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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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Volkes bis zur Gründung der DDR bis heute. Logik und historische Notwendigkeit erschienen wie aus einem Guss. Und Ulbricht selbst war Geschichte. Ein Jahrhundertleben.
    Mehrere Male nahm er Bezug auf diesen oder jenen Redebeitrag, und oft wusste er auch noch, wo die Rednerin oder der Redner saß, denn er wies mit der Hand in die Richtung. Wer Ulbricht noch nie erlebt hatte, war gleichermaßen erstaunt und beeindruckt von dessen Gedächtnis, von der Klarheit und der Überzeugungskraft seiner Argumente.
    Am Ende seiner Rede sagte er, was auch viele erwarteten, etwas zu unseren Gehältern. Trotz großer Probleme in vielen Bereichen unserer Gesellschaft, so Ulbricht, werde demnächst etwas für die Lehrer und Erzieher getan. Seit wohl sieben Jahren stagnierten unsere Einkommen.
    Entsprechend kräftig fiel denn auch der Schlussapplaus aus.
    In den Wochen nach dem Kongress baten mich einige Schuldirektoren aus der Nachbarschaft um einen persönlichen Bericht. Ich erinnere mich, dass rege diskutiert wurde.
    Besonders groß aber war die Freude über die Gehaltserhöhung, die in dem Umfang von 60 bis 80 Mark so nicht erwartet worden war.
    1 August von Mackensen (1849-1945), Sohn eines sächsischen Gutsverwalters, Besuch des Staatlichen Gymnasiums in Torgau, das – bevor es zur Erweiterten Oberschule »Ernst Schneller« wurde – Mackensen-Gymnasium hieß. Nach Feldzügen in Polen und auf dem Balkan (»Serbenschlächter«) war er von 1916 bis 1918 Militärgouverneur in Rumänien. Als Vertreter der Dolchstoßlegende und Feind der Republik von Weimar wurde er von den Faschisten umworben. Noch im November 1944 richtete von Mackensen als bereits 95-Jähriger einen Aufruf an die Jugend, um sie zu »Opferbereitschaft und Fanatismus« zu ermahnen.
    2 Margot Honecker, seit 1963 Ministerin für Volksbildung, meldete sich bei dem Autor 2013 aus Chile, nachdem sie dessen 2009 verlegte autobiografische Erinnerungen »Geteilte Bilanz. Erstrebtes, Zerstörtes, Bewahrtes« gelesen hatte. Darin hatte er auch ausführlich über diesen Kongress berichtet.

Gregor Schirmer
    Die drei Hochschulreformen und Ulbrichts Intentionen
    Gregor Schirmer, Jahrgang 1932, aufgewachsen in Nürnberg, 1949 Eintritt in die KPD, Übersiedlung in die DDR 1950, Studium der Rechtswissenschaften an der Leipziger Karl-Marx-Universität, danach Völkerrecht an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften Potsdam-Babelsberg, Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin, 1965 Habilitation, von 1963 bis 1990 Volkskammerabgeordneter (Kulturbund), Stellvertretender Minister für Hoch- und Fachschulwesen (bis 1976), danach bis 1989 stellvertretender Leiter der Abteilung Wissenschaft im ZK der SED. Schirmer war Mitarbeiter von Abgeordneten der PDS- bzw. der Linksfraktion im Bundestag, ist Mitglied des Verbandes für Internationale Politik und Völkerrecht, des Marxistischen Forums und des Ältestenrats der Partei Die Linke.
    Z um ersten Mal bin ich Walter Ulbricht begegnet, als er 1946 mit Max Fechner, dem ehemaligen SPD-Mann in der zweiten Reihe der SED, zu einer großen Kundgebung auf dem Hauptmarkt nach Nürnberg kam. Damals logierten die »führenden Genossen« bei ihren Besuchen an der Basis nicht in Hotels, von denen es in der ausgebombten Stadt ohnehin nur wenige gab. Sie wurden zur Verköstigung und Übernachtung privat untergebracht. Mein Vater war Bezirksvorsitzender der KPD Nordbayern. Also wohnte WU bei uns im 2. Stock eines Mietshauses im Nürnberger Stadtteil Johannis, wie vorher bereits Wilhelm Pieck, Max Reimann und andere. Ich war schon daran gewöhnt, mein kleines Zimmer und Bett für Gäste von auswärts zu räumen.
    Mit meinem Vater habe ich Ulbricht und Fechner zum Hauptmarkt begleitet. Auf den letzten hundert Metern bis zur Tribüne gab es freundlichen Beifall der noch hinzuströmenden Kundgebungsteilnehmer, aber auch Pöbeleien von Störenfrieden, denen die beiden nichts schuldig blieben.
    Die Kundgebung verlief friedlich und war mit einigen zehntausend Teilnehmern ein voller Erfolg für die KPD, die bei den Wahlen zur Verfassungsgebenden Bayerischen Landesversammlung aber dennoch nur 5,3 Prozent der Stimmen bekam.
    Nach der Kundgebung wurde bis spät in die Nacht in unserem Wohnzimmer lebhaft mit WU und Max Fechner diskutiert. Daran waren nach meiner Erinnerung auch Fritz Sperling und Rudi Singer beteiligt. Später wurde mir berichtet, dass WU meinen Vater wegen seines Pessimismus hinsichtlich der Möglichkeit einer Bodenreform in Bayern

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