Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)
am Strand spazieren. Sie erzählt dann Wallner, was sie gesehen hat, von dem zugesperrten Fischerschuppen, der angespülten toten Möwe und so weiter.
Wallner zieht sein T-Shirt aus. Daraus, daß seine Haut dabei etwas brennt, schließt er, daß sein Rücken gerötet sein muß. Ana hat die Deckenlampe angeschaltet und gesagt: ‚Dein Rücken ist ja ganz braun.‘
Dann hat sie ein aus Cham mitgenommenes Gel auf Stefan Wallners Rücken aufgetragen. Auch das hat gebrannt.
Wallner ist ins Badezimmer gegangen. Ana und er hatten ihre Zahnpasta zu Hause vergessen. Aber als sie hier, im Ferienhaus, ankamen und das Schränkchen im Badezimmer öffneten, hatte darin, wohl noch von ihren Vorgängern, dieselbe Tube gestanden, die sie selbst zu Hause immer benutzten – und nicht nur die. Auch genau derselbe schwarze Kamm und blaue Fön mit dem Schriftzug Anja , die Wallner besaß, hatten in dem Fach gelegen. Ana hatte gelacht und ‚ist ja lustig‘ oder ‚gibt’s ja nicht‘ gesagt; Wallner jedoch, der den Kamm und Fön im Schränkchen nicht anrührte, damit er sie nicht mit seinen eigenen Sachen verwechselte, hatte seitdem ein merkwürdiges Gefühl gehabt.
Wallner will nach seinem Kamm greifen und hält inne. Er muß aus einer Unachtsamkeit heraus den Kamm neben jenen, den sein Vorgänger vergessen hatte, gelegt haben. Nun ist es passiert: Es ist nicht mehr auszumachen, welcher Kamm welcher ist. Wallner entscheidet sich für den linken. Beim Kämmen hat er das Gefühl, er frisiere einen fremden Kopf.“
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Und sie denkt, daß sie das hier gerade eigentlich nicht tun sollte, weil Esther gleich zu hoffen beginnen wird, daß es vielleicht doch eine Möglichkeit gäbe, daß sie wieder zusammenkämen, und sie überlegt, ob sie nicht vielleicht schnell wieder die Treppe runterlaufen und so tun sollte, als hätte irgend jemand nur aus Versehen die Klingel gedrückt, und dann denkt sie wieder, daß sie im Moment nichts mehr braucht als eine Umarmung von jemandem, der sie kennt, egal, ob der- oder diejenige sie wirklich liebhat und trösten möchte und zu ihr hält oder einfach so tut und das heuchelt, einfach eine Umarmung, damit sie jemanden hat, an den sie sich nach dem Chaos der letzten Wochen und in ihrer Unsicherheit und ihrer Angst, wie es bloß mit ihr weitergehen soll, festhalten kann, und da steht Esther in der Tür, und Esther umarmt sie, hat gleich gemerkt, was los ist, flüstert: „Ist ja gut“ und hält sie und wiegt sie hin und her, und Wendy weint an ihrer Schulter und spürt, wie Esthers Bluse ganz naß wird.
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„Günter Wallner wird wie die anderen Insassen des ICEs nach vorne geschleudert.“
Wendy markiert den Satz und sagt: „LÖSCHEN.“
„Mit einem Ruck wird Günter Wallner aus seinem Sitz gehoben.“
Wendy markiert den Satz und sagt: „LÖSCHEN.“
„Aus den Gepäckfächern wirbeln die Reisetaschen. Günter Wallner reißt die Arme vors Gesicht.“
Wendy markiert den Satz und sagt laut, viel lauter, als es nötig wäre: „LÖSCHEN.“
Sie reibt sich die Augen, die von den letzten zwei Stunden vor dem Computer schmerzen.
Wenn Wendy etwas aus ihren letzten Schreibversuchen gelernt hat, dann ist es, daß sie sich selber nicht unter Druck setzen darf, sonst ist das Ergebnis nur wieder diese peinliche Rollenprosa. Aber sie weiß ja jetzt, was und wie sie schreiben möchte, die letzte Passage über den Urlaub ihrer Großeltern war ja gar nicht so schlecht. Sie macht jetzt vielleicht noch zehn Minuten, und dann ist Schluß für heute. Morgen ist ja auch noch ein Tag.
„Günter Wallner beginnt zu fliegen. Seine geriffelten Gummisohlen ruhen nicht mehr auf der Fußstütze. Wie die anderen Fahrgäste auch wird er nach vorne geschleudert.“
Wendy überlegt.
Dann markiert sie den Satz und sagt: „LÖSCHEN.“
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