Wallenstein (German Edition)
Chausseen, umwickelten sie mit Stroh, um sie vor dem Bösen zu bewahren. Trautmannsdorf horchte an dem Herzog wie an einem interessanten Naturgegenstand herum, unternahm es dann, ihn zu verlocken, ihm gütlich zuzusprechen, damit doch diese sonderbare große Erscheinung Wien nicht verloren ginge. Es sei unendlich schade, sagte er offen, daß sie nicht Freunde sein könnten; es seien Fehler vorgekommen, Mißverständnisse; man könnte erwägen, die Dinge zurückzubiegen und auf ein vernünftiges Geleis zu kommen. Er redete sich, klug phantastisch wie er war, in eine Wärme hinein, die beinah herzlich war, aber leicht in eine respektvoll beobachtende Entfernung zurückging. Er sah darauf nichts am Herzog; es schien ihm nur, als ob er den Friedland reize; sie sahen sich tagelang nicht; bei neuen Begegnungen war der Herzog wie er immer war – höflich, falsch, zu Drohungen geneigt, undurchdringlich. An der Maßnahme der Belegung Böhmens und Mährens wurde nichts geändert. Der Böhme hielt fest, es sei nach den Abmachungen sein Recht, sich in die Erblande zurückzuziehen. Trautmannsdorf erkannte, daß also Wallenstein schon früher diesen Plan gehabt hatte, staunte den Böhmen an.
Da er angeblich für neue Rüstungen nicht flüssig sei, verlangte der Friedländer die rasche Eintreibung bestimmter Beträge durch den Reichshofrat. Bevor sich Abt Anton zu dieser schlimmen Maßregel entschloß, wandte er sich an den spanischen Botschafter, was man antworten solle nach Prag. Der erklärte sehr geheim, man sei in Madrid gewiß geneigt und habe es den drängenden Herren Eggenberg und Trautmannsdorf versprochen, den Kaiser gegen etwaige friedländische Übergriffe zu schützen, aber bisher sei doch die Lage nicht dringend; unbotmäßig sei der Herzog nicht; man wolle einmal sehen, wie er sich gegen das spanische Heer für die Niederlande verhalten werde, das bald aus Mailand heranrücken werde.
Seufzend sah der kleine Abt, daß Spanien wieder nur seine Interessen vertrat; die Beträge mußten eingetrieben werden. Schatz- und Säckelmeister bekamen Befehl, die Auflagen an den Friedländer zu zahlen. Nieder- und Oberösterreich mußten steuern in einer nicht gekannten Weise: Karossen- und Kutschensteuern wurden eingeführt, Schlittensteuern; jeder Eimer Ungarwein schlug für den Kaiser mit fünfzehn Kreuzern auf, Bankiers und Juden entrichteten eine zweiprozentige Vermögensabgabe, fünf Gulden hatten in allen Erblanden zu zahlen Baumeister, Organisten, Schulmeister, Musikanten, Spielleute, Mesner, Rauchfangkehrer; zweiundfünfzigtausend Gulden monatliche Kontribution die Bauernschaft in Oberösterreich. Und wie man nicht wußte, woher noch mehr nehmen, als die Beträge für den kaiserlichen Hofstaat und die herzoglichen Ansprüche nicht reichten, kam aus Gitschin die höhnische Anregung: Vermögenskonfiskationen aus religiösen Gründen vorzunehmen. Anton und andere Herren rebellierten; nur die Jesuiten bissen, wie sie es hörten, scharf an. »Wie hat sich der Herzog geändert«, lachten sie heftig, »wie hat er sich gesträubt bei der Restitution der kirchlichen Güter.« Die Kalamität in einigen Hofämtern wurde unmittelbar dringend; man ließ sich stoßen.
Ein kaiserliches Patent im Beginn des neuen Jahres bestimmte für das Herzogtum Österreich unter der Enns, daß jede adlige Person, die nicht der heiligen römisch-katholischen alleinseligmachenden Religion zugetan sei, binnen vierzehn Tagen bei Verlust ihrer adligen Freiheiten, bei Vermeidung kaiserlicher höchster Ungnade, Leib- und Geldstrafe sich in Person durch den Hofkammer-Türhüter anmelden lassen solle. Wer sich nicht bequemte, wurde verwiesen oder hatte einen Revers zu unterschreiben, in Kürze das Land zu verlassen; von seinem Vermögen fiel ein Teil an den Kaiser. Nichtkatholische fremde Kaufleute wurden ohne weiteres Landes verwiesen unter Konfiskation ihrer Handelsware und eines beliebigen Teils ihres Geldbesitzes.
Den meisten Räten wurde flau bei der Maßnahme; vor den Berechnungen der Finanzleute wichen sie zurück. Nur einige am Hofe wußten, daß man schon in Verhandlungen stand mit reichen Männern, getrieben von Wallenstein, um Städte zu verkaufen, in Ungarn und anderswo, die sich unter kaiserlichen Schutz gestellt hatten, kaiserliche Schutzstädte – ein tief beschämendes Vorhaben, vor dem man immer wieder zurückzuckte.
AUS NÜRNBERG war von dem Schweden der Mann abgewichen, den er »Majestät«, »Königliche Würde von Böhmen« nannte,
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