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Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909

Titel: Walloth, Wilhelm: Im Schatten des Todes. 1909 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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huschte ein Freudenblitz.
    »Ja!« fuhr sie fort, mit sonderbarem nervösem Lachen, »ja, Ihr Vermögen! Sie können jetzt das Häuschen kaufen, – es ist alles da. Zwanzigtausend Mark! Wir sind gerettet! es war meinem Mann möglich, das Geld zu beschaffen.«
    »Ihrem Mann?« fragte er.
    »Ja,« log sie, »durch reiche Verwandte. Nehmen Sie, nehmen Sie! Nun wird alles wieder gut.« Sie legte das Paket auf den Tisch, riß das Papier auf und zählte ihm mit bebenden Händen die Summe vor.
    Er stellte ihr sofort eine Quittung aus.
    »Aber liebe Frau Rechtsanwalt,« suchte er die sonderbar Erregte zu beruhigen, »kommen Sie doch zu sich! das Glück macht Sie ja ganz krank; das greift Sie ja mehr an, als vorher das Unglück.«
    »So ists auch, so ists auch!« gab sie ihm recht, den fieberhaft erregten Blick beständig gen Himmel richtend. »Der Umschlag kommt so plötzlich; mir ist als wär ich eben in einem Bergwerk, vom schlagenden Wetter überrascht, verschüttet worden. Nacht, schreckliche Nacht rings um. Plötzlich gräbt man mich heraus . . . Licht! heiterer Tag! – das halt ich nicht aus, das verwirrt mir die Sinne.«
    *
    Ihr Gatte hatte indes, um seine innere Unruhe zu dämpfen, die halbe Stadt durcheilt. An allen Läden blieb er stehen, ohne die betrachteten Gegenstände richtig ins Auge zu fassen. Manchmal wußte er gar nicht mehr, in welchen Straßen er sich befand. Er mußte mehrmals die Vorübergehenden fragen, um sich zu orientiren. Dabei hatte er einen sonderbaren Drang, allen Personen mit denen er ein paar Worte wechselte zu erzählen, in welcher Lage er sich befand.
    Nun saß er seit zwei Stunden wieder zu Haus in seinem Strohsessel vor seinen Münzen und stierte in fieberhafter Erwartung auf den weißen Wattballen des Dampfs, der mit seinem gewohnten Pft! Pft! um die Ecke der Druckerei zischte.
    Wird sie mich retten? wird sie mich nicht retten? Ihm war als versinke er langsam im Meer; nur noch verschwommen zitterte die Welt durch die alles verschlingenden dunkelgrünen Wogen; jetzt . . . ein Tau . . . es kam näher! War es ein festes, sicheres Tau? oder ein bloßes Phantom? eine Einbildung?
    Draußen ward geläutet. Sie wars, sie kam zurück. Er sprang auf . . . er konnte kaum seine Atemzüge bändigen, er mußte sich an der Tischplatte halten. Die Tür flog auf, – welch sonderbares Lächeln ihre schönen Züge entstellte!
    »Nun?«
    Sie blickte ihm sonderbar kalt in die Augen. Keine Spur mehr von der früheren Zärtlichkeit, nur noch Höflichkeit, vermischt mit einem leisen Anflug von Geringschätzung. Sie legte Ottos Quittung vor ihn hin.
    »Diesmal habe ich dich gerettet, jetzt arbeite fleißig und ehrlich«, sagte sie sehr ruhig.
    Er atmete wie von einem ungeheuren Druck erlöst auf. Das war ein furchtbarer Traum gewesen! – nie wieder so träumen! . . . Und ihr hatte er seine Erlösung zu verdanken!
    Tiefbeschämt stand er vor ihr, keines Wortes mächtig. Nur seine Finger zuckten. Endlich flüsterte er: »Ich bin es nicht wert, Emilie. Wie soll ich dir danken?«
    Er wollte auf sie zueilen. Sie trat zurück.
    »Laß das, bitte,« sagte sie kalt; »wir sind nicht mehr wie früher. Mein Lebensglück ist zerstört, ich kann nicht mehr zu dir emporsehen. Du sagst: ich sei auch schuld! So wollen wir zusammen büßen, so lange wir zusammen durchs Leben wandeln müssen; denn auslöschen läßt sich dieser Fleck nie mehr.«
    Man hörte jetzt, wie die Glastüre aufgeschlossen ward. Nata kam von ihrem Ausgang zurück und ging sogleich in ihr Zimmerchen. Dem Anwalt traten die Tränen in die Augen. Als ihn seine Frau weinen sah, schlich sich wieder etwas von der alten Liebe in ihr Herz zurück.
    »Es ist jetzt vorbei,« sagte sie leise vor sich hin, »suchen wirs zu vergessen. Das war ein entsetzlicher Gang für mich! ja, ja, ein entsetzlicher Gang.«
    »Aber,« fragte er zögernd, »wie hat sich denn der Kommerzienrat benommen? gab er das Geld sofort?«
    Nun wich sie gequält aus. »Ich mußte lange, lange bitten und kämpfen. Meine Nerven sind noch völlig erschöpft.«
    Er sah die traurig vor sich Hinbrütende ängstlich an. »Kämpfen?« flüsterte er. »Du Arme, ich weiß, wie schwer dir das Bitten wird, wie dich Geldangelegenheiten stets anekeln.«
    Sie nickte düster vor sich hin. »Gut, daß es vorüber ist,« murmelte sie und strich sich wie von einem geheimen Schauer überrieselt über die Stirn.
    »Hat denn Weihals gar keine Sicherheit verlangt?« fragte er, sie scharf

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