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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Glaubensgenossen, mehr liebe als ihn.«
    Menes sah seiner Mutter starr in die Augen, während sie ihm diese klug erdichtete und mit den nötigen Pantomimen begleitete Erzählung vortrug. Dann erblaßte er, schloß die Augen und biß sich auf die Lippen, daß sie bluteten. Er entfernte sich, ohne ein Wort zu entgegnen. Glaubte er dieses Märchen oder glaubte er es nicht? so fragte sich das ehrgeizige, listige Weib. Er war so ruhig geblieben, sie hätte ihn lieber in Wut ausbrechen sehen. Hatte sie vielleicht die Farben allzu stark aufgetragen und dadurch ihr Gemälde unwahrscheinlich gemacht? Oder tat die Erfindung bereits ihre Wirkung, haßte er die, die er einst geliebt? Das mußte sie zu ergründen suchen, um ihre weiteren Pläne darauf zu bauen. »Wenn ich ihm Schmerz bereite,« entschuldigte sie sich, »geschieht es ja in der Absicht, sein Wohl zu befördern.«
    Sie sah den Tag über ihren Sohn nicht mehr. Gegen Abend empfing sie ein Schreiben von ihm, das ihr in fast heiterem, wenigstens sehr gleichmütigem Tone ankündigte, er habe beschlossen, morgen nach Memphis abzureisen, um, wenn sich die Dinge so verhielten, wie sie ihm gesagt, an der Treulosen Rache zu nehmen. Dieser Entschluß kam der Mutter natürlicherweise sehr ungelegen, wie rasch mußte durch ihn die ganze Unwahrheit ihrer Erzählung enthüllt werden. Sie eilte sogleich zu ihrem Sohne, ihm diesen Vorsatz auszureden. Er hörte sie jedoch kaum an, sondern gab mit erzwungener Ruhe den Befehl, das Schiff zu rüsten. Als sie ihn genugsam mit Gründen bestürmt, die ihn in seinem Entschluß wankend machen sollten, frug er, anstatt ihr ihre Beweise umzustoßen: wie ihr die Zimmer gefielen, welche des Königs Gunst ihr angewiesen. Sie sah ihn verblüfft an, schüttelte den Kopf und wollte sich entfernen. An der Türe blieb sie noch einmal stehen.
    »Ist es dein fester Vorsatz, dich von der Untreue Myrrahs zu überzeugen?« frug sie.
    Er lächelte mit seinen bleichen Lippen, sah zum Fenster hinaus und nickte mit dem Kopf; sie fühlte an seinem seltsamen Benehmen, daß er ihr nicht mehr ganz traute.
    »Dann rate ich dir,« setzte sie hinzu, »die Jüdin zu töten. Höre nicht lange auf ihre Entschuldigungen, die solche Weiber immer in Bereitschaft haben, sondern töte sie, ohne sie zu hören, sie könnte dich durch ihre Beteuerungen umstimmen, denn du bist leicht gerührt.«
    »Verlasse dich darauf,« sagte Menes mit zweideutigem, finsteren Lächeln, »ich werde die Schuldige treffen.«
    Asso zuckte zusammen.
    »Ich will dir sagen, mein Sohn,« setzte sie mit einschmeichelnder Stimme hinzu, »was in dieser Sache das beste ist. Sieh! Du bist schwach, weichherzig. Überlasse es mir, die Elende zu strafen, mein Zorn wird nicht erweicht von ihren Tränen wie der deine; in dir bin ich beleidigt, und wenn Weiber hassen, hassen sie männlicher wie die Männer. Ich hasse sie – oh! wenn du wüßtest wie sehr.«
    Er schwieg.
    »Nicht wahr,« fuhr sie fort, »mein sei das Rachewerk? Du willigst darein?«
    »Du bleibst hier, Mutter,« entgegnete er entschieden.
    »Wie! Du sagst das so bestimmt, fast befehlend?« stotterte die Witwe.
    »Allerdings.«
    »Ich werde abreisen, mein Sohn.«
    »Du wirst es nicht! Ich werde es verhindern.«
    »Oh! ich bin also gefangen?«
    »Beinahe, ein wenig – bis ich wiederkehre.«
    »Mir scheint, du glaubst nicht an die Treulosigkeit Myrrahs?« sagte die zitternde Witwe.
    »Warum sollte ich nicht, bist du es doch, die sie mir verkündet,« lächelte der bleiche Jüngling, mit brennenden Augen seine Mutter durchbohrend. »Ist nicht alles möglich in dieser Welt? Auch der glänzendste, reinste Tautropfen wird Schmutz, wenn man ihn zu Boden schleudert, auch das blankste Gold erhält Flecken, wenn unsaubere Hände es betasten. Oh! es wäre ja möglich. Wer versteht eine andere Seele bis auf den Grund. Ich könnte mich getäuscht haben, denn ich war damals befangen, ohne Menschenkenntnis. Jedenfalls ist es Zeit, daß ich mir selbst Gewißheit hole.«
    »Du glaubst also, daß ich die Wahrheit gesprochen?« rief Asso.
    »Ich glaube nichts, ich will sehen,« sagte er ruhig.
    Die Mutter ging in großer Bestürzung. Sie hatte von der Flucht Myrrahs aus Isaaks Wohnung noch nichts erfahren, da sie, als diese Flucht ins Werk gesetzt wurde, bereits auf der Reise war, und sah sich deshalb schon im Geiste entlarvt vor Menes stehen. Was sollte sie tun? Ihm zuvorkommen? Myrrah töten lassen, oder am besten sich von Theben wegstehlen und selbst das

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