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Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Titel: Wallner beginnt zu fliegen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas von Steinaecker
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Schließlich war aber der Dr. Goebbels in der europäischen Koproduktion Hitler – Der Zeichentrickfilm die Chance gewesen, auf die er gewartet hatte und die er keinesfalls vermasseln wollte. Über die Vermittlung Olafs, der eine Bekannte in den Synchronstudios von Babelsberg hatte – nach dem Erfolg der letzten Jahre auch Babelwood genannt –, hatte Costin als Dr. Goebbels vorsprechen dürfen. Würde er den Dr. Goebbels bekommen und dann der Film ein Erfolg werden, hätte er den Sprung ins ernste Fach, zumindest vorerst, geschafft, ein für allemal vorbei dieser PingPongs -Kinder-Krimskrams. Costin hatte sich sämtliche Bild- und Tonaufnahmen von Goebbels übers Internet bestellt und sein Apartment in Wedding damit beschallt, hatte sämtliche Lektionen, an die er sich noch vom Popstar -Sprechtraining erinnerte, beherzigt und war, das Skript laut rezitierend, im Zimmer auf- und abgegangen, hatte am Ende gehinkt. War Costin am ersten Aufnahmetag, als er bei der Vorbesprechung den Stimmen Hitlers, Eva Brauns, Himmlers und so weiter die Hand schüttelte – lauter, wie er sich hatte sagen lassen, bekannte Synchronsprecher –, noch etwas nervös gewesen, legte sich die Aufregung mit den ersten Bildern, die dann über den Bildschirm im Studio flimmerten und auf denen alle Figuren statt bereits fertige Gesichter lediglich weiße Flecken besaßen:DieMimik würde erst später den Stimmen der Sprecher entsprechend gezeichnet werden, so daß die Sprecher letztlich in der Gestaltung ihrer Rolle Freiheit zur individuellen Gestaltung hatten.
    Jetzt wo der Hitler-Film das erhoffte Echo in den Medien gefunden hat – Amerika hat sich bereits die Rechte gesichert, die Rede ist vom ersten Familienfilm über das Dritte Reich – und sich Costin – in einigen Rezensionen war insbesondere die Besetzung Goebbels mit einem tatsächlichen Popstar als mutig hervorgehoben worden – einen Namen als Sprecher gemacht hat, stellt sich beziehungsweise Costins innere Stimme alias PISC die Frage: „Costin? Du willst doch sicher nicht auf das Zeug hier festgelegt werden, oder? Also nicht nur, daß du da ganz schnell in so eine braune Ecke gestellt wirst – auch das Sprecher-Ding kann es ja wohl auf die Dauer nicht sein, oder? Ich meine: Gestern Goebbels, heute Astronaut, und was kommt als nächstes? Schweinchen Dick?“
    Costin (auf den Bildschirm schauend, auf dem die Schlußszene, die schwerelose Besatzung, die von sich per Selbstauslöser ein Gruppenfoto macht, zu sehen ist, beiseite): „Hm.“
    Natürlich hat PISC nicht so ganz unrecht. Es liegen ja wirklich schon einige Angebote auf Costins Tisch; er wird aber, so jetzt sein fester Entschluß, nur noch in dem Babelwood-Ostern-Familien-Animationsfilm Saurier einen Archäopterix sprechen, eine recht große Rolle eigentlich, mit ein, zwei Songs, durch die er sich dem Zeichentrickfilmpublikum von einer neuen, bisher unbekannten lustigen Seite präsentieren könnte; den Judas in Jesus , ebenfalls ein Zeichentrickfilm, wird er jedenfalls ablehnen. Und dann muß man weitersehen.
    In den Schlußcredits von Mission Universe , die jetzt auf dem Bildschirm erscheinen, während Costin die Kopfhörer abnimmt und Sönke, ohne russischen Akzent, irgendwas wie „So, dann hätten wir das jetzt auch“ sagt, wird Costin, so wie schon in Hitler – Der Zeichentrickfilm , auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin nicht als CO, sondern als Costin Wallner aufgeführt werden.
    27
    Er erwacht im Christopher-Bett. Noch verschlafen hat er, auf dem Bettrand sitzend, auf die hellblaue Farbe und die roten Streifen geschaut, bevor er mit einem Ruck aufgestanden ist. In der Küche stand Ana schon am Herd und kommt, als Costin sich an den Tisch gesetzt hat, zu ihm, hat sich vorgebeugt, um ihm einen Kuß auf den Scheitel zu drücken, „Bună dimineaţa, scumpul meu“, hat sie gesagt.
    „Bună dimineaţa“, murmelt Costin.
    Jung sieht die Mama aus, ganz so wie früher, jung und energiegeladen, sie macht gerade Tee, ein Ei und Toast, sie wird ihm das alles gleich bringen, ganz so wie früher.
    Sie fragt auf rumänisch, wie ihr Scumpul geschlafen habe. Costin räkelt sich und sagt, der Scumpul habe gut geschlafen, während er die nackten Füße auf Tatas nigerianischem Flickenteppich aneinanderreibt, obwohl ihm eigentlich gar nicht kalt ist, eben nur so, weil er das sich halt so in Berlin, wo es immer kalt war im Apartment, angewöhnt hat. Er überblättert die ersten Seiten der România libera , die sowieso nur über

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