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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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lakenschleppende Gespenster ein. Man schob sie vor ein offenes prächtiges Zelt, aus dem Musik scholl. Hinter ihnen Würfel, auf Trommeln geworfen, Rauch Bratenduft Gebrüll des Viehs. Die Musik zu Ende, hob Mansfeld den kleinen Seitenvorhang, an dem feine Glöckchen hingen. Hinter einem Tisch mit Weinkannen und Bechern, den abgelösten Degen und Gurt vor sich am Boden zwischen den Füßen, saß barhäuptig, das edelgeschnittene Gesicht ihm zugewandt, der blonde Pfalzgraf, perlmutterweiß die Haut, halb schlafend, die ausgestreckten langen Beine in losen Stulpen, mit Spitzen verziert, die offene Jacke aus blauem gepreßtem Samt, silberne brandenburgische Aufschläge an den Ärmeln; weiß quoll das Spitzenhemd an der Brust und den Ärmeln hervor. Er schien die beiden bestäubten Herren für Traumbilder zu halten, zwinkerte öffnete schloß die Augen. Dann riß er sie plötzlich auf, das schulterwallende Haar schaukelte über die Backen; stellte sich, die Hand auf den Tisch stemmend, auf die Beine, erkannte sie, streckte beide Arme nach ihnen, während ihm die Knie zitterten.
    Dann nahm er aus ihren Gesichtern sein Verhängnis hin.
    Er hielt ihre Finger fest; erst als sie nicht vom Boden aufsahen, ging er ein paar Schritt rückwärts, hob seinen Degen auf, setzte sich, ihn über den Knien, an den Tisch; liebevoll und leise sagte er: »Nun ist wohl Zeit, meine lieben getreuen Herren, daß ich mich für einige Weile aus dem Spiel zurückziehe. Mein Land hin, mein Kurhut hin, meine Kinder Bettler, meine Untertanen Papisten.«
    Mansfeld zischte den langen Braunschweiger an: »Gibst du’s auf, Christian? Gehst du zu Max?«
    »Spotte Er meiner nicht.«
    Mansfeld, nach einigem Zögern, klirrte dicht an den Stuhl des Pfalzgrafen, rauh sagte er: »Kann mich nicht entschließen, dem gottverdammten Habsburg Dienste zu tun, Herr Pfalzgraf, verzeiht mir. Muß mich entschließen, Euch den Dienst aufzukündigen.«
    Der Pfalzgraf lächelte todernst: »Nur eine Weile. Habt Geduld mit mir. Der Dachstuhl brennt bei mir, gedenk’ es bald zu schaffen.«
    »Bis sich der Herr erholt hat, sei Er meiner, des Mansfeld, sicher.«
    »Habt Geduld, Mansfeld.«
    Christian kniete tobend, die Fäuste sich vor der Nase schüttelnd: »Gehört Euch jegliches Knöchelein meines Leibes, Herr Pfalzgraf. Ist noch nicht aller Tage Abend. Bin selber krank, bis ich nicht in Papistenblut gebadet hab’.«
    Sie schütteten sich am Tisch Wein in den Hals. »Herr Pfalzgraf, Mut!«
    »Geht jeder von uns seiner Wege, Ihr Herren«, stöhnte Friedrich, die feine diamantengeschmückte Hand vor den Augen.
    Aber während der hitzige Bastard auf die Platte donnerte, schluckte der geschlagene Pfalzgraf hinter seinen verschränkten Händen Tränen mit Wein gemischt. »All verloren, all verloren«, schrie er in seiner Trunkenheit.
    Ließ seinen Musterplatz dem Mansfeld. Nach Sedan brach er scheu auf, wo der Herzog von Bouillon wohnte, sein Oheim und Erzieher, der strenge Calvinist. Hielt mit der üppigen Elisabeth kleinen dürftigen Hof, jagte, schlug Ball.

    ZU LAMORMAIN, seinem Beichtvater, sagte der Kaiser: »Ich werde gedrängt, abzudanken.«
    Erschreckt schloß der Pater den roten Teppichvorhang, der den offenen, nach dem Garten führenden Erker gegen die Schlafkammer abgrenzte, in der sich zwei Kammerdiener bewegten. Still sprach der Kaiser, mit den Knien an die Knie des Jesuiten stoßend, der dicht an ihn gerückt war: »Sie müssen aber noch Geduld haben, die mich drängen. Ich habe Pflichten gegen mein Haus. Mein Sohn hat Anspruch auf meine Unterstützung. Ich muß ihn in den Sattel setzen.«
    Lamormain, in die Handteller blickend, schüttelte den geschorenen eckigen Kopf: »Majestät führen eine Regierung, die Gott und die Heiligen sichtbar segnen. Bis in die letzten Tage hinein. Wir müssen gehorsam gegen Gott sein; er hat seinen Willen ausgesprochen, es darf nicht beim Dank verbleiben. Sein Segen bindet.«
    »Ich muß den Ferdinand erst in den Sattel setzen, dann mögen die Herren recht haben. Ich vermag dann nicht länger hier zu sitzen; Pater, glaubt es mir. Sagt ihnen, sie möchten sich solange gedulden.«
    Zwischen seine Hände hatte der Pater die rechte heiße Hand des zusammengesunkenen blicklosen Mannes vor sich schlüpfen lassen; bedeckt und umschlossen von den starken Fleischmassen, zwischen den Knochengittern lag sie da; der Luxemburger flüsterte: »Römische Majestät sind von einer argen Schwermut befallen. Ich werde niemandem etwas berichten. Aber

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