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Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Titel: Wallner beginnt zu fliegen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas von Steinaecker
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auf englisch, wie ich durch die Schlafzimmerwand hören kann. Selten Besuch. Samstags um 19 Uhr verläßt er mit einer Sporttasche das Haus und kommt erst nach 0 Uhr zurück. Zu unregelmäßigen Zeiten, zumeist abends, hört man rhythmisches Quietschen. Es ist davon auszugehen, daß Monsieur Damiens eine Rudermaschine, ein Rad oder ähnliches in seinem Zimmer aufgestellt hat.
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    Wallner sitzt am Schreibtisch über sein Notizbuch gebeugt. Die Beine hat er übereinandergeschlagen. Seine Ellbogen ruhen auf der Tischfläche. Er schreibt sehr schnell mit dem Bleistift, der auf dem Papier ein kratzendes Geräusch erzeugt.
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    Christian Aimard, Anfang 60, circa 1,85 groß, leicht untersetzt, spitze Nase, sich lichtendes brünettes Haar, kennt alle Wege Wallners, weiß, wo er essen, wo er einkaufen, wo er ins Sonnenstudio geht. Er kennt alle bisherigen Putzfrauen Wallners in Paris, tatsächlich hat er sie auf die Anzeigen aufmerksam gemacht, die Putzfrauen sind alle Bekannte Aimards. Aimard ist in Wallners Apartment gewesen. Er hat Wallners Computer und Fernseher angeschaltet, die Kriminalromane gelesen, die Toilette benutzt und sich ein Rumpsteak mit Petersilkartoffeln zubereitet. Wüßte Wallner etwas von Aimard, hätte er bereits seine Route durch das Viertel geändert und sich vielleicht, trotz der Pläne, die Nachbarwohnung zu kaufen, ein anderes Apartment gesucht. Wallner weiß nichts von Aimard.
    Tagsüber ist Aimard in einem Fotolabor eines Supermarchés angestellt. Aimard entwickelt Fotos innerhalb einer Stunde, die Abzüge von digitalen Bildern kann man sofort mitnehmen. Wallner folgt er am Wochenende oder in der Mittagspause, oder er nimmt sich extra frei. Außer es regnet. Aimard haßt Regen, nicht nur spannt er bei Regen einen XXL-Regenschirm mit dem Aufdruck der Sehenswürdigkeiten von Paris auf, sondern er trägt auch neongelbe Regenkleidung mit Extraverschluß an Armen und Beinen, so daß kein Wasser auf seine Haut gelangt. Aimard ist alleinstehend. Er hatte einmal eine Beziehung zu einer jungen Frau, Claire, in Nantes, als er 28 war und noch im Fotolabor seines Vaters arbeitete. Aber Claire heiratete einen anderen.
    Abends steht Aimard auf einer Leiter an der nördlichen Wand seines Schlafzimmers. Die Wand ist fast vollständig mit Fotos von Wallner bedeckt. Während Wallners Aufenthalten in Paris steht Aimard hier an der Wand und klebt die Fotos auf, die er am Tag von Wallner gemacht hat. Bald wird Aimard beginnen, auch an der westlichen und östlichen Wand Fotos aufzukleben.
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    Aimard hat eine Freundin, Anne-Catherine Moureau. Sie ist schlank, ja mager, trägt eine Nickelbrille und hat das blonde Haar mit den grauen Strähnen stets zu einem Zopf geflochten. Nie trägt sie Hosen, immer Röcke mit T-Shirts oder Blusen, weiß. Aimard kannte Moureau vom Sehen, sie kaufte ab und zu im Supermarché ein. Vor zwei Monaten war sie dann zum ersten Mal zu Aimards Theke gekommen, hatte ihm eine Filmrolle übergeben und ihm ihren Namen gesagt, Moureau, wobei sie auf einen Punkt neben Aimards rechtem Ohr schaute. Auf dem 36er-Film waren nur sechs Fotos gewesen: drei von einer weißen Katze mit schwarzen Flecken am Kopf, drei von einer sehr aufgeräumten Wohnung mit Möbeln, die nach IKEA aussahen. Moureau war am Ende der Woche noch mals mit einer Filmrolle zum Fotolabor gekommen, die Woche darauf jeden zweiten, die übernächste Woche fast jeden Tag. Hatten die Fotos zunächst immer ähnliche Ansichten von derselben Katze und derselben Wohnung gezeigt, war auf den Bildern bald gar nichts mehr zu sehen gewesen, das heißt, Moureau hatte Aimard unbelichtete Filmrollen zum Entwickeln gegeben. Wenn Aimard Moureau die Taschen mit den schwarzen Fotos, die sich an den Rändern grau aufhellten, über die Theke reichte, ließen weder er noch sie sich etwas anmerken. Dann war Moureau ein paar Tage lang nicht zum Fotolabor gekommen, und Aimard, der inzwischen wußte, zu welchen Zeiten Moureau einkaufte, welche Produkte sie bevorzugte, welche Gesten sie beim Artikel-in-den-Einkaufskorb- und Artikel-aufs-Band-Legen machte, hatte untertags umsonst seine Theke verlassen, um nachzusehen, ob Moureau nicht vielleicht gerade in einem der Gänge im Supermarché vor den Kompottdosen oder in der Fleischabteilung stand. Nach vier Tagen hatte sich aber Moureau Punkt 12 Uhr an der Theke des Fotolabors eingefunden und sich Bilderrahmen angesehen, die zu einem Sonderpreis angeboten wurden. Aimard, der eigentlich zum ersten Mal nach drei

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