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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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Jahrhunderts (Johann Comenius, Johann Pestalozzi, Adolph Diesterweg und andere) und auf bildungspolitische Traditionen der Arbeiterbewegung (Clara Zetkin, Edwin Hoernle etc.) zwang zu kritischer Überprüfung eigener Überlegungen und vermittelte Anregungen für zu treffende Entscheidungen. Das betraf die Überzeugung von der Bildungs- und Entwicklungsfähigkeit jedes Menschen und die Achtung vor seiner Würde und Persönlichkeit. Jeder Mensch hatte das Recht auf Bildung und Ausbildung entsprechend seinen Fähigkeiten, Neigungen und Interessen. Jeder Mensch ist begabt, und Begabung ist nicht etwas durch Geburt Vorherbestimmtes. Und schließlich waren wir davon überzeugt, dass Individualität und Persönlichkeit sich in der Gemeinschaft mit anderen ausprägt.
    Mit dem Gesetz von 1965 wurde nicht der Zustand des Bildungswesens festgeschrieben, sondern seine langfristige Entwicklung über mindestens 15 bis 20 Jahre konzipiert. Bei seiner Ausarbeitung wurde großer Wert darauf gelegt, dass das Gesetz nicht zu einem Korsett wurde und offen war für künftige Entwicklungen in Gesellschaft und Wissenschaft. So wurde zum Beispiel die Berufsausbildung in Richtung einer Kombination von beruflicher Grundlagen- und beruflicher Spezialbildung umgestaltet und der Weg der Verbindung von beruflicher Ausbildung mit Abitur vor allem an Betriebsberufsschulen zuielstrebig ausgebaut.
    Bei der Ausarbeitung des Gesetzes wurde der Blick von Anfang an auch auf die Gesamtheit der Bedingungen finanzieller, materieller und personeller Art gerichtet – im Wissen darum, dass das Erforderliche nur schrittweise und im Rahmen der ökonomischen Möglichkeiten geschaffen werden konnte. Das betraf den Bau von Schulen und Schulturnhallen, die Ausstattung der Schulen mit Möbeln und Unterrichtsmitteln, die Entwicklung und Produktion von Schulbüchern und pädagogischer Literatur. Es betraf aber auch die Aus- und Weiterbildung der Lehrer und Erzieher. Ein parallel erarbeitetes langfristiges Programm zur Ausbildung von Lehrern und Erziehern sorgte nicht zuletzt dafür, dass die Klassenfrequenz in den Schulen auf eine pädagogisch sinnvolle Größe gesenkt werden konnte: 1989 betrug sie im Durchschnitt 20,4 Schüler pro Klasse. Auch die Lehrerpflichtstunden – 1989 waren es 21 bis 23 Stunden je Woche – konnten so geregelt werden, dass die Pädagogen die Möglichkeit hatten, sich um jeden Schüler und jede Schülerin im und außerhalb des Unterrichts individuell zu kümmern.
    Im Zentrum der Arbeit standen in den 60er und 70er Jahren der Aufbau der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule, die Bestimmung der spezifischen Merkmale und Inhalte der verschiedenen Bildungswege, die Neubestimmung des Verhältnisses von allgemeiner und beruflicher Bildung sowie die Ausarbeitung des neuen Inhalts der Allgemeinbildung.
    Bei der Bestimmung des Inhalts gingen Pädagogik und Schulpolitik von dem klassischen deutschen Bildungsbegriff aus, der mit dem Namen Wilhelm von Humboldt untrennbar verknüpft ist. Hinsichtlich des Kanons für allgemeine Bildung waren die traditionellen Bildungsbereiche Grundlage. Als neuer Bereich, der auch die traditionellen Bereiche beeinflusste, kam die polytechnische Bildung hinzu. Das war mehr als eine einfache Erweiterung des Fächerkanons, denn er vergrößerte die Vorbereitung junger Menschen aufs Leben ganz erheblich.
    An den Details des Bildungskanons wurde vor allem im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Lehrpläne für die allgemeinbildenden Oberschulen ständig »gefeilt«. Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft, vor allem aber Erfahrungen in der Schulpraxis, lieferten Anregungen. In den 80er Jahren hatte sich folgende Verteilung der Bildungsbereiche im Fächerkanon der Oberschule herausgebildet:
Deutsche Sprache
12,8 Prozent
Literatur
10,1 Prozent
Mathematik
17,7 Prozent
Gesellschaftswissenschaftlicher Unterricht
10,9 Prozent
Naturwissenschaftlicher Unterricht
12,2 Prozent
Polytechnischer Unterricht
11,0 Prozent
Fremdsprachen
11,0 Prozent
Kunsterziehung und Musik
6,8 Prozent
Körpererziehung
7,5 Prozent

    Wenn man die zweieinhalb Jahrzehnte bilanziert, in denen das Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem wirkte, kommt man nicht umhin, den Beitrag von Walter Ulbricht herauszustellen. Aufgrund seiner Initiative auf dem VI. Parteitag der SED 1963 war in der DDR ein Bildungswesen entstanden, das eine bedeutende bildungspolitische und pädagogische Leistung darstellte. Es berücksichtigte

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