschwistern; was ich Euch tun kann, sollt Ihr haben.«
    »Wenn unsere Heere siegen werden.«
    »Sprecht mit dem Kaiser, mit Lamormain. Ich bin eine Frau; kann man keine Rücksicht auf ein Frauenherz nehmen; bin ich hier nichts!«
    Kopfschüttelnd Joseph: »Es ist nicht der Kaiser oder Lamormain. Es ist der Herzog von Friedland.«
    Sie keifte leise: »Schickt ihn fort; ich hasse ihn, sein Name ist mir zuwider, der falsche Böhme.«
    »Man kann ihn nicht fortschicken. Es ist leichter für ihn, uns alle fortzuschicken.«
    Sie wütete mit ihren Fäusten gegen ihren Schleier: »Ich hab’ es gehört. Es ist unsagbar, wir sind seine Gefangenen. Man soll ihn entlassen.«
    »Wer ist Collalto bei Mantua? Seine Puppe. Der Herzog ist das oberste Gericht im Reich. Wir spielen hier in seinem Schatten. Der Kaiser fühlt es nicht.«
    Sie sah ihn erstarrt, weitäugig an: »Und dies ist wahr, der Herzog macht mit uns, was er will?«
    Joseph lächelte traurig: »Es ist schon keine Neuigkeit mehr, Majestät. Fragt Euren Schwager, die bayrische Durchlaucht.«
    Die Kaiserin stand von der Bank auf: »Ich will den Kaiser befragen, er soll hören, wie man spricht.«
    »Fahrt lieber zum Herzog; er residiert in Memmingen, nicht weit von Ulm. Er wird Euch helfen, wenn Ihr dringlich bittet um Mantua. Aber sprecht nicht von mir zum Kaiser. Die Deutschen lieben nichts Fremdes.«
    »Oh, sprecht Ihr wahr, Ehrwürden; ich danke Euch.«
    »Dankt nicht, Majestät. Auch mein Land leidet. Der Herzog von Nevers ist ein Franzose.«
    Solche Auseinandersetzung hatte Ferdinand noch nicht mit der Mantuanerin gehabt. Die Frau war unnachgiebig, bitter, verächtlich gegen ihn. Sie hätte geglaubt, Kaiserin zu sein. Sie sei Italienerin. Dulde man in Deutschland solches, so sei das deutsche Art. Sie nehme es nicht an, sei nicht herübergekommen als Vasallin des emporgekommenen Friedländers. »Zu essen von seinem Geld, zu leben hinter seinem Rücken, das nehme ich nicht an; ich bleibe die Tochter des Herzogs von Mantua.« Er war nur erstaunt, welcher Narr ihr das beigebracht habe. Etwas Haßartiges war in ihr aufgestiegen. »Narr? So wahr ich selbst Narr bin, sind dies Narren, die mir das beigebracht haben. Du bist versunken, du träumst. Mir sind die Augen aufgegangen. Der von Wallenstein muß weg.« »Ich träume, ich bin versunken. Er dient mir, wie es beinah nicht mehr menschlich ist. Sie beneiden mich um ihn und beneiden ihn selber, den ich hochgehoben habe.« »Der Giftspritzer, der Unband, der Teufel. Das gesegnete Geschenk, der von Wallenstein.« »Sie beneiden ihn, wie sie mich beneiden.« »Keiner wird an unsern Tisch sich setzen wollen, nur der Teufel. Der Heilige Vater wird seinen Fluch über uns aussprechen.« »Dir bangt um Mantua.«
    Sie schrie und überschrie sich: »Ja, mir bangt um Mantua. Und ich will zu befehlen haben, daß mir nicht darum bangt. Ich bin Kaiserin, es ist meine Heimat. Ein Hund soll nicht hingehen können und sie zerreißen.«
    Sie warf sich in einen Stuhl: »Ich lebe nicht mehr, wenn dies geschieht.«
    Diese hatte er einmal geliebt.

    EIN UNSCHEINBARES Brieflein wurde bei dem Meßgang dem Kaiser übergeben, in dem Wallenstein auf die Truppenmassen aufmerksam machte, die dem Kaiser zwischen Memmingen und Regensburg zur augenblicklichen Verfügung ständen.
    Und plötzlich sah Ferdinand, daß die Entscheidung ganz bei ihm lag. Er konnte träge noch einen Tag nach dem andern hinziehen, die Wirklichkeit war nicht wegzuschlafen. Kein Kollegium eines hohen Rates bedrängte ihn. Sie hatten sich in den Hintergrund gezogen, wagten sich nicht an den Wurf; der tapfere gute Eggenberg lag krank irgendwo in Istrien.
    Er fühlte, in der Nacht sich aufrichtend, daß er satt war, daß

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