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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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ist, daß dies geschieht, soll es den Kurfürsten bereitet werden.«
    Der Pater schüttelte langsam und lange den Kopf, studierte seine Handteller, rieb sich die Schläfe; plötzlich legte er die Hände zusammen.
    Jetzt, fühlte der Pater, war er im Begriff, den Kaiser zu schänden. Jetzt konnte er die Zertrümmerung vornehmen. Ferdinand setzte sich nicht zur Wehr. Das reine Gesicht konnte er verwüsten.
    Und plötzlich war es ihm in die Seele gelegt, das Geschick zu versuchen. Er hatte gebetet, ihn vor Sünde zu bewahren. Aber er ging schon führungslos den Weg. Und während er zitterte, kam aus ihm heraus: »Ich finde keinen Gesichtspunkt.« Und fühlte dabei, seinen Kopf duckend, die Stirn von einem nassen Schauer überzogen, daß er in einer Krise stand und daß ihm weiter nichts mehr übrigblieb. Er flehte und sündigte in einem Atem. Lächelnd weitete sich das Gesicht des Kaisers, er breitete gegen ihn die Arme aus: »Nun, lieber Vater Lamormain, so werde ich wohl keine große Schuld begehen können.«
    »Sprecht Ihr selbst«, drängte angstgetrieben der andere, »haltet Euch nicht zurück. Kommt heraus.«
    In Ferdinand wallte es, seine mageren Wangen zitterten, sein Blick wurde stier: »Ihr wollt mich versuchen. Ich habe nichts mit Wallenstein und nichts mit den Kurfürsten. Es soll sich keiner von beiden anmaßen, daß ihm Unrecht von mir geschehen soll. So ruhig wie einer einen Würfelbecher umstülpt und die Kugeln zählt, wird mein Entschluß erfolgen. Wißt Ihr –«, er flüsterte geheimnisvoll, »warum ich dies kann? Weil ich die Macht habe. Ich kann den Augenblick abwarten. Sie wird mir nicht genommen werden.«
    Wie durch ein Bad von Pein wurde der Leib des Paters gezogen, er konnte sich nicht rühren, in ihm schrie es, die Bannung möchte weichen.
    »Seht, Pater, so unumschränkt verfüge ich in dieser Sache, daß ich mich versucht fühle, die Entscheidung von einer Kinderei abhängen zu lassen: ich rufe meinen Kammerdiener, und tritt er mit dem linken Fuß über die Schwelle, hat Wallenstein gesiegt, mit dem rechten die Kurfürsten.« Da preßte Lamormain hervor, dunkel hörte er sich seufzen: »Lästerung.«
    Langsam wankte Ferdinand auf ihn, griff seine linke Hand, die er sich an die Brust zog und drückte: »Ihr seid mein Freund. Ihr werdet nicht verraten, was ich unternehmen will. Es wird bald ruchbar sein, ich möchte es einige Zeit bei mir behalten. Wißt Ihr, warum? Um mich daran zu weiden. Denn sobald ich es herausgesetzt habe, wird man es umgehen und erklären und wird seine Torheiten und Roheiten über meinen Entschluß häufen. Ich will ihn einige Tage bei mir behalten. Ihr werdet zugeben, daß ich Grund dazu habe. Ihr sollt euch mit mir freuen daran, mein lieber Freund.«
    Der Kaiser schien zu delirieren. Seine Brust wogte auf und ab. Er schien sich mit den Händen des Paters beruhigen zu wollen. Seine Augen konnten sich an keinem Punkt befestigen. Sein Mund schnappte wortlos, die Lippen von Wasser überflossen; dabei knickten seine Knie häufig ein. In ihm strömte es dumpf: ich folge, ich folge, ich halte mich nicht zurück.
    Der Jesuit stöhnend, in großer Furcht: »Welche Lösung Ihr auch findet, ich flehe Euch an, daß Ihr in diesem Augenblick nichts beschließet. Ich rufe Euch an, Majestät.«
    Schreiend, lachend, die Last aus sich wälzend, der Kaiser: »Mir sollt Ihr es nicht verwehren, in diesem Augenblick zu sprechen. Wann soll ich zu einem Entschluß kommen, wenn nicht jetzt. Wie soll das aussehen, was ich meinen Entschluß nennen soll, als was ich jetzt in mir habe.«
    »Ich will es nicht hören, laßt davon ab.«
    »Doch müßt Ihr es hören, Pater, doch. Ihr sollt mir sagen, was Ihr denkt. Ihr seid der einzige, der daran teilhaben soll, und könnt Euch mir nicht verschließen.«
    Der riesige Mann rang mit dem Kaiser, suchte ihn an die Bank zu führen. Der wollte mit den fliegenden Augen vergeblich ihm ins Gesicht sehen: »Wie seid Ihr, Pater.«
    »Setzt Euch. Besinnt Euch. Wollt Ihr Wein?«
    »Hört einmal. Laßt mein Wams. Liebster Pater.«
    »Ich will Euch nicht hören, Majestät.«
    Ferdinand, auf die Bank gedrückt, blickte sprachlos an dem schwarzen Rock, dem strengen Kinn hoch; erzitterte stark. In seinem Gesicht stand ein verzerrtes, unklares, fragendes Lächeln, er hauchte: »Was ist das? Was hab’ ich verbrochen?«
    »Der Satan bewältigt Euch.«
    »Ich weiß alles, was kommen wird.«
    »Seid still. Herr, führe uns nicht in Versuchung.«
    »Pater, leibhaftig

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