Wallenstein (German Edition)
Augen auseinanderirrten, wie immer, wenn er sich entschloß: der Herzog brauche sie, er sei hilflos ohne sie, die Reihe sei an ihnen, einzugreifen. Später: daß Friedland von Abdankung rede, geschehe, um sie herauszufordern; er wolle wissen, woran er mit ihnen sei.
Das half Trzka auf die Beine; er fluchte, es sei schmählich, so vor Schlick zurückzuweichen. Dann hielt Ilow fest, die Kriegsoffiziere, einschließlich Generalspersonen und Obersten, müßten alarmiert werden; Wallenstein sei der Entschluß, zu gehen, bei ihrer Listendurchsicht gekommen, sein Glaube an die Zuverlässigkeit der Truppen schwanke.
Die rücksichtslos in der Dunkelheit hereingerufenen und im Moment befragten Obersten, fünf, sechs, waren bis zur Verwirrtheit erschrocken und gaben eine Äußerung mehr oder weniger kläglich von sich: wie es mit ihren Gehältern werde und mit ihren Ausständen beim Kaiser, für die Wallenstein gebürgt habe, und mit den Vorschüssen, die sie von ihm erhalten hätten.
Von Ilow, Trzka, Neumann und Kinsky besorgten durch Briefe und Besuche am grauenden Tag die Herbeirufung und Orientierung der Generalspersonen und Obersten der in der Nähe liegenden Regimenter. Bei der dann am Abend stattfindenden Besprechung im Pilsener Stadthaus berichtete Neumann, in feinen Franzosenschuhen auf einen wackligen Tisch steigend: der Entschluß sei offensichtlich dem Herzog nach einem beleidigenden Ansinnen der kaiserlichen Delegierten gekommen; es handle sich um dieselben Punkte, über die die Herren Obristen schon einmal auf Geheiß Ihrer Durchlaucht beraten hätten: Abmarsch aus den Winterquartieren, die Spanier und wie und unter welcher Eskorte der Nachfolger der niederländischen Infantin aus Mailand nach Brüssel reisen sollte. Schon da schrien einige Offiziere: »Das kennen wir schon!« »Er soll in Mailand bleiben.« Es handle sich eben um Abgabe von Truppen, setzte nach beruhigenden zustimmenden Handbewegungen der kluge Neumann fort, sich auf seinem Tisch ausbalancierend. Diese Frage könne nicht am grünen Tisch in Wien entschieden werden. Ob etwa der Pater Lamormain neuerdings auch für Strategie kompetent sei. Unter dem Gelächter kam es einige Zeit nicht zum Fortgang der Erörterung, sämtliche dem Herzog, Ilow und Trzka verbundenen Obersten waren zugegen. Ihr Urteil war bald fertig, es handle sich um eine der üblen Hofschikanen gegen den Herzog. Die nicht kleine Zahl derjenigen, die eine Änderung der Heeresverhältnisse wünschten, war ohne Zusammenhang; ihr Widerstreben – sie wagten sich nicht hervor – war auch rasch gemildert, als von Ilow tobend ausstieß, daß die Truppenabgabe im selben Augenblick vor sich gehen solle, wo der Herzog einen großen, noch nicht anzudeutenden Schlag vorhabe. Allgemein ausbrechender Lärm, Fragen, Jubel, Durcheinander. Freches Lächeln Ilows.
Der Lärm verhinderte fast, daß eine Deputation unter von Ilow, bestehend aus den Obersten Bredow, Henderson, Losy und Mohr vom Wald gewählt wurde, die sich stracks zum Herzog in die Sachsengasse begaben. Sie wurden von ihm in der Schlafkammer, wo er mit Zenno konferierte, angenommen und unter Dank abgewiesen, da sein Entschluß gefaßt sei.
Am frühen Morgen aber, als sich noch Trzka selbst der erregten Deputation angeschlossen hatte und mit tränenden Augen unter den andern vor Friedlands Bett stand, gab Friedland, still einen nach dem andern prüfend und lauernd anblickend, jedem langsam die Hand – sie durften sie nur an der Spitze der Finger berühren, er konnte sie schwer anheben –, er vernähme Ihr Verlangen, ihn bei sich zu behalten, gern, er denke an ihr Geld und ihre Zukunft; so werde er die Last weiter tragen und sie noch diese schlimme Zeit durch führen.
Von der Deputation wurde auf dem klirrenden Heimgang durch das schlafende Pilsen ein feierliches Freudenbankett beschlossen. Es geschah, daß auf ihm nachmittags von mehreren sonst gar nicht vertrauten Obersten im Überschwang der Erregung die Anregung kam, gemeinsam, wie man hier sei, der durch Krankheit verhinderten Durchlaucht, ihrem weltberühmten Obersten Feldhauptmann, den sie sich wiedergewonnen hätten und der sie weiter zu Sieg und Ehre führen werde, ihren Dank für seine Sinnesänderung und Gnade auszusprechen und durch einen gewandten Schreiber aufzeichnen zu lassen, daß sie zu ihm stünden. Das Schriftstück wurde von dem glücklichen Neumann, dem vor Freude weinenden Trzka während des tosenden Banketts verfaßt. Sie gebrauchten die stärksten Worte:
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