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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Man hatte es verstanden, nahe der Stadt am Donauufer leichte Kanonen mit Artilleristen zu verstecken; es war vorauszusehen, daß, ehe die geringste feindliche Belästigung erfolgte, die Stadt in ligistische Hände fiel. Die Franzosen gingen hin und her, gaben ihre Ratschläge. Man schwirrte um den Pater Joseph, um die Jesuiten, den Kardinal Rocci. Der Beichtvater war unsichtbar.
    In der Konferenz in der bischöflichen Ritterstube, die in Gegenwart Lamormains und des jungen Königs von Böhmen stattfand – er saß weißgekleidet, schmächtig, mit sehr mürrischem hochmütigem Ausdruck neben seinem aufgeräumten Vater –, wurde der unveränderte gefährliche Stand der Dinge vom Grafen Stralendorf resümiert. Dann äußerte sich der Kaiser; es sei ihm nicht fremd, daß die Fürsten geneigt wären, es auf das Äußerste ankommen zu lassen; man werde ihm auch einen Entschluß, nachzugeben, als Schwäche ausdeuten. Das sei ja schlimm. Aber ihm sei das Wichtigste, daß mit Glimpf bei der zur Beruhigung des Reiches notwendigen Abdankung des Herzogs von Friedland vorgegangen werde. Mit aller Deutlichkeit solle ihm zu erkennen gegeben werden, daß er nicht, wie es Blinden scheine, als ein Opfer der Kurfürsten falle, sondern daß die Reichsinteressen von ihm dies Opfer verlangen; er täte mit seinem Rücktritt dem Reich einen Dienst, wie wenn er eine Schlacht gewönne. Unendlich sei das Reich ihm dankbar.
    Der König beschränkte sich auf ein paar Redensarten; er fand sich sichtlich mit dem kaiserlichen Entscheid nicht zurecht, obwohl er Wallensteins Abdankung verlangt hatte. Über der ganzen Versammlung der Geheimen Räte lag Verblüffung, der Entschluß war da, den man selbst nicht hatte fassen können, der so oder so hatte fallen müssen.
    Einsam saß Lamormain. Man blickte von ihm weg. Dieser hatte gesiegt. Die Jesuiten herrschten.
    Stralendorf fragte, was man tun wolle, wenn der Herzog den Oberbefehl nicht niederlege. Darauf schwiegen die anderen; der Kaiser hielt die Frage für gegenstandslos.
    Der kleine Abt von Kremsmünster fuhr in raschestem Tempo mit Trautmannsdorf in sein Quartier. »Wir sind geschlagen, Graf. So hat Eggenberg auch von Istrien her gesiegt. Eggenberg hat seinen Willen. Was wird Slawata sagen. Wollen wir unsere Ämter niederlegen.« Kremsmünster von Minute zu Minute entsetzter; die ungeheuren Schulden des Hofes bei Wallenstein, es sei unausdenkbar, der Beschluß müsse rückgängig gemacht werden. Der verwachsene Graf kam nicht aus dem Staunen heraus, er gab zu, daß er den Kaiser bewundere. »Dies ist ein anderer Mann als der in München. Er fürchtet uns auch nicht.« Der Abt schrie, Wallenstein dürfe nicht nachgeben. »Herr«, wiegte der Graf den Kopf, »der Kaiser weiß, was er tut. Der Herzog gibt nach.« »Er tut es nicht. Ihr werdet sehen.« Und plötzlich in Kremsmünsters Kammer war Trautmannsdorf ganz erschrocken: »Nun hat Eggenberg recht behalten; der Kaiser will sich nicht mehr auf den Herzog stützen. Was hat er aber vor?« Der kleine Abt todblaß und wild: »Wir haben diesen Kongreß auf dem Gewissen. Es war verkehrt. Wir sind ärmer als vor dem Münchener Vertrag.« Bis Trautmannsdorf nach langem Hocken hinter einer Harfe von sich gab: »Jetzt wird es wieder Zeit, sich zu regen. Wahrhaftig, ich komme mir übertölpelt vor. Wir waren im Taumel, als wir zu dem Kongreß rieten. Der Kaiser muß bezahlen, was wir verschuldet haben. Verdammte Logik. Wir haben nicht darum den Kaiser von dem Bayern befreit. Wir werden den Herzog von Friedland versöhnlich halten müssen. Jetzt lass’ ich mich nicht binden. Wir wollen ihn nicht loslassen.«
    Lamormain machte sich um dieselbe Zeit schwermütig auf nach der Kartause zu Lessius. Stumm saß er eine Weile dem gegenüber; der fürchtete einen bösen Ausgang, fragte nicht, blieb sehr kalt. Sein Mißtrauen verließ ihn nicht ganz, als der Pater das Ergebnis der Unterredungen berichtet hatte. Er fragte, ob den Pater ein persönlicher Kummer bedrücke und ob er ihm etwas zu sagen hätte. Lamormain, unfähig, vor dieser gelassenen Stimme zu sprechen, brachte heraus, das Unternehmen hätte ihn sehr angestrengt. Der Gesandte lächelte mitleidig, fast geringschätzig: die Sache hätte sichtlich in Gottes Hand gelegen. Von einer Nachbarzelle wurde geklopft; Lessius stand auf; eine französische Konversation mit entzückten Ausrufen begann drin. Hemmungslos laut stöhnte Lamormain, gräßlich riß es an seiner Kehle, als er Lessius nebenan einem welschen

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