Wallenstein (German Edition)
Antwort schuldig bleibe: die Welt sei zweierlei, Jesus Christus sei für die Welt geboren, zur Unterwerfung des Bösen; ohne den Heiland seien sie ja nicht Christen. »So sprecht«, winkte Ferdinand. Da seufzte Trautmannsdorf, sie seien schon genötigt, sich auch dann für Christen zu halten, wenn sie Verrat oder drohenden Verrat abwehrten, mit Gewalt, da es so erfordert werde. Ich muß hören, dachte es in Ferdinand, was hier alles auf der Welt vorgeht. »Ihr müßt denken«, Eleonore, streng aufgestellte Augenbrauen, »keinen Verrat aufkommen zu lassen, der Euch zu entsetzlichen Dingen nötigt. Jesus braucht nicht gelebt zu haben, wenn Ihr nichts weiter könnt, als auf eine Untat so zu antworten.« »Ich weiß, ich weiß. Oh, wie gut empfinden Majestät das. Ist doch die Aufgabe des Staatsmannes und Politikers nicht besser als eines Scharfrichters oder Schindknechtes. Ich habe nur den Trost, daß das Evangelium nicht ganz den Stab über uns bricht; es hat auch den Satz: ›Gebet Gott, was Gottes ist, und dem Kaiser, was des Kaisers ist.‹« »Ihr seid schlau, Graf Trautmannsdorf. Ein schlimmes Gewerbe habt Ihr.« »Wir haben nicht den Wunsch, gegen den Herzog zu Friedland schlimm zu verfahren. Er wird sich biegen lassen. Wie schlimm stand es auf dem Kollegialtag zu Regensburg. Wir beten, daß Gott uns nicht verläßt.« »Ich aber«, hob Ferdinand langsam beide Hände gegen ihn, »will Euch fragen, Trautmannsdorf, warum wir denn schlimme Gewalt anwenden müssen, wenn uns der Herzog verrät.« Da schwieg der Graf. »Könnt Ihr es beantworten, Trautmannsdorf.« Der stammelte, versuchte zu lächeln, blickte auf die fahle Mantuanerin: »Ja, nein, ich kann schlecht verstehen.« »Besinnt Euch, Trautmannsdorf.« »Ich weiß schwer, was ich antworten soll.« »Wenn uns der Herzog verrät, müssen wir ihm gehorchen?« Eleonore saß aufrecht; Ferdinand sah sie und den Grafen triumphierend an. Stammelnd errötend Trautmannsdorf: »Ich bedaure, daß unser alter Fürst Eggenberg nicht zugegen ist; er weiß vielleicht rascher als ich Antwort.« »Ich weiß; ich habe Euch gebeten, ohne ihn; ich will Euch hören.« »Eure Majestät wird den Thron verlieren, wenn sie nicht dem Herzog gehorcht.« »Trautmannsdorf, achtet auf, du auch, Eleonore, achte auf. Diese Antwort hat eben Fürst Eggenberg, mein lieber Freund, gegeben. Jetzt wird Trautmannsdorf sich äußern: wem ist der Kaiser untertan?« »Nur Gott.« »Dem Herzog zu Friedland nicht?« Der Graf schwieg. »Und ferner: bin ich dem Throne untertan? Denn ich soll den Thron verlieren.« Auch Eleonore hing gespannt an ihm. »Wenn ich aber Kaiser bin, bin und nicht Lust habe zu gehorchen?«
Mitleidig senkte der kleine Graf den grauen Kopf; leise und langsam: »Versuche Eure Majestät es einmal, so – ungehorsam zu sein. Ich sagte schon, der Erfolg wird uns nicht behagen. Der Herzog wird über Wien fallen, wir werden in Wien sitzen, vielleicht im Kerker; vielleicht liegen wir unter der Erde.« Ferdinand hob die Hände: »Ich werde nicht unter der Erde liegen.« Eleonore bitter: »Wie spricht der Herr Graf. Es soll nicht erlaubt sein, solche Gespenster an die Wand zu malen.« Fast höhnisch Trautmannsdorf: »Gespenster werden wir sein.«
Hauchend Ferdinand: »Sieh an – das hat schon Lamormain gesagt. Und so hat es ein Witz gefügt, daß ich jetzt Krieg gegen den Mann führe, dem ich mein Leben, die Krone und noch manches verdanke. Denn ich wäre doch schon längst Gespenst nach Eurer Theorie, wenn er uns nicht geschützt hätte.« »Wir wollen«, der Graf mit leichter Verbeugung, »nur dem Kaiser geben, was des Kaisers ist.« »Mir?« zuckte Ferdinand; seine Stimme schwoll an; er schrie: »Soll das meinetwegen geschehen? Meinetwegen? Eleonore, meinetwegen! Der Herzog hat uns befreit von – ich sage nicht welchen Ketten, er hat uns getragen und hochgehoben. Ich werde nicht unter der Erde liegen. Dahin ist es gekommen! Wodurch, wodurch!«
Der Graf war zurückgetreten, Ferdinand leichenfarben, zitternde Knie, brüllte vor ihm: »Ich – will – nicht.« Trautmannsdorf sehr leise: »Majestät befehlen.« Die Arme hochhebend über seinen Kopf Ferdinand: »Ihr werdet nicht auf mich hören. Ich gehorche nicht. Man wage nicht, mich ins Spiel zu ziehen. Ich werde es nicht zugeben. Ich werde mich auf seine Seite stellen, wenn Ihr etwas wagt. Ich – bin – der Kaiser.« Die Mantuanerin umschlang ihn weinend: »Geht, Herr Graf!«
Ferdinand ließ die Arme nicht herab: »Nicht –
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