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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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mei-net-wegen!« Sie stellte sich vor ihn; Ferdinand über sie weg: »Wodurch werde ich zu solchem Wahnsinn getrieben. Nichts soll meinetwegen geschehen. Jetzt vergewaltigen sie mich zu Schande und Erbärmlichkeit.« Die Kaiserin flehte nach rückwärts: »Geht, Herr Graf.« Sie führte ihn rasch an die Tür.
    »Ernüchtert ist er«, höhnte der Kaiser, mit anklagendem Ausdruck am Fleck stehenbleibend, »hinaus. Hinaus. Was haben sie im Kopf, das ich alles muß. Von mir bleibt nichts übrig. Was habe ich früher mich gewunden, daß ich vor dem bayrischen Maximilian betteln mußte. Aber das!«
    Er brüllte: »Dienen! Dienen! Ich – will – nicht!« Dröhnend.
    An den Wagen mit den Füßen gebunden, über Steine und Äste schleifend, Hände und Kopf aufruckend, niederklappend.
    Nach Wolkersdorf. In den Wald. Wie auf Wellen, gleitend, sinkend, gehoben. Die Füße rasselnd gegen Steine. An der Kohlenbrennerei vorbei; zwischen den kahlen Stämmen irrend durch Stunden.
    Laues tauiges Wetter. Die Waldschneise. Der braunbärtige Einsiedler, dessen rechte Gesichtshälfte aus tiefen Geschwüren eiterte, fragte vor der Höhle, was er wolle. »Euch zusehen.« Aber diesmal waren die Augen des fremden Handwerkers so begehrend, daß der Fromme vor der Höhle blieb und unter dem Vordach murmelnd betete.
    Nach langer Zeit fragte er: »Was ist Euch geschehen? Sprecht, sprecht, guter Mann. Erleichtert Euch.« »Es ist nicht nötig, daß ich spreche. Ich komme zu Euch. Will Euch hören. Euer Gesicht ist zerfressen; seid Ihr deswegen aus der Welt gegangen?« »Nein.« Der Einsiedler hockte vor ihm, faßte ihn am Kinn, vertiefte sich in sein Gesicht, das er mit den Augen fast aufwühlte und umpflügte. Ferdinand griff inbrünstig nach seinen Händen. Der Einsiedler zog ihn in die Höhle.
    Drin ließ ihn Ferdinand kaum auf das hohe Strohlager sich setzen, so stammelte, ächzte er: »Was, was ist es, sagt mir, was ist es mit dem Satan?« »Du hältst mich für einen Teufelsbanner?« »Nein, nein.« »Du glaubst, daß ich mich ihm verschworen habe, weil ich gezeichnet bin.« »Nein.« »Warum fragst du. Ich gehöre zu seiner Synagoge, glaubst du, ich habe mich vor euch versteckt, habe eine Salbe, laufe als Wolf herum. Darum kommst du hierher. Du bist Soldat, ich soll dir helfen.« »Nein.« »Wo ist der Schatz, den ich für dich heben soll.« Sein Knie berührte Ferdinand. Während sich die Augen anfunkelten, verzerrte sich das Gesicht Jeremias’, ein hoher Ton wie das Piepsen eines kleinen Vogels kam aus seiner Kehle: »Du bist ihm begegnet. Ich sehe es ja; du bist besessen. Du kennst ihn.« »Ich weiß nicht.« Flüsternd Ferdinand: »Bruder. Was ist mit ihm.« Der lachte verzerrt, redete hastig: »Kein Gott kann so grausam sein wie das ist, was die Welt gemacht hat. Weißt du das?« »Ja.« »Siehst du, siehst du, du sagst ja, du wagst nicht nein zu sagen.« »Ich werde dich nicht verraten.« »Bruder, du wirst mich nicht verraten. Es ist alles Teufelswerk. Du brauchst keine Angst vor dir zu haben. Es gibt nur einen Teufel. Gott gibt es nicht. Den Teufel gibt es. Er ist so sichtbar, für alle Augen erkenntlich wie etwas. Alle Zeichen, die für den Bösen gelten, sind erfüllt. Die Verblendung ist unermeßlich.« Ferdinand warf sich auf den nackten Boden, zitterte: »Das weißt du. Und die heilige Kirche.« »Sei stark, wenn du suchst, Bruder. Wir müssen es ertragen. Ermatte nicht zu rasch.« »Ich höre.« »Jesus Christus hat es gewußt, Bruder. Ihn hat nicht Maria zur Welt gelockt und die Liebe Gottes: er hat das Böse vorausgefühlt und den Menschen dazu und wollte uns die Last tragen helfen. Sieh, Jesus ist dagewesen; er hat sich erbarmt, niemand kann die Fülle seines Erbarmens fassen. Er hat die Menschen gesehen, die Sünde gesehen, der Satan selbst ist an ihn herangetreten; man muß darüber mit Raschheit hinweggehen, was Jesus mit dem Satan besprochen hat. Niemand weiß es, es hat es uns niemand gesagt. Sein Leben unter den Aposteln blieb in Dunkel gehüllt. Er ist schnurstracks seines Wegs gegangen und keiner hat sein wahres Gesicht sehen können. Niemand weiß es. Ich – Bruder –« »Was ist dir?«
    »Komm neben mich. Ich kann zu dir sprechen. Ja, du bist auch besessen. Du wirst mich nicht verraten. Willst du mir etwas glauben, willst du mich nicht für einen Schelm oder Trottel halten.« »Ich bin zu dir gekommen.« »Ich will dir erzählen. Wie meine Wange hier einsank, war es eine Angst, die ich hatte, plötzlich, eine

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