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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Kiesweg entlang auf das Tor
zuging, fiel ihm ein, dass er die Postkarte immer noch in der Hand hielt. Er
ließ sie zerstreut in die Innentasche seines Jacketts gleiten, wo sie durch
die aufgerissene Naht hindurchrutschte und bis zum Saum des Innenfutters
hinunterglitt. Erst fluchte er, doch dann fand er, dass sie bis zum Treffen mit
Erik Hall ruhig dort liegen bleiben könnte.
    Im Auto
bewegte er den Sitz so weit es ging nach hinten, schloss die Augen und dachte
an die Postkarte, doch das Clonazepam bewirkte, dass es ihm jetzt wirklich
dreckig ging. Er öffnete die Augen wieder und sah, dass sich das Lenkrad vor
ihm zu einer merkwürdig ovalen Form verzogen hatte, und trotz des geringen
Abstandes fand er nicht gleich die Tür, um ein wenig Luft reinzulassen.
    Seine
Finger waren ganz teigig, als er schließlich den Griff ertastete, und er
musste seinen gesamten Körper gegen die Tür stemmen, um hinauszugelangen. In
der warmen Nachtluft blieb er anfänglich vornübergebeugt hocken und keuchte.
Dann fühlten sich seine Beine an, als würden sie sich mit Kohlensäure füllen,
so dass er sich gezwungen sah, sich irgendwie zu bewegen. Don stand langsam auf
und bemerkte plötzlich, dass er unbewusst umherlief.
    Er musste
eine ganze Weile herumgelaufen sein, als er feststellte, dass er sich unterhalb
des Sommerhauses befand. Vor ihm beleuchtete das Mondlicht den Beginn eines
Pfades. Er schlängelte sich durch die Nacht. War schlängeln wirklich das
richtige Wort ...? Don suchte in seiner Tasche nach etwas, das ihm Klarheit
verschaffen würde, fingerte zwischen Döschen und Einwegspritzen in Plastikverpackungen
herum, während seine mit Kohlensäure gefüllten Beine sich eigenständig auf den
Weg machten und ihn weitertrugen.
    Im
Kiefernwald drängten sich die Bäume immer dichter zusammen, umschlossen ihn
und pressten sich über seinem Kopf zusammen, als wollten sie ihn in einer
Grotte einschließen. Und als es ihm endlich gelang, einige neue Kapseln
zwischen die Finger zu bekommen, ließ er die erste aus Versehen auf den Pfad
fallen, wo er sie nicht wiederfinden konnte, obwohl er mit den Fingern im Boden
danach grub. Schließlich sank er im Sitzen zusammen und fragte sich, wie er in
diesem Zustand nur wieder hochkommen sollte.
    Auf der
Brust spürte er ebenfalls einen zunehmenden Druck, während seine keuchenden
Atemzüge bedenklich oberflächlich und schwach waren, und dann drückte er in der
Dunkelheit wahllos eine Packung auf und schluckte etwas, ohne zu wissen, was,
bis kurz darauf sein Blick erlosch.
     
    Als sich
Dons Augen wieder öffneten, lag er auf dem Pfad im Wald und schaute in den
Himmel. Er fand, dass der Himmel aussah, als hätte er jegliche Farbe verloren.
War er nicht eben noch schwarz gewesen? Jetzt schien es, als wäre er in ein
Beige übergegangen, oder sah es nicht eher wie ein Streifen Blau aus, war es
bereits Morgen? Und wenn dem so war: Gut, dass der Taucher ihn nicht gesehen
hatte.
    Er setzte
sich auf und schaute sich um.
    Ja, es war
Morgen. Irgendwo trällerte eine Amsel, und am Ende des Pfades glänzte etwas,
als wäre dort Wasser. Ins Wasser hinein führte ein T-förmiger Steg, und
seitlich des Stegs war die Oberfläche mit einer üppigen Schicht grüner Blätter
und weißer Seerosen bedeckt. Ganz hinten auf den Holzplanken lag ein
rotgemustertes Hemd.
    Dons
erster Gedanke war, dass der Taucher möglicherweise ertrunken war. Das wäre
zumindest eine Erklärung dafür, dass die Haustür unverschlossen und die Geräte
eingeschaltet waren. Doch dann erblickte er jemanden, der direkt am Waldrand
lag und schlief.
    Um den
Taucher herum glitzerte der Tau, denn er musste es doch sein, der dort nackt im
Gras lag? Um seinen überdimensionalen Kopf herum glitzerte es allerdings
nicht, dort war der Boden mit einer matschigen Pampe bedeckt. Es sah aus, als
hätte sich Erik Hall mit dem Gesicht in einer rostfarbenen Pfütze zur Ruhe
gelegt.
    Er stand
auf und ging noch ein paar Schritte näher, während die Sonne bereits heiß
schien, obwohl sie gerade erst aufgegangen war. Inzwischen waren die
unnatürlichen optischen Erscheinungen vor Dons Gesichtsfeld verschwunden. Und
doch musste das hier eine Halluzination sein, dachte Don, denn es war, als
hätte jemand ein großes Stück aus dem Gesicht des Tauchers herausgerissen - von
der Stirn über die rechte Augenhöhle bis hin zur Nasenwurzel.
    Ein Auge
fehlte, oder vielleicht lag es auch irgendwo dort im Matsch. Es war schwer zu
erkennen, denn von den Locken auf

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