Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
Vom Netzwerk:
seiner Stirn bis hinunter zum Hals war Halls
Gesicht von etwas bedeckt, das einem Kuhfladen aus eingetrocknetem Blut glich.
    Don wollte
an der Stelle verharren, an der er stand, doch seine Beine bewegten sich
einfach weiter, bis er neben dem Taucher auf die Knie sank. Zugleich waren
seine Hände, die Hände eines Arztes, auf der Suche nach etwas, das sie tun
könnten - doch als er in der roten Pampe herumstocherte, drehte sich ihm der
Magen um, und er musste sich vorbeugen, um sich nicht zu übergeben.
    Sein Herz
begann erneut zu flattern, und er suchte zwischen den Arzneimitteln in seiner
Tasche herum, doch das Einzige, was seine Finger zu fassen bekamen, war ein
eckiger Gegenstand aus Kunststoff.
    Als Don
ihn hochholte, sah er, dass er sein Handy in der Hand hielt. Er schaltete es
an; die Anzeige der Batterie befand sich weit im roten Bereich. Und während er
weiterhin versuchte, seinen Brechreiz zu unterdrücken, begannen seine Finger
nach den drei Knöpfen zu suchen, die mit eins, eins und zwei beziffert waren.
     
    Solröd
Strand
     
    Ein paar
Zentimeter unterhalb der Fußstützen aus gefrästem Aluminium rauschte der
Asphalt der Öresundbrücke vorbei. Oberhalb der Karbonverkleidung des Motorrads
lag Elena mit ihrem schmalen Brustkorb gegen den schneeweißen Tank gepresst.
Seit sie die Federung umgestellt hatte, gab es fast keine Dämpfung mehr zwischen
ihrem Körper und den rotierenden Reifen, und sobald ein Riss oder eine
Unebenheit in der Straße die Maschine erfasste, musste sie die Erschütterung
mit der Kraft ihrer Oberschenkel ausgleichen. Alles nur, um sich zu voller
Konzentration zu zwingen und zu verhindern, dass die Bilder wieder auftauchten.
    Doch dann
waren sie wieder präsent - der Körper des Tauchers, der langsam ins Gras sank,
und all das Blut, das aus seinem Gesicht strömte. Wenn die Flasche in ihrer
Hand keinen abgeschlagenen Hals gehabt hätte, wäre es leichter gewesen, eine
Ausrede zu finden. Dann hätte sie sagen können, dass sie versucht hatte, so
wenig Gewalt wie möglich anzuwenden, und dass der Schlag mit der Flasche im
Affekt unnötig stark geraten war.
    Doch so
war es nicht.
    Stattdessen
hatte sie die Weinflasche ganz bewusst gegen einen Stein geschlagen, bevor sie
sie mit der scharfkantigen Seite mit voller Kraft gegen eine Stelle am Kopf
des Schweden schleuderte, von der sie wusste, dass sie relativ ungeschützt und
empfindlich war. Sie hatte immer noch den Geruch seines Unterleibs in der Nase,
konnte sich aber nicht erinnern, wie es aussah, als das Glas eine tiefe Kerbe
in seine Stirn schnitt.
    Die
nächste Erinnerung war lediglich ein Geräusch: das Knirschen seiner
Gesichtsknochen, als sie riss und zog, um den Flaschenhals wieder aus
Nasenbein und Augenhöhle herauszuziehen. Daraufhin folgten einzelne
Erinnerungsfragmente, wie sie ihre Jacke und die Stiefel anzog. Zu dem
Zeitpunkt war ihr auch das stotternde Motorengeräusch aufgefallen, das sich
auf der Straße oberhalb des Kiefernwaldes näherte.
    Dann sah
sie sich selber den dunklen Pfad entlanglaufen, wo sie am Zaun angelangt ihre
eigene Verwunderung darüber spürte, dass sie die Flasche immer noch in der Hand
hielt. Sie hatte ausgeholt und sie so weit weggeworfen, wie sie konnte, bis sie
sie schließlich irgendwo im dichten Gestrüpp landen hörte. Als sie sich
umdrehte, um wieder zum Haus hochzulaufen, wurde sie von zwei Scheinwerfern
geblendet. Das fremde Auto hatte gebremst und auf dem Weg vor dem Zaun geparkt.
Dort stand es mit eingeschaltetem Licht, während sie in ihrer Verwirrung
ausschließlich damit beschäftigt war, ihr Kreuz in Sicherheit zu bringen.
    Sie war
erneut losgelaufen - dieses Mal auf das Waldstück hinter dem Haus zu, in dem
sie ihr Motorrad versteckt hatte. Als sie dort angelangt war, hatte sie das
helle Metallkreuz in ihr Regencape gewickelt und hielt das Paket nun fest zwischen
ihren Oberkörper und die Maschine gepresst und schoss durch die pechschwarze
Nacht hinweg.
    Das
nächste klare Bild war ein blaues Schild mit der Aufschrift »Ludvika 17
Kilometer«. Dort hielt sie an und hockte sich zum Pinkeln in den Birkenwald.
Inzwischen hatte sich ihr Gefühlschaos ein wenig gelichtet, und sie sah ein,
dass es ein Fehler gewesen war, das Haus panikartig zu verlassen, ohne einen
Versuch unternommen zu haben, nach dem anderen Geheimnis des Tauchers zu
suchen. Doch jetzt war es ohnehin zu spät umzukehren; was auch immer sie sagen
würden, so hatte sie immerhin das Kreuz bei sich.
    Zurück
beim

Weitere Kostenlose Bücher