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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Leinentüchern verhängt. Ab und zu, wenn das Licht stillstand, blinkten goldene Ovale von der Wand, mit sanften Szenen ausgemalt, Rehe, die aus einem Mondgehölz äugten, weidende Pferde. Kein Laut in dem windgerüttelten Haus; bisweilen eine schwache entfernte Stimme, Gemurre, das sich steigerte, als ob im andern Stockwerk Stühle geschoben würden, viele durcheinander sprächen.
    Plötzlich trat hinter zwei Kerzenträgern Stralendorf aus einer im Dunkel liegenden Tür. Der Soldat dröhnte die Treppe herunter. Verlegen und langsam, unter Verbeugungen äußerte der Graf, es seien einige Herren zu einer Besprechung bei ihm; es hielte schwer, sie zu verabschieden; ob die Angelegenheit des ehrwürdigen Gastes sich vielleicht in Kürze erledigen lasse. Lamormain fragte ruhig und den Herrn fixierend nach den Namen der Herren; er fügte hinzu, ehe der Herr, der sich den Bart strich, zu einer Antwort gelangt war, es ließe sich vielleicht ermöglichen, daß beide Besprechungen zusammengelegt würden, dies wäre wenigstens ihm das Genehmste, und er dürfe wohl annehmen, daß im Hause des frommen Grafen Stralendorf nichts verhandelt würde, was nicht ein Kind der Gesellschaft Jesu anhören könnte. Er lächelte unverbindlich. Stralendorf schwieg, verbeugte sich, schwieg. Dann sagte er entschlossen, nach der Hand seines Gastes greifend, es sei in der Tat das Bequemste; es sei in der Tat ein glückliches Zusammentreffen; der Pater möchte bei der Unterhaltung nur nicht vergessen, was er etwa ihm Besonderes zu offenbaren hätte.
    Das Zimmer, aus dem das Geräusch drang, lag nur zwei Säle entfernt in demselben Stock. In dem engen gewölbeartigen Eckraum, unter den weißen Lichtern von vier Paaren hoher Wandkerzen fuhren die Herren auseinander, die sich mit weitauslangenden Gesten gegenübergestanden hatten, und wichen gegen die Wand. An sich herunterzeigend bat der Jesuit um Verzeihung; er sei auch in dem sonderbaren Kleid der Freund der Herren, Lamormain. Auf einem Tisch am Winkel standen Krüge und Weinbecher; Wein war über den roten steinernen Boden ausgegossen; die Gesichter der Herren erhitzt; zwei Offiziere in Elenkoller hielten sich ihre Degen vor die Brust. Questenberg klobig pausbäckig, rittlings auf einem Schemel, trank ruhig weiter nach dem Eintritt des riesigen Mannes im Schafspelz, hielt über die Lehne vor sich gestreckt seinen Becher. Stralendorf lächelte, die Herren möchten sich in ihrer Unterhaltung nicht stören lassen, sie wüßten, wer der Pater Lamormain wäre. Vergeblich ersuchte der Pater, indem er sich still in den Winkel setzte, fern von den andern, sie möchten seine Gegenwart nicht beachten. Er fühlte selbst die kriegerische Stimmung, in die er geraten war.
    Man schwieg hartnäckig. Der hagere Vizekanzler füllte einen gläsernen Jungfernschuh mit rotem Traminer. Schon stand einer der beiden Obersten auf, rüttelte an seinem Schemel, stieß einen halblauten Fluch aus. Da rekelte sich der feiste Questenberg, lüftete seinen spanischen Kragen, füllte sich die Backen mit Wein und fragte schluckend, mit einem stieren Blick auf den ruhig beobachtenden Pater, wer den ehrwürdigen Gelehrten geschickt hätte. Der Oberst, einfallend, machte sporenrasselnd Front gegen den Gast: »Der Herr kommt gerade recht und wird uns wenig verdrießen, von ihm belauscht zu werden. Was wir anbringen, mag gut in seine Ohren gehen.«
    »Was könnte wohl den Herrn Julian zu der Annahme verleiten, daß mich jemand geschickt hätte? Und wer sollte das wohl sein?«
    Questenberg polterte: »Geht weg, Oberst. Ehrwürden, es trifft uns überraschend. Trink’ Er, Oberst, und lass’ Er’s gut sein.«
    Der spitzbärtige Offizier, als wenn er in lustiger Kompagnie wäre, intonierte lachend herausfordernd das Spottlied auf den Pfälzer Friedrich: »Das Heidelberger Faß gar groß, vor Zeit voll Wein, jetzt bodenlos.«
    Lamormain nickte herüber: »Vortreffliches Lied, vortrefflich gesungen.«
    Der Soldat, dunkelrot im Gesicht, mit schwarzen Blicken, die Stirn runzelnd: »Denkt der ehrwürdige Herr mich zu foppen?«
    »Bewahre Gott.«
    »Er will mich foppen und wird es bereuen.«
    Questenberg stampfte mit den Füßen, brünstig sich schüttelnd: »Weiter, weiter, die Herren!«
    Behaglich seufzte der Priester: »Sag auch: weiter, weiter. Aber hilft doch nicht; muß mir alleine weiter singen: ›Er sitzt darauf, sehr schwach und krank vom böhmischen Bürgertrank; sein Magen nicht mehr dauen kann.‹«
    In den hallenden Lärm schrie

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