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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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nicht Wallenstein, sondern sie hier als Angeklagte ständen. »So nehmt doch Vernunft an, Herr Graf. Ihr seht meine Daten. Ihr antwortet nichts zur Sache. Greift mich an. Ihr gebt mir fast zu, was ich sage. Oder – seid Ihr nicht allein hier?« »Was?« warf Trautmannsdorf den Kopf herum. »Ich meine, Herr Graf, Ihr steht hier, ich kann Euch wohl sehen und sprechen hören. Aber hier sind noch einige mit Euch, die ich nicht sehen kann. Die sich vielleicht nicht – hergewagt haben.« »Eure Durchlaucht kennen mich.« »Ich weiß, es gibt schon Geister in Wien, die mich lieber am Morgen als am Mittag verspeisen möchten. Einige von ihnen tragen viereckige Hüte und schwarze Röcke. Es könnte auch sein, daß sie einen Mann wie den Trautmannsdorf zu Fall bringen.«
    Der Graf kühl: »Ich habe mir die Regeln meines Denkens in der guten Schule des Aristoteles geben lassen.« »Ich weiß, ich weiß, aber so antwortet doch. Ihr seid weder bestechlich noch dumm.« »Ich will Eure Durchlaucht nur bitten, zu bedenken, für wen wir in diesem Augenblick sprechen. Questenberg und ich. Wir haben die Majestät zu vertreten oder Weisungen von ihr abzugeben. So wollten wir Eure Durchlaucht bitten, und ich besonders – denn Eure Durchlaucht weiß, wie ich Euch anhänge, wie ich Euch nach Vermögen am Hof alle Wege geebnet habe, und daß mich keiner zu Bosheiten gegen Eure Durchlaucht anzustiften vermöchte – ich wollte Euch bitten, gebt uns einen Augenblick nach. Wenn wir auch keine Krone tragen, so sind doch unsere Weisungen da – und was sind wir alle? Vor der Kaiserlichen Majestät?« Hart der Herzog: »Braucht nicht einen darüber aufzuklären, der sein Leben lang für den Kaiser gefochten hat.« »Der Kaiser weiß, was er Euch zu verdanken hat.« »Es scheint aber, andere wissen es nicht.« »Oh, wir –« »Macht mir nichts, ob Ihr es wißt. Macht nichts.« »Wir sind allesamt –« »Kommt nicht darauf an. Meinem Herrn dien’ ich billig und begehr’ es allezeit zu tun nach seinem Willen. Die anderen lassen die Finger von mir. Jeder Verständige kann begreifen, daß ich nicht geneigt bin, von meinem Vertrag abzugehen. Soll keiner mit mir Schindluder treiben. Mein gnädiges Erbieten an Euch, zu verhandeln, wird verachtet und für nichts angesehen.«
    Die Herren schwiegen.
    »Ihr sollt mir antworten, Herr, was Ihr gegen meine Gründe zu sagen habt über das spanische und bayrische Ersuchen. Ich kann die kaiserliche Armee nicht schwächen lassen.« Sie standen immer an einem Fleck; der Herzog wandte sich jetzt, winkte ihnen, ging in das Haus voran.
    Und auf dem Weg tauschte der kleine Graf keinen Blick mit Questenberg, dessen Augen er trostlos an sich fühlte. Er hatte die schwere entscheidende Sache mit sich allein abzumachen; die Kiefer biß er zusammen, seine Stiefelspitzen stießen vor, blieben stehen, stießen vor, blieben stehen. Sand, eine Matte, die Schwelle kam. Es galt, nicht nachzugeben, nichts hören – sprechen, ein Horn vorstrecken; er sagte sich: »Mach’ dich steif, du kleiner Trautmannsdorf, denk’ an nichts, dies muß geschehen, du neigst zu Späßen, dies muß geschehen, höre nichts, dies muß geschehen.«
    Die niedrige stark geheizte Ritterstube, Wallenstein ohne Hut und Mantel, mit hoher Stirn, weißbärtig, Platz anweisend, selbst auf der Bank an dem kleinen bunten Fenster. Dem Trabanten, der den Mantel hinaustrug, schrie er nach: »Türen schließen.« Trautmannsdorf, dem andern ein Schweigezeichen gebend, beruhigte sich und hielt sich mit den Blicken fest an einer nach rückabwärts ragenden Hirschgeweihspitze der Krone an der Decke. Sanft und ohne sich von den funkelnden starren Augen des Herzogs beirren zu lassen, setzte Trautmannsdorf auseinander, daß vor der Kaiserlichen Majestät, wenn man sich ihr nicht widersetzen wolle, wenigstens in einem Punkt alle Unterschiede verschwinden müßten: man sei vor ihr Untertan oder Privatperson. Er führte das bezwingend aus. Der Herzog ließ ihn reden. Er sei Reichsfürst, und dies sei das eine. Und dann sei sein geschriebener und gesiegelter Vertrag da. Man habe schon in einem Punkte seinen Vertrag ohne ausreichenden Einspruch durchlöchert: indem Feria in Deutschland erschien, ohne von ihm dahin beordert zu sein, dann indem sich derselbe Feria seiner vom Kaiser verliehenen Befehlsgewalt entzogen und einen ganz unnützen Posten bei der bayrischen Durchlaucht einnahm. Er werde nicht nachgeben und tun, was unsachverständige Leute, ohne ihn zu fragen,

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