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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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auf Assos Anrede, »jetzt ist die Stunde gekommen, von der ich dir einst sprach, die Stunde, in der dein Betrug offen vor deines Sohnes Augen liegt. Jetzt erfährt er, welcher Mutter er getraut, jetzt sieh zu, wie du seiner Entrüstung entgehst.«
    »Weißt du so genau, ob er je erfahren wird, was ich für ihn getan?« höhnte Asso mit leiser Stimme, sich unheimlich rings umschauend. »Die Götter gaben mir die verhaßte Jüdin in die Hände. Du bist zwar in seiner Nahe, aber gib acht – wer die Dattel in der Hand hält, hat sie noch nicht im Munde.«
    »Wie soll ich das verstehen?« entgegnete Myrrah ruhig, »mein Ruf dringt bis in die Gemächer des Schlosses; weiche von mir, du kannst unsere Vereinigung nicht mehr hintertreiben!«
    »Nicht hintertreiben?« flüsterte Asso, in düsteres Hinbrüten versunken. »Als ich dir Isaak zum Manne gab, habe ich mehr getan, als mir die Pflicht gebot, damals schon hätte ich tun sollen, was ich jetzt entschlossen bin, zu tun. Ich danke euch, ihr Götter, daß ihr mich nun die Wolke hinwegnehmen laßt, welche den Strahl des Ruhmes verhinderte, meines Sohnes Haupt zu vergolden, jetzt ist er am Ziel, jetzt bricht die Schranke, die ihn von der Krone trennte; komme her, Myrrah, es ist nötig, daß du der Welt gute Nacht! sagst. Zeige, daß du Menes wahrhaft liebst, lasse dich töten, damit ihm der Weg nach den Sternen frei wird.«
    Myrrah sah beklommen, nach Luft ringend, in die lauernden Züge ihrer Feindin.
    »Erst, wenn sich das Grab über dir geschlossen,« murmelte Asso träumerisch, »wird mein Sohn die Kraft besitzen, die Hand der Königstochter zu ergreifen. Jetzt noch ist er wankelsinnig, aber wenn du fällst, wird er steigen; die Götter wollen deinen Tod; ich sehe, wie sie mir bestätigend zulächeln; – hätten sie sonst dich mir in die Arme geführt?«
    »Laßt mich ziehen, ungefährdet,« preßte die geängstigte Myrrah hervor, indem sie ihre Hand derjenigen der Witwe zu entreißen suchte.
    »Nein,« stöhnte die stolze Frau, »du entwindest dich mir nicht.«
    »Ich rufe,« keuchte Myrrah, »ich rufe nach Hilfe!«
    Sie sah, wie Asso einen glänzenden Gegenstand unter ihrem Gewand hervorzog.
    »Ihr wollt mich töten? Mit eigener Hand?« rief nun das Mädchen, »oh, warum hört er mich nicht. Menes! eile mir zu Hilfe! Rasch, ehe es zu spät ist! Man tötet die, die du liebst. So soll ich wirklich sterben, ehe ich ihn gesehen, ganz in seiner Nähe, unter seinen Augen sterben?«
    Ein mit Anstrengung aller Kräfte gegebener Stoß befreite sie von der Umstrickung der Gegnerin, aber kaum war sie aufatmend einen Schritt zurückgetreten, so sprang diese mit einem tigerartigen Satze dicht vor sie, und Myrrah sah die Schneide eines im Mondlicht funkenden Dolches auf ihren nur von dünnem Tuche bedeckten Busen gerichtet. Schon fühlte sie die kalte Metallspitze auf der warmen Haut, hastig griff sie nach der bewaffneten Hand und hielt die Zustoßende zurück. Aber den Kräften dieses Weibes war die von Flucht und Aufregung Erschöpfte nicht gewachsen, sie sank in die Knie, der Druck der bedolchten Faust ward immer gewaltsamer, der Gegendruck des Mädchens ward matter, immer matter, sie sah die Spitze näher rücken und schloß die Augen ohne weitere Abwehr, ja ohne Klageruf in ihr trauriges Schicksal ergeben.
    »Er soll dich nicht besitzen,« hauchte es dicht neben ihrem Ohr.
    Plötzlich hielt Asso mitten im Stoße inne; Myrrah öffnete noch einmal die Lider; ein Rauschen ließ sich rings in dem Gebüsche vernehmen, es zerteilte sich; Myrrah schrie auf, denn sie erkannte Hadsa, welcher eine Gestalt folgte, bei deren Anblick ihr Blut erst vom Hirn nach dem Herzen und von diesem wieder nach dem Hirn schoß. Asso stand wie zu Stein geworden.
    »Er ist's,« flüsterte das Mädchen tonlos, und ehe sie noch fähig war, sich zu erheben, sah sie, wie eine männliche Hand der wütenden Asso den Dolch aus der Faust riß, fühlte sie, wie ein zitternder Arm sie umfaßte, sich zwei brennende Lippen wie glühende Eisen in die ihren bohrten, hörte sie, wie eine von Tränen erstickte Stimme zärtlich ihren Namen rief. Sie streckte im Taumel der Wonne ihre Arme aus und klammerte sich an den dunkeln Körper, der sich über sie beugte, wie der Ertrinkende an den Felsen; all ihr Wesen drang dieser Brust entgegen, sie wußte nicht, wer es war, sie fragte nicht, sie dachte nicht, sie war nur ein einziges Gefühl, ein so gewaltsam seliges Gefühl, daß ihr Herz kaum zu schlagen wagte. Endlich fand

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