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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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So schwankend sei die Lage, daß nichts Unvorsichtiges und Heftiges geschehen dürfe. Sie veranlaßten die Kriegskanzlei, freundliche ehrerbietige Briefe nach Pilsen zu schicken; sogar der Kaiser, dem man damit noch eine Freude zu machen gedachte, wurde bewogen, als läge nichts vor, an seinen großen General zu schreiben. Oñate drang mit seiner Wildheit nicht durch; man horchte ihn nur aus, band ihn entsetzt fest an die Konferenzen.
    Mit dem Baron Breuner pflog der kleine Abt Anton stille und leidenschaftliche Unterhaltungen, von denen er nichts in die Kommission zu tragen wagte. Die Schuldenlast des Erzhauses war unerhört gestiegen; mit gräßlicher Beredtheit wies Breuner, der nicht zur Schlickpartei gehörte, ein ruhiger edler Kavalier, darauf hin, daß ja die Einnahmequellen des Hauses von Wallenstein planmäßig verstopft würden; er brächte nichts mehr an Kontributionen wie früher ins Land hinein, aber lagere sich in Böhmen, Mähren; man müsse Österreich schröpfen – für ihn, für ihn; und dafür müsse man ihn angehen um der notwendigsten kaiserlichen Bedürfnisse willen. »Er hat uns beim Schopf«, winkte Breuner, »er ist kein Esel. Zu guter Letzt kann er uns wegwerfen wie nichts, so faul leer und leicht sind wir.« Anton, der keine Blumen bei sich hatte und dessen Finger die weichen Blüten vermißten, ging jammernd herum, zupfte an den Vorhängen des kleinen Zimmers. Was bliebe, höhnte Breuner, dann übrig, als daß man die Kronjuwelen eines Tages verpfände an ihn, die Erblande sind schon seine Sicherheit. »Ich wette, eines Tages zieht er an mit zehn zwölf Regimentern, verlangt Bezahlung, wenn wir ihm zu stark zusetzen.« »Ja, das ist es, man darf ihm nicht stark zusetzen. Wir wissen nicht, wohin wir ihn treiben können.« »Mehr als auf den Thron setzen kann er sich ja nicht.« »Mein Gott«, stöhnte Anton. »Mein Gott, Herr Abt; unser Herrgott verlangt Zugreifen. Wir müssen wissen, was unseres Amtes ist. Schrecklich, schrecklich sind wir im Sumpf, kaum ahnt es einer. Fürst Eggenberg will es nicht glauben. Ihr wißt es ja selbst. Bassewi war einmal unser Gehilfe. Jetzt hat ihn der Friedländer im Sack. Die Judenschaft läßt uns im Stich. Sie wollen dem Kaiser nichts geben. Wir können nicht weiter.« Anton stöhnte: »Wir haben nichts.«
    »Was«, brüllte Breuner, »wir haben nichts? Der Herzog hat uns ausgeraubt. Wir sind betrogen und geplündert worden.« Anton rieb unglücklich die Handteller aneinander. »Jetzt – in diesem Augenblick – ist Habsburg wirklich besiegt.« »Er hat uns im Sack. Er läuft uns nicht so davon«; Breuner knirschte und tippte den Abt auf die Brust, »er ist der ruchloseste schamloseste Mensch.« »Was wollt Ihr. Er ist in allem ein Unhold.«
    Was sie tun sollten. – Was sie tun sollten? Mit ihm? Niederschlagen. – Geduld, bettelte Abt Anton, der Herr Baron solle sich doch zusammennehmen, was käme bei solchem Schmähen heraus. – »Ihr kennt mich als ruhigen Menschen. Ich hab’ es mir lang überlegt. Wir sind in der Notwehr. Wir können uns nicht behaupten. Wir sind die Herren, er der Diener; das Wasser steht uns schon am Kinn. Sind wir darum das Haus Habsburg, daß wir uns von ihm wie von einem Strolch hinwerfen lassen und zum Schluß noch den Hals hinhalten.« »Habsburg hat Jahrhunderte durch geblüht. Es hat das Christentum verbreitet. Es ist undenkbar, daß es untergeht.« »Es wird nicht untergehen, Ehrwürden. Uns ist nicht mehr viel geblieben; wir sind aber nicht ganz waffenlos. Wir werden uns mit den Zähnen verteidigen.«
    Anton: ob der so erregte Baron es nicht für möglich halte, daß der Herzog auf erstickende Machtmittel verzichte; daß er vielleicht herausgebe, was ihm nicht zukomme. – Dieser Dialekt ist dem Friedländer unbekannt. – Aber er müsse es herausgeben; er müsse sehen, daß Habsburg und das Haus Friedland sich nicht darum zanken könnten, wie die Dinge einmal liegen; es sei ja Wahnsinn. – Möge der Herr Abt hoffen; er, der Breuner, sage voraus: dieser böhmische Adlige pfiffe auf den Rang und die Jahrhunderte des Hauses Habsburg; und er hätte, im Vertrauen gesagt, recht damit: denn man könne auf einen pfeifen, der einen leeren Säckel habe und den man über den Haufen schießen könne. »Euch fehlt der Mut im hohen Rat, Herren; Ihr könnt auch schlecht sehen. Babbelt weiter, beratet, der Friedländer wird Euch gut bedienen. Verwehrt es andern nicht, daß sie das Haus Habsburg und die heilige Kirche für mehr als

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